Vom Eindringen in die Materie (Ich habe in meinem Wilhelm Meister an ihm herumgetupft, allein das will nicht viel heißen)
Update zu Ich habe euch immer gesagt, dass wir die Menschen fröhlich machen müssen, Chiemgirl Blues, On the Second of July, Her Plane Fell in the Ocean Far Away und Das Liedchen von der Gleichberechtigung:
“Shakspeare, fuhr Goethe fort, gibt uns in silbernen Schalen goldene Äpfel. Wir bekommen nun wohl durch das Studium seiner Stücke die silberne Schale, allein wir haben nur Kartoffeln hineinzutun, das ist das Schlimme!”
Ich lachte und freute mich des herrlichen Gleichnisses.
Johann Peter Eckermann: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens, 1. Theil (1836), , Sonntag, den 25. Dezember 1825, cit. n. Michel & Grüters beim Deutschen Klassiker Verlag.
Wir sprachen darauf über die beiden Foscari, wobei ich die Bemerkung machte, daß Byron ganz vortreffliche Frauen zeichne.
“Seine Frauen, sagte Goethe, sind gut. Es ist aber auch das einzige Gefäß, was uns Neueren noch geblieben ist, um unsere Idealität hinein zu gießen. Mit den Männern ist nichts zu tun. Im Achill und Odysseus, dem Tapfersten und Klügsten, hat der Homer alles vorweggenommen.”
Ebenda, Donnerstag, den 5. Juli 1827.
Heute war bei Tisch von den Frauen die Rede, und Goethe äußerte sich darüber sehr schön. “Die Frauen, sagte er, sind silberne Schalen, in die wir goldene Äpfel legen. Meine Idee von den Frauen ist nicht von den Erscheinungen der Wirklichkeit abstrahiert, sondern sie ist mir angeboren, oder in mir entstanden, Gott weiß wie. Meine dargestellten Frauen-Charaktere sind daher auch alle gut weggekommen, sie sind alle besser, als sie in der Wirklichkeit anzutreffen sind.”
Ebenda, Mittwoch, den 22. Oktober 1828.
Goethe sprach von einem neuen Stück des Edinburgh Review. “Es ist eine Freude, zu sehen, sagte er, zu welcher Höhe und Tüchtigkeit die englischen Kritiker sich jetzt erheben. Von der früheren Pedanterie ist keine Spur mehr, und große Eigenschaften sind an deren Stelle getreten. In dem letzten Stück, in einem Aufsatz über deutsche Literatur, finden Sie folgende Äußerung: “Es gibt Leute unter den Poeten, deren Neigung es ist, immer in solchen Dingen zu verkehren, die ein anderer sich gern aus dem Sinne schlägt.” Nun, was sagen Sie? da wissen wir mit einem Male, woran wir sind, und wissen, wohin wir eine große Zahl unserer neuesten Literatoren zu klassifizieren haben.”
Ebenda, Dienstag, den 18. November 1828.
Gefährliche Frauen: Lustige Taschenbücher im Egmont Ehapa Verlag;
Silberne Äpfel in goldenen Schalen: Keri-Anne Gingerlillytea: Little oyster mer-baby (and glitter toes), 10. November 2007,
using Herbert Draper: A Water Baby, 1900.
Omaha Bitch: Dancing Cyprine, 2007.
Da fragt man sich doch einmal mehr, warum Goethe in Deutschland immer noch diesen Literaturgottstatus hat. Bemerkenswert eitler Langweiler.
Aber eigentlich wollte ich die Gemeinde nur auf das neue Büchlein des allseits bekannten Nathaniel Philbrick aufmerksam machen: “Why read Moby-Dick?”
Auf dem amerikanischen Amazon gibt es ein nettes, wenn auch etwas seltsam geschnittenes Video, in dem Nat vor Nantucketer Impressionen über das Buch plaudert ( http://www.amazon.com/Why-Read-Moby-Dick-Nathaniel-Philbrick/dp/0670022993/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1319983875&sr=8-1 ) und hier gehts zur Review in der NY Times ( http://www.nytimes.com/2011/10/23/books/review/why-read-moby-dick-by-nathaniel-philbrick-book-review.html?_r=1)
Poor Richard
30. October 2011 at 3:55 pm
Hah — Mr. Philbrick himself beim Discovery-Channel-Dozieren. Macht er ja schon sehr souverän, das mit dem fernsehgerechten anschaulichen Unterricht.
Die englische Amazon-Seite bringt tatsächlich außer dem Video auch noch ein “Click to look inside”, die deutsche muss wieder Speicherplatz sparen. Und mit einem einzigen Buch, das er wohl from scrap to publication in einzwei Jahren aus dem Boden stampfen musste — sonst perish — leistet er alles, was der Blog hier jemals wollte.
Oder denk ich wieder zu gehetzt? Wir schreiben Reformationstag, und ich hab meinen selber für drei Leute gesetzten Termin für eine einzige Kapitelbesprechung nicht eingehalten. Sowas darf man erst ab Goethe aufwärts.
Wolf
31. October 2011 at 2:29 pm
[…] Update zu Das ganze verkehrte Wesen (Frisches Basilikum) und Vom Eindringen in die Materie: […]
Religion, nicht Liebe « Moby-Dick™
12. November 2011 at 12:03 am