Die Eltern ums Aufbleiben anbetteln und dann vorm Fernseher einschlafen (zu schusslig für die Metadaten, aber am Copyright-Symposium La Paloma pfeifen)
Update zu Making Books und Irgendwas mit Büchern:
Sigmund Freud und Katherine Jones haben 1939 ein Sachbuch veröffentlicht, in dem die Funktionsweise der Internet-Software Mosaic Navigator erläutert wird. “Madame Bovary” ist nicht von Gustave Flaubert, sondern von Henry James. Nicht Jean Paul schrieb den “Titan”, sondern Hermann Hesse. Daniel Defoes “Robinson Crusoe” gehört in die Abteilung “Hobby und Handwerk” und Stephen Kings “Christine” erschien bereits 1899, genauso wie Robert Sheltons Biographie des Rockpoeten Bob Dylan — groteske Beispiele aus Googles Buchsuche. Während Debatten darüber geführt werden, welche Bücher der Internetkonzern zu welchen Konditionen einscannen und im Internet anzeigen darf, wird eine andere Frage vernachlässigt: Die nach der Qualität der Mega-Datenbank.
[…]
Dass viele Werke in völlig falsche oder unsinnige Kategorien eingeordnet werden, liegt Nunberg zufolge daran, dass Google die Kategorisierung der Verlage übernommen hat. Diese dient aber bloß dazu, dass die Bücher vom Handel in die richtigen Regale einsortiert werden. Wo kein Verlag eine Einordnung liefert, versucht Google sie aus den Metadaten zu gewinnen — mit oft haarsträubenden Ergebnissen. Eine Ausgabe von Herman Melvilles “Moby Dick” beispielsweise firmiert unter der Rubrik Computer. Google, so fasst es der amerikanische Sprachwissenschaftler zusammen, habe “einige der größten Wissenssammlungen erhalten und sie zurückgegeben in Form eines Buchladens in einem Vorstadt-Einkaufszentrum”.
Helmut Martin-Jung: Ahnungsloses Gefummel, in: Süddeutsche Zeitung, 9. September 2009.
Originalaufsatz: Geoffrey Nunberg: Google’s Book Search: A Disaster for Scholars in: The Chronicle of Higher Education, 31. August 2009:
An edition of Moby Dick is labeled Computers; The Cat Lover’s Book of Fascinating Facts falls under Technology & Engineering. And a catalog of copyright entries from the Library of Congress is listed under Drama (for a moment I wondered if maybe that one was just Google’s little joke).
Schussel Books: Gil Elvgren: Rare Edition/Hold Everything, 1962.
Hmja,”…or the White Wall”…muss man evt. Sprachwissenschaftler sein, um das jetzt so super-mega-dramatisch zu finden? “For the present, then, scholars will have to put on hold their visions of tracking the 19th-century fortunes of liberalism or quantifying the shift of “United States” from a plural to singular noun phrase over the first century of the republic…” – um Gottes Willen, ein wahres Horrorszenario!!!1 ;-)
(Die Elvgren-Dame hing übrigens lange neben meinem Bücherregal)
cohu
11. September 2009 at 1:20 pm
Sprachwissenschaftler sein hilft vermutlich, da einigermaßen die Flocken zu kriegen .ò) Das Beängstigende ist ja der Anspruch, den sie stellen. Das wird jetzt einmal gemacht und dann wird’s das sein bis zum Ende aller Tage oder je nachdem, wie lange das Internet hält. Die sind nicht die Stadtbibse von Röthenbach, wo ich das Buch zur Ausleihe tragen kann: “Schaud amol, da habderan Fehler af eierm Zedderl.”
Kann ich die Elvgren-Dame haben? :o)
Wolf
11. September 2009 at 5:26 pm
Ja, ist schon was dran. Mein Kommentar war etwas sehr spöttisch, jetzt wo ich ihn nochmal lese :-)
Die Dame ist bei den letzten zwei Umzügen irgendwie verschütt gegangen – war aus einem Terminkalender. Jetzt hab ich sie nur noch im Buchformat.
(Dafür grad noch das da für meinen Wunschzettel gefunden!)
cohu
11. September 2009 at 7:27 pm
Hehe, der Taschen-Elvgren wohnt bei mir auch. Man hätte sich den Kalender 2008 zulegen sollen, dann könnte man sich heuer einzwei Monate lang zurücklehnen, wenn man den wieder losgeschlagen hat…
Wolf
12. September 2009 at 7:54 am
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Märchenstunde morgen « Moby-Dick™
15. October 2009 at 1:54 am
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Wie werde ich Dichter? Bei Lehmkuhl auf dem Flügel liegen. Drei Antworten mit drei Links und drei Bildern. « Moby-Dick™
3. September 2010 at 7:56 am