Wie ihr’s auch dreht — der Wal hat Recht
Elke tut meinen Gedenkjob. Sogar schon zum zweiten Mal:
Melville meets Gernhardt.
Dreh es, o Seele
Die Stirn so feucht,
das Aug’ so fahl,
so kenn ich ihn,
den Grönlandwal.Im Nordmeer, da
ist er zuhaus,
er kommt nie aus
dem Wasser raus.Und holt man ihn,
so sagt er knapp:
“Ihr schaufelt mir
das trock’ne Grab.Das Meer ist tief,
die Welt ist schlecht,
wie ihr’s auch dreht —
der Wal hat recht.
Ein Jammer, dass man ihn nicht mehr fragen kann, den Robert Gernhardt, wo er Walisch gelernt hat. Denn er hat sich im vorletzten Sommer davongemacht, dorthin, wo Herman schon lange ist. Dabei hätten wir nur allzu gern gesehen, was er als munterer Siebziger noch alles für uns auf Lager gehabt hätte.
So müssen wir und Moby-Dick uns mit dem Meer von Robert Gernhardt trösten. Wetten, es hätte ihn gefreut. Und walfreundlich ist es bestimmt auch, sein Meer, oder? Na, unser großer Weißer hätt’s ihm schon gesagt…
Happy Birthday, Robert! Dort im weiten, fernen Meer…
Bild: Robert Gernhardt: Schnuffi auf hoher See.
Why do the good die young?
Wenn die Welt gerecht wäre,
hätte ER noch mindestens 30 Jahre leben müssen.
cohu
14. December 2007 at 10:19 am
Stümmt. Wenn man wenigstens so jemanden nachwachsen sähe…
Wolf
14. December 2007 at 5:02 pm
Um seinen 50. herum hat er mal gesagt/geschrieben:
“Es liegt wohl in der Natur der Sache, daß man sich desto jünger fühlt, je älter man wird. Vom Burschi zum Bubi – und wenn dann schließlich Freund Hein seine Sanduhr schwingt, ruft man entgeistert: »Jetzt holen sie schon die Kinder!«”
Danach wären die mindestens 30 Jahre länger also mindestens angemessen gewesen. Und wohl keiner hätte was dagegen gehabt. Späterhin hat ers selbst wohl etwas anders gesehen… Gießen wir wenigstens sorgsam die Blumen und Stachelgewächse, die er uns dagelassen hat.
(P.S. Und was das Wachsen angeht – noch ein Stück und noch eins – hm, Wölfle, ich sach ja nix… ;o) )
hochhaushex
16. December 2007 at 3:06 pm
Vielleicht hätt er ja nach weiteren 30 Jahren auch bloß mit “Nordic-Walking”-Stecken Gottes schönen Waldboden vertikutiert, so schwer das bildlich vorzustellen fällt – oder sich jetzt auch so ein Internetz gekauft, um den Rotzlöffeln zu erklären, wie wir das früher gemacht haben…
Altern mit Würde. Dazu zählt auch, dass ich nicht anfangen werde, in Reimen zu bloggen .ò)
Wolf
16. December 2007 at 4:21 pm
Gerade neulich wieder nahm ich ein Buch Robert Gernhadts zur Hand, “Innen und Aussen”, darin ein Teil seines malerischen Schaffens. Dieses Buch ist, so weit ich informiert bin, über den normalen Handel nicht mehr zu bekommen. Wem es angeboten wird, der sollte zugreifen. Er war auch ein großer Maler.
Achim
23. December 2007 at 9:56 pm
Kenn ich gar nicht, steht auf Amazon ohne Bild, ein einziges Angebot. – Ein paar “ernst gemeinte” Ölbilder von ihm kenn ich. Der Vorteil an denen: Es gibt jedes Mal was zu grinsen, ohne dass er einen wunder wie krachenden Humor auspacken müsste. Verhalten und stillvergnügt – vielleicht ist es das, was mit Weisheit gemeint ist. Schon toll.
Wolf
23. December 2007 at 11:04 pm
[…] Gernhardt: Dreh es o Seele, […]
But while yet all a-rush to encounter the whale, could see naught in that brute but the deadliest ill. « Moby-Dick™
1. September 2011 at 12:03 am