Moby-Dick™

Leben mit Herman Melville

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Moby-Dick – der Film, 1998

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Steffi hat geguckt:

StefanieInspiriert durch unsere Exkursion zu einem alten Filmschinken lieh ich mir an diesem Wochenende die Neuverfilmung mit Patrick Stewart aus.

Auf der einen Seite wollte ich einfach sehen, wie der Stoff neu angegangen wurde, aber ich gestehe auch freimütig ein, dass ich schon immer ein großer Fan von Patrick Stewart war, und ja: Ich bin ein Trekkie und wollte natürlich sehen, ob er für mich auch ein anderer Captain als Picard sein konnte.

Fassen wir uns kurz: Ja, er kann!

Und ich gehe sogar noch weiter: Ich halte seinen Ahab für einiges besser als den von Peck. In der Neuauflage besitzt Ahab eine Tiefe, eine Gebrochenheit, die ich bei Gregory Peck nie gesehen habe. Sicher, bei der Neuaufbereitung wird vieles noch deutlicher gesagt, viel mit inneren Monologen (Selbstgesprächen) gearbeitet.

Aber was sind die interessantesten Fakten?

Ahab hat eine Familie, Frau und Sohn, und beide sehen aus, als wäre er gestorben, als er das Haus verlässt.

Auch in diesem Film sind unsere Busenfreunde Freunde geworden, ohne dass der Busenteil eine Rolle spielte.

Piripi Waretini in Diamonds of Jeru. Was anderes find ich nicht.Ismael sagt, er ginge zum ersten Mal auf See (und stellt sich auch so trottelig und wehleidig an); von Mapple erfährt man, dass er Harpunier war (und dementsprechend ist die Gleichung von Christian – Mapple und Ahab als zwei Seiten einer Medaille – wunderbar stimmig), und Queequeg ist so eindeutig ein Maori, dass ich am Anfang die Minuten zählte, bis wann er endlich die Zunge rausstreckt (ich musste nicht allzu lange warten). Außerdem hat der Schauspieler einen so tollen Namen, dass ich ihn euch nicht vorenthalten möchte: Piripi Waretini. (Wenn wir schon bei Schauspielernamen sind: Ismael wird von Henry Thomas gespielt, der auch den kleinen Elliott bei E.T. gespielt hat!)

Vater Mapple wird übrigens von Gregory Peck himself gespielt, aber auch hier kann er nicht mithalten: Orson Welles‘ Schuhe sind eben doch eine Nummer zu groß. Bezeichnenderweise gab es auch keine Strickleiter, sondern eine schnöde Treppe zur Kanzel.

Interessant: Ziemlich am Ende geht Ahab auf, dass er eigentlich Jonas ist und Gott verspottet. Die Einsicht nützt jedoch nichts: Als der Wal ein letztes Mal gesichtet wird, ist die Chance verstrichen und die letzte Chance zur Umkehr ist vertan.

Auch schön: eine Szene, in der Ahab sich ausmalt, wie Prometheus ihn geschaffen hätte: 15 Meter groß, kein Herz und ein Bugfenster, um seinen Geist zu erhellen. Da hadert einer aber wirklich mit seinem menschlichen Schicksal der menschlichen Unzulänglichkeit und nicht zuletzt mit Gott.

Dank des Films freue ich mich besonders auf Mister Starbuck, die tragischste Figur in diesem nassen Kammerspiel, der einzig Sehende (neben einem aufgewerteten Ismael) und doch unfähig, etwas an dem Schicksal zu ändern.

Auch bin ich gespannt auf die literarische Vorlage zu Pip, der hier schon ganz anders war, als in der Verfilmung von 1956, und ich frage mich, wo Herman ihn wirklich angesiedelt hat?

Werden wir tatsächlich im Packeis landen, werden wir von Haien attackiert werden, von Queequeg hören, dass Ahab sein Captain, sein Gott sei, werden wir erleben, wie sehr Ahab mit seinem Schicksal hadert, wie sehr er sich bewusst ist, dass er ins Verderben geht und doch nichts daran zu ändern vermag, so sehr er sich dies auch wünscht?

Ja, lasst uns weiter lesen, und hoffentlich hat die Freundschaft von Ismael und Queequeg im Buch mehr Tragweite und Handlungsspielraum, als in den Filmen nur angedeutet! Wir haben uns über viele Seiten lang dem Dreamteam genähert, da gehe ich doch davon aus, dass die beiden als Team noch einiges stemmen werden.

Also, meine Empfehlung: Der Film lohnt allemal, sich mal anzuschauen. Er geht andere Wege (vielleicht auch zu sehr vom Buch weg, mal sehen) und erlaubt doch eine beklemmende Seelenschau eines Mannes, der frei nach der Erkenntnis handelt: “Hier stehe ich, ich kann nicht anders.”

Ich werde weiterlesen.

Written by Wolf

28. October 2006 at 4:19 pm

Posted in Krähe Steffi