Moby-Dick™

Leben mit Herman Melville

The secret’s in the sauce

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Fried Green Tomatoes. Idgie, Ruth, SoßeIn handelsüblichen Hollywood-Filmen kommt Moby-Dick immer nur in Kontexten vor, in den deutsche Filmschaffende etwa Klopstock-Oden stellen würden: Schon mal gehört, sollte man vielleicht gelesen haben, laaaaangweilig.

Spaß gemacht hat’s in Grüne Tomaten von Jon Avnet, 1991 (gibt’s auch als Buch von Fannie Flagg, in dem sich die Handlung nicht erheblich unterscheiden wird).

Idgie Threadgoode, eine burschikose junge Frau aus Alabama, die durch barfüßiges Umherstapfen, ein loses Mundwerk und einen naturwüchsigen Gerechtigkeitssinn auffällt, wird des Mordes am Ehemann ihrer latent lesbischen Freundin angeklagt. Leider ist der Zeuge der Verteidigung ihr schwarzer Angestellter, mit dem sie das Whistle Stop Café betreibt, und dem die Ordnungskräfte des Südstaaten-Ortes mit starker Ku-Klux-Klan-Vertretung schon wegen seiner Hautfarbe kein Wort glauben.

Zweiter und letzter Zeuge der Verteidigung ist allerdings Reverend Herbert Scroggins (Richard Riehle), dem die besagten Ordnungskräfte aus ebenfalls ideologischen Gründen eben doch glauben müssen. Zur Zeugenvereidigung besteht er darauf, auf seine eigene Bibel zu schwören; ein ohnehin als leicht verschroben geltender Geistlicher darf das.

Sein Argument, mit dem er Idgie das entscheidende Alibi verschafft:

Nun, falls Sie zu einer unserer Erweckungsversammlungen gegangen wären, müsste Ihnen bekannt sein, dass sie drei Tage und drei Nächte dauern.

Der Tote, ohnehin nie aufgefunden, muss somit seinen Pickup betrunken in den See gesteuert haben, Tod durch Unfall, Klage abgewiesen.

Idgie arbeitet nach der Verhandlung ihren Freispruch mit ihrer Freundin auf:

I can’t believe he actually swore on the bible.

Well, not really. If that judge had looked any closer, he would have seen it was really a copy of Moby-Dick.

But why did he do it?

Well, sure of joy of seeing you in church again, which I suggested to him might be your penance.

You didn’t promise him…

Yes ma’am I did, and I never break my word.

If I live a thousand years, I’ll never forgive you for this. I don’t know what’s worse, church or jail.

Oder synchronisiert:

Ich kann es nicht glauben – er hat tatsächlich auf die Bibel geschworen.

Nun, hat er auch nicht. Hätte der Richter genau hingesehen, hätte er erkannt, dass es eigentlich eine Ausgabe von Moby-Dick war.

Warum hat er das getan?

Nun, wahrscheinlich aus reiner Freude, dich endlich wieder in der Kirche zu sehen. Das hab ich ihm als deine Buße vorgeschlagen.

Du hast es ihm doch hoffentlich nicht versprochen?

Doch, das habe ich, und ich breche niemals mein Wort.

Und wenn ich tausend Jahre alt werde, das werde ich dir niemals verzeihen. Ich weiß nicht, was schlimmer ist: Kirche oder Kittchen.

Der Reverend leistet also seinen Meineid und wendet ihn mit einem juristisch fadenscheinigen Kniff ab, um ein verlorenes Schaf in seine Gemeinde zurückzuholen. Fraglich, ob er das auch getan hätte, “nur” um den Schwarzen zu retten.

Der Moby-Dick wird im Film nur dieses eine Mal erwähnt und bleibt stehen als bibelähnlicher Wälzer (Hardcover, Rotschnitt, die Ausgabe wird nicht ersichtlich), den keiner so genau anschaut. Aber er rettet als tragendes Requisit einer Eulenspiegelei zwei gesellschaftliche Schwache vor der Todesstrafe, und das sähe Herman Melville durchaus ähnlich.

Reverend Herbert Scroggins (links) schwört auf den Moby-Dick, Filmminute 1:27:45:

Richard Riehle in Grüne Tomaten

Screenshots aus Grüne Tomaten; Lizenz: Creative Commons.

Written by Wolf

11. June 2007 at 1:25 am

Posted in Moses Wolf

4 Responses

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  1. […] a comment » Update zu Dr. House und der Meta-Dick, nebenbei zu The secret’s in the sauce und Stephans Billy Budd […]

  2. […] Kind, das man sich leicht vorstellt wie Idgie Threadgoode, lehnte sie sich gegen die ungeschriebenen Gender-Regeln des amerikanischen Kleinbürgertums auf, […]

  3. […] for Billy Budd heute, The secret’s in the sauce, and Der Zweck von […]

  4. […] Update for The Secret’s in the Sauce: […]


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