Moby-Dick™

Leben mit Herman Melville

Archive for May 2008

“Und hier Hervey Bay, wo man hinkommt, um die Wale anzugucken…”

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Die begehbare Weltkarte war im Sommer 2005 Teil einer temporären Freiluftausstellung am Ufer der Themse zwischen Tower Bridge und City Hall. Anlass war eine Buchvorstellung mit Landschaftsfotografie aus der Luft — wahrscheinlich Yann Arthus-Bertrand: Earth from Above.

Die Besucher wurden ermutigt, auf der ausgelegten Weltkarte spazieren zu gehen. Die eigentlich interessante Beobachtung an ihrem Verhalten war, wie sowohl Londoner Ansässige als auch die Touristen zielstrebig dahin wanderten, woher sie stammten.

Das große brünette Mädchen mit den meergrünen Augen war schon viel zu lange nur mit dem Finger auf der Landkarte zu Hause, wie wir’s auf dem Bilde schaun. Am anderen Ende der Welt erklärt sie ihrem Freund, den sie von ihrer Weltreise als Souvenir nach Hause bringen will, ihre Herkunft aus Hervey Bay, Queensland. Das liegt an der australischen Ostküste und wenn er dort ist, muss er die Vorkommen an Buckelwalen bewundern und Anfang August nimmt sie ihn zum Walfestival mit. Ist das nicht süß?

Ein Kunst-Werk zwischen Gemälde, Skulptur, Installation und Happening. Sowas find ich ja immer stark.

And this is Harvey Bay, where you go to see the whales... cityofsound, 11. September 2005

Und was macht er?

Girl points out to boyfriend where she’s from — Queensland, in this case. Boy merely grunts in acknowledgment, despite nice use of painted toe as pointer.

Bild: And this is Harvey Bay, where you go to see the whales… by cityofsound, 11. September 2005.

Written by Wolf

29. May 2008 at 12:01 am

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Hurre hurre, hop hop hop

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Update zu Schneller weiter klüger:

Sub conservatione formae specificae salva anima.

Raymond Lully, as used in Eleonora

The death, then, of a beautiful woman is, unquestionably, the most poetical topic in the world.

Edgar Allan Poe: The Philosophy of Composition, 1846.

Donna Ricci the Gothic Supermodel VintageLenor ist ein traditionsreicher Weichspüler, der Hausfrauen ein gutes Gewissen macht und damit abgehandelt sein soll, Lenore eine Ballade von Gottfried August Bürger.

Der Stoff stammt aus einer Volkssage über das Schicksal der Gräfin Eleonore von Schwarzenberg, die nach ihrem Ableben 1741 als Vampirprinzessin gespukt haben soll — also erst nach der Überlieferung durch das balladeske Gedicht An Leonoren von Johann Christian Günther 1720 –, erschienen 1774 im Göttinger Musenalmanach, überarbeitete Endversion 1789, Epoche Sturm und Drang, Grenzfall zwischen Sozial- und Naturballade, Anfang der deutschen Geisterballade, geradezu Inbegriff der Ballade überhaupt — so viel für die Stoffsammler für Gedichtinterpretationen unter uns.

Wer jemals selbst ein Gedicht wirkungsvoll gestalten wollte, merkt: Lenore rockt. Und zwar wegen der achtzeiligen Strophen in schmissigen Vagantenversen, davon die ersten vier in erzählenden Kreuzreimen, die folgenden vier in refrainartigen Paarreimen, das ergibt auch gesprochen einen Effekt wie “don’t bore us, get to the chorus”.

Obwohl Ballade von ballare kommt, was in mehreren romanischen Sprachen tanzen bedeutet, hatte Lenore weder als früher Balladenversuch von Günther noch als nachträgliche volksliedartige Vertonung viel Glück:

Der geneigte Leser wage es, auf Grund dieser Notation und die Bürgersche Dichtung in der Hand, diese musikalischen Spießruten zu laufen. Kommt er mit gesunden Sinnen davon, so mache er seinen Namen bekannt und die Nachwelt wird einen Heiligen mehr zu verehren haben.

sagt Franz Magnus Böhme 1895 in Volkstümliche Lieder der Deutschen. Vertonungen erlitt Lenore viele, berühmt geworden ist sie als Sprechtext in Rezitation und Druck, interpretiert wird sie als antiquierter Schulstoff, überleben wird sie als Kuriosität von großer, leider unfreiwilliger Komik: “Das Lied war zu vergleichen/Dem Unkenruf in Teichen.” (Bürger)

Und die Handlung erst! Achtung, Spoiler: “Lenore fuhr ums Morgenrot empor aus schweren Träumen”, trauert jambisch-pathetisch ihrem Verlobten Wilhelm nach, der nicht mit den anderen Kriegsheimkehrern aus der Prager Schlacht zu ihr kommt, hadert darob mit dem Schicksal und Gott höchstselbst, in der Folge davon wiederum mit ihrer gottesfürchtigen Mutter, wird dann doch noch spätnachts von Wilhelm zu Pferde abgeholt, zu einer versprochenen Hochzeitsnacht entführt, schmiegt sich in Wiedersehens- sowie Vorfreude an ihren Verlorengeglaubten:

Wie flogen rechts, wie flogen links
Gebirge, Bäum’ und Hecken!
Wie flogen links, und rechts, und links
Die Dörfer, Städt’ und Flecken! –
„Graut Liebchen auch? … Der Mond scheint hell!
Hurrah! die Todten reiten schnell!
Graut Liebchen auch vor Todten?“ –
„Ach! Laß sie ruhn, die Todten.“ –

Und als ob man’s nicht geahnt hätte, ist Wilhelm der Tod in Person und hat Lenoren ob ihrer Gotteslästerei geholt.

Wir treffen Lenore, gern auch als Leonore, wieder in Amerika, dem Japan des 19. Jahrhunderts, und hier bei Edgar Allan Poe, der die moderne Literatur aus dem Boden gestampft hat, aber deswegen nicht zwangsläufig auch noch die Erde fruchtbar machen musste. 1842 erschien seine Short Story Eleonora, ebenfalls die Geschichte von einer untoten Wiedergängerin aus Liebe.

Henry Sandham, Lenore, 1886Der Unterschied ist: Eleonora selbst, nicht ihr Geliebter, ist jetzt das Gespenst — was bei Poe oft vorkommt: sehr schöne, sehr junge, leider früh verstorbene Mädchen. Siehe Annabel Lee, Berenice, The Fall of the House of Usher, Ligeia, Morella, The Oval Portrait, Ulalume, selbst die Backstory in The Raven, alle von Poe — reicht das?

Exkurs: Tun Sie sich ruhig mal die überraschend aufschlussreiche Fachliteratur zu Totenromantik und Gothic-Ästhetik von Elisabeth Bronfen an: Die schöne Leiche: Weiblicher Tod als motivische Konstante von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis in die Moderne, 1987; Over Her Dead Body. Death, Femininity and the Aesthetic, 1992, deutsch: Nur über ihre Leiche. Tod, Weiblichkeit und Ästhetik, Dissertation LMU München 1993, 1997, Neuauflage 2004.

Nein, es reicht nicht: Ein Jahr nach der Kurzgeschichte schoss Poe das Gedicht Lenore nach. Eddie the Divine! Der Meister gibt sich nicht mal Mühe, seine Quellen zu verschleiern, und recycelt Dramatis personae!

Der Inhalt: Totenwache bei einem sehr schönen, sehr jungen, leider früh verstorbenen Mädchen — gipfelnd in der Empfehlung, nicht über die Toten zu trauern, sondern sich für sie zu freuen, dass sie schon mal vorausgegangen sind und im Paradies aufs Weiterlieben warten. Und das ist untypisch für Poe: Normalerweise enden seine Totengeschichten in Verzweiflung, falls sie dort nicht schon angefangen haben. Schon typischer für Poe: bei Deutschen abzuschreiben; welche Schauermärchen allein von E.T.A. Hoffmann wir bei Poe wiederfinden, kriegen wir später mal.

1845: Ein großes Jahr für die Poesie, denn Poe veröffentlicht The Raven, nach begründeten Meinungen das beste Gedicht überhaupt. Gang der Handlung: Ein Stubengelehrter brütet über seinen Büchern und lässt einen prophetischen Raben in sein Studierzimmer, um seine verstorbene Liebe zu vergessen: the rare and radiant maiden whom the angels name Lenore (!)/Nameless here for evermore.

Tim Burton, Sleepy Hollow. Heads Will Roll, 1999 Movie PosterTreten wir noch ein paar Jahre zurück, zu einem, der ebenfalls die Short Story erfunden haben könnte, ein paar Jahre vor Poe, aber in seiner neuenglischen Nachbarschaft: Washington Irving. Das 19., das Jahrhundert der bahnbrechenden Erfindungen und Entdeckungen, ohne die wir heute bei Ochsentalglicht mit dem Gänsekiel Sonette illuminieren statt bei den Segnungen der Pizzadienste zu bloggen könnten, war andererseits ein dunkel schimmernder Hintergrund für Schauergeschichten, Gothic Novels, Ruinenromantik, mittelalterlich inspirierte Todesbilder und sonstigen Spuk- und Gruselkram.

Washington Irving kennt und schätzt man heute vor allem für seine Legend of Sleepy Hollow, das war 1820. Darin kommt ausnahmsweise keine Lenore vor, aber genügend Motive aus Bürgers Ballade, vor allem die Liebe über den Tod hinaus und der untote Wiedergänger.

Und Irvings Kopfloser Reiter von Sleepy Hollow stammt aus dem rheinischen Sagenschatz über die Volksmährchen der Deutschen von Musäus, 1782–1786. Phantasievolle Gesellen, die todessehnsüchtigen Romantiker und Viktorianer.

Wenn man diese ganze Abschreiberei vor Einführung des Urheberschutzes nicht als ein Unwesen von entfesselten Plagiatoren betrachtet, sondern als Entstehung eines neuen Bestands an künstlerischen Motiven, wenn nicht einer ganzen Mythologie, sollte man ihnen dankbar sein, dass sie jeder für sich die Themen durchgesponnen haben. Liest man in die erst kürzlich wieder erreichbar gewordenen Radiofeatures von Arno Schmidt hinein — und wer wollte dem misstrauen –, hat Adalbert Stifter bis in den Wortlaut hinein bei James Fenimore Cooper abgeschrieben, und schon sind die Nationalliteraturen wieder quitt. Kinowirksam ist diese Gedankenwelt allemal; allein von Irvings schmaler Geschichte sind zwölf Verfilmungen gelistet — erklärtermaßen unvollständig.

Oder will jemand behaupten, Tim Burton hätte seinen heimelig blutspritzenden Film Sleepy Hollow – Köpfe werden rollen 1999 von Washington Irving gestohlen? Na also — eine legitime Adaption eines mythisch frisch verankerten Stoffes, in der die Quelle als klassisch geehrt wird.

Lenore the Cute Little Dead Girl, Cooties Collecting Issues 9-12 CoverEs geht noch weiter: Aus Bürgers Lenore, Poes Eleonora samt Lenore und Irvings Legende von Sleepy Hollow hat sich Roman Dirge bedient und den Comic Lenore, the Cute Little Dead Girl draus gemacht. Ganz frisch, seit 2007, er entsteht noch, bislang gibt es 26 Flash-Filme. Auch wenn sie sich auf etwas pubertäre Weise morbid gebärden, sind sie richtig gut gemacht, Abendfüllendes ist für 2009 angekündigt. Bürger hätte gestaunt. Freudig.

Der wäre doch der erste gewesen, der seine Ballade verflasht hätte. Überliefert ist, dass er bei seinem Vortrag der Lenore an der Stelle

Und außen, horch! ging’s trap trap trap

gern mit den Knöcheln seines Fingers unauffällig auf das Holz seines Rednerpults klopfte, woraufhin die Damen im Publikum vor Entsetzen über den schaurigen Effekt in Ohnmacht sanken. So ein Publikum wünscht man sich, gerade in Zeiten, wo schon die Poetry Slams längst belächelt werden. Die Mädels faden heute ja nicht mal mehr auf Rockkonzerten out, und wofern doch, sind sie nicht mehr stolz auf ihr Sentiment.

Die Reihe geht also: Gräfin Eleonore von SchwarzenbergJohann Christian GüntherGottfried August BürgerMusäusWashington IrvingPoe — nochmal Poe — abermals PoeTim BurtonRoman Dirge. Weniger da hinein gehört Beethovens einzige Oper Fidelio, die in den ersten zwei Fassungen mit drei Ouvertüren ab 1805 noch Leonore hieß, aber eine recht diesseitige Handlung fern aller Phantastik verfolgt. Auch die kanadische Musikerin Lenore lebt noch, Mazeltov.

Ist The Raven eigentlich außer in der berüchtigten 1976er Schnarchnummer von Alan Parsons Project je anständig vertont?

Bilder: Donna Ricci the Gothic Supermodel auf Myspace;
Henry Sandham: Lenore, 1886;
Paramount Pictures, 1999;
Cover Browser.

Written by Wolf

26. May 2008 at 1:24 am

Irgendwann kauf ich mir eine kleine Farm im Süden

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Update zu That same image selves see in all rivers, in oceans, in lakes and in Welles:

Die Leute klingen ja heute alle wie schlecht aus dem Englischen übersetzt.

Harry Rowohlt

Was jeder hört und keiner sagt. Eine Frühform dieser Liste hab ich vor Jahren schon mal veröffentlicht — nicht hier –, damals mit 30 Einträgen, und glaubte, das wären viele. Heute kann man seine Schlüsse ziehen, was ich seitdem für Filme angeschaut hab. Further contributions welcome!

  1. Ab auf dein Zimmer!
  2. Am Ende ist es das, was wirklich wichtig ist.
  3. Beweg deinen Arsch hier raus.
  4. Bin wieder zu Hause!
  5. Bring uns zu deinem Anführer!
  6. Dafür werde ich bezahlt.
  7. Danke, das genügt.
  8. Daraus wird nichts.
  9. Darf ich Sie mal zum Essen einladen?
  10. Das ist alles, was ein Mann tun kann.
  11. Das ist alles, was wir haben.
  12. Das ist eine verdammte Lüge!
  13. Das ist es, was zählt.
  14. Das ist ganz sicher keine gute Idee.
  15. Das ist nicht dein Tag heute.
  16. Das ist nicht, wonach es aussieht.
  17. Das ist unsere einzige Chance.
  18. Das kann niemand beweisen.
  19. Das Mindeste, was ich tun konnte.
  20. Das muss ich mir in meinem Haus nicht sagen lassen.
  21. Das Risiko geh ich ein.
  22. Das Spiel ist aus!
  23. Das war ich dir schuldig.
  24. Davon bin ich überzeugt.
  25. Die Fragen hier stelle ich.
  26. Die Tiere sind unruhig.
  27. Drehen Sie sich ganz langsam um.
  28. Du bist auf dein Zimmer entschuldigt.
  29. Du bist betrunken.
  30. Du bist es wirklich!
  31. Du hast keine Chance.
  32. Du hast mir das Leben gerettet.
  33. Du hättest dasselbe für mich getan.
  34. Du hättest nicht kommen sollen.
  35. Du weißt, dass du auf mich zählen kannst.
  36. Ein guter Job, wenn man ihn kriegen kann.
  37. Ergreift sie!
  38. Er hat ein Messer!
  39. Er hätte es so gewollt.
  40. Er ist doch noch ein Kind!
  41. Es geht schon wieder.
  42. Es gibt einen Anderen.
  43. Es ist besser, wenn Sie jetzt gehen.
  44. Es ist nicht so, wie du denkst!
  45. Es ist so lange her.
  46. Es lohnt sich nicht!
  47. Es war ein Unfall.
  48. Fahr zur Hölle.
  49. Finden Sie ihn.
  50. Findest du, das steht mir?
  51. Folgen Sie dem Wagen!
  52. Für mich nur einen Salat.
  53. Glaubst du, ich hab nicht gesehen, wie du sie angestarrt hast?
  54. Gute Arbeit, Officer.
  55. Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl?
  56. Haben wir uns nicht schon mal gesehen?
  57. Halt dich an mir fest.
  58. Hat Ihnen schon mal jemand gesagt, dass Sie wunderschöne Augen haben?
  59. Hier bleiben wir über Nacht!
  60. Ich bin Arzt.
  61. Ich bin zu alt für diese Dinge!
  62. Ich brauche Ergebnisse!
  63. Ich finde Sie sehr attraktiv.
  64. Ich gehöre nicht zu dieser Sorte Mädchen!
  65. Ich hab das noch nie gemacht.
  66. Ich kann alles erklären!
  67. Ich kenne meine Rechte.
  68. Ich liebe dich.
  69. Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, dass ich Sie verstehe.
  70. Ich ruf Sie an.
  71. Ich weiß nicht, wovon Sie reden.
  72. Ich werde darüber nachdenken.
  73. Ich werde dir jetzt etwas sagen, was mein Vater mir gesagt hat, das er von seinem Vater hatte.
  74. Ich zähle bis drei.
  75. Ihr Jungs geht auf die andere Seite!
  76. In die Wanten, ihr Landratten!
  77. In diesem Haus gebrauchen wir solche Worte nicht.
  78. In zehn Sekunden will ich Ihren Arsch in meinem Büro sehen.
  79. Jeder andere an meiner Stelle hätte das gleiche getan.
  80. Je eher Sie mir sagen, was ich hören will, desto schneller sind wir hier fertig.
  81. Jemand zu Hause?
  82. Klar wie Kloßbrühe.
  83. Kommen Sie mit erhobenen Händen da raus!
  84. Lass mich einen Augenblick allein.
  85. Lass mich los, du tust mir weh.
  86. Lass mich stolz auf dich sein!
  87. Lassen Sie Ihre Hände da, wo ich sie sehen kann.
  88. Lasst mich einfach hier liegen, ohne mich seid ihr schneller.
  89. Lauf, so schnell du kannst!
  90. Macht der Rock mich fett?
  91. Meine Füße bringen mich um.
  92. Mein Name tut nichts zur Sache.
  93. Nehmen wir an, Sie hätten Recht.
  94. Nein, aber jemand könnte es denken.
  95. Nicht in meinem Haus!
  96. Nimm gleich die nächste Maschine.
  97. Oh mein Gott!
  98. Pass auf dich auf.
  99. Rufen Sie mich an, wenn Ihnen doch noch was einfällt.
  100. Rufen Sie uns nicht an!
  101. Rühren Sie sich nicht vom Fleck!
  102. Schließlich bin ich ein Mann und Sie sind eine Frau.
  103. Sie haben achtundvierzig Stunden.
  104. Sie haben das Recht, die Aussage zu verweigern. Alles, was Sie sagen, kann gegen Sie verwendet werden. Sie haben das Recht auf einen Telefonanruf.
  105. Sie haben uns reingelegt!
  106. Sie haben uns umzingelt!
  107. Sie kommen direkt auf uns zu!
  108. Sie sind da lang geritten.
  109. Sie spielen unser Lied!
  110. Sie wissen doch, was man über Frauen sagt?
  111. Sie wissen verdammt gut, wovon ich rede!
  112. Sind Sie O.K.?
  113. So redet niemand mit mir!
  114. Taxi, hierher!
  115. Und nicht weglaufen!
  116. Und wenn ich Ihnen nicht die absolut reine Wahrheit gesagt habe, soll mich auf der Stelle, wie ich hier stehe, der Schlag treffen und der verdammte Teufel holen.
  117. Und wenn ihr da rausgeht, will ich, dass ihr alles gebt!
  118. Uns bleibt nicht mehr viel Zeit.
  119. Warte, es ist zu gefährlich!
  120. Was denken Sie eigentlich, wen Sie vor sich haben?
  121. Was glauben Sie, was Sie hier machen?
  122. Was halten Sie davon?
  123. Was hat das zu bedeuten?
  124. Was in aller Welt hast du dir nur dabei gedacht?
  125. Was ist dein Problem?
  126. Was soll das heißen?
  127. Was springt dabei für mich raus?
  128. Was wollen Sie dagegen unternehmen?
  129. Was wollen Sie damit sagen?
  130. Was wollen Sie von mir?
  131. Was zum?
  132. Was zum Teufel geht hier vor?
  133. Wenn du es jetzt nicht tust, wirst du es niemals tun.
  134. … wenn Sie wissen, was ich meine.
  135. Wer will das wissen?
  136. Werft die Waffen weg!
  137. Wer sind Sie?
  138. Wie weit ist es noch nach Mexiko?
  139. Wir haben alle Zeit der Welt.
  140. Wir haben es geschafft.
  141. Wir haben keine andere Wahl.
  142. Wir melden uns dann bei Ihnen.
  143. Wir müssen erst die Tiere tränken!
  144. Wir sprechen uns noch.
  145. Wir werden uns rächen.
  146. Wo bist du jetzt?
  147. Wo ist das Geld?
  148. Wollen Sie mir drohen?
  149. Wonach sieht es denn aus?
  150. Worauf warten wir?

Excitement from adventure’s most colorful chapters:
John Huston, Ray Bradbury et al., 1956;
Bild: ebd.

Written by Wolf

24. May 2008 at 12:01 am

Posted in Moses Wolf

… doch das Meer braucht uns nicht

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Update zu Und doch schön zu spüren, dass niemals was stirbt, und das Wort Tod nie das letzte sein wird:

Beteiligen Sie sich auch schön brav an den walschützenden Aktionen, wenn man es Ihnen sagt? Stephan, unser Mann bei Greenpeace (keep the good work up, brother!), wüsste da wieder eine:

Greenpeace hat japanische Walfänger in flagranti mit Walfleisch erwischt, das sie zum Eigennutzen abgezweigt hatten. So geht das natürlich nicht, geschätzte Nation der Fugusushi.

Mitmachen und weitersagen:

Japanischer Premierminister Yasuo FukudaWir haben gerade den größten Skandal in der Geschichte des japanischen Walfangs aufgedeckt. Mitglieder der japanischen Walfangflotte haben massiv Walfleisch unterschlagen und auf eigene Rechnung verkauft.

Japanischer Außenminister Masahiko KoumuraFordern Sie die japanische Regierung auf, den Walfang zu beenden und die steuerliche Finanzierung dafür endgültig einzustellen.

Bilder: Wikimedia Commons; Prime Minister of Japan and His Cabinet;
Lied: Reinhard Mey: Das Meer, aus: Balladen, 1988.

Written by Wolf

20. May 2008 at 12:01 am

Posted in Meeresgrund

Das Hörbuch als Video 6, 7, 8: Straße, Kapelle, Kanzel

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Update zu Das Hörbuch als Video 3 (4 & 5):

Das sechste (6:57 Minuten),
siebente (8:27 Minuten)
und achte (7:48 Minuten) Kapitel sind fertig.

Never Sea Land, Gisele Bündchen in a dress made only from water 1, 17. Oktober 2007Never Sea Land, Gisele Bündchen in a dress made only from water 2, 17. Oktober 2007Never Sea Land, Gisele Bündchen in a dress made only from water 3, 17. Oktober 2007

Copyright Lesung: marebuchverlag Hamburg, 2007.
Sprecher: Christian Brückner;
Copyright Übersetzung: Zweitausendeins Frankfurt/Main, 2006;
Buch mit 2 .mp3-CDs kaufen.

Bilder: Gisele Bundchen in a dress made only from water,
Never Sea Land, 17. Oktober 2007.

Written by Wolf

19. May 2008 at 1:05 am

Posted in Siedekessel

Enter Stubb; To himself, Stubb: Du sollst nicht denken

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Elke hat Kapitel 29: Auftritt Ahab; zu ihm, Stubb gelesen:

Elke HegewaldIch konnte mich ja eines Schmunzelns nicht erwehren beim Lesen der Szene mit den zwei kläffenden, zänkischen Kerls. Für mich hatte sie durchaus was Kurioses.

Zu Ahabs Ehrenrettung muss zunächst mal angemerkt werden, dass er ja mitnichten ohne Rücksicht auf Verluste und Mannschaftsschlaf allnächtlich mit seinem Knüppelfuß übers Deck poltert. Er achtet im Gegenteil sehr wohl auf die verdiente Ruhe seiner Crew. Sogar

some considering touch of humanity was in him; for at times like these, he usually abstained from patrolling the quarter-deck; because to his wearied mates, seeking repose within six inches of his ivory heel, such would have been the reverberating crack and din of that bony step, that their dreams would have been on the crunching teeth of sharks.

Verjendist siehe Seite 217.

Aber ahnen wir doch längst, was ihn umtreibt und dass es manchmal mit ihm durchgeht. Der Typ kreist doch um sich selbst – na, und diesen ominösen Wal. Und dann kommt dieser Trottel Stubb angebolzt und beschwert sich, dass er mal nicht schlafen kann.

So gesehen und in Anbetracht von dessen “scherzhafter Unterwürfigkeit” beginnt von Ahabs Seite das Geplänkel ja noch geradezu leutselig und beschwichtigend – ein Zug, den man in ihm, mit Verlaub, gar nicht vermutet hätte, oder? Nur im Nachsatz muss er dann doch noch den Boss raushängen lassen und ihn einen Hund heißen – oder hatte es gar auch der Versuch eines Scherzes werden sollen? (Melville wäre das zuzutrauen, aber das ist nun wieder der Nachteil vom Lesen, man hört ja den Tonfall nicht so recht…). Sollte es denn so gewesen sein, ging das jedenfalls kräftig daneben, um nicht zu sagen, nach hinten los. Denn so kann man selbst einem Stubb nicht kommen, schließlich hat ein ehrbarer Waljäger auch seinen Stolz.

Stubb Moby Dick! The Musical, PresentingWas das Erstaunliche daran ist: Es kommt einem beinahe so vor, als wären beider Rollen vertauscht, freilich nur für einen kleinen Moment. Denn der finstere Ahab scheint zuerst ungewohnt menschlich und milde und wird erst unversehens wieder dämonisch und aufbrausend, als ihm Widerworte entgegen wehen. So weit kommt das noch, dass der Untergebene, dieser kleine Knappe sich gegen ihn auflehnt – wer ist denn hier der Kapitän!

Stubb hingegen, dessen heiteres und gemütliches Wesen uns Kapitel 27 bekanntlich in einigermaßen epischer Breite erhellte, das ist doch der, den so schnell nix aus der Ruhe bringt – “so cheerily trudging off with the burden of life in a world full of grave pedlars, all bowed to the ground with their packs” (Kapitel 27, bei Jendis Seite 205). Der mit dieser sympathischen Fischkopp-Mentalität des küstengeborenen Inselmenschen, wie sie in derartigen Landstrichen offenbar weltweit zu Hause ist. Und der versteht den etwas verunglückt geratenen Humor seines Obersten plötzlich miss und muckt auf. Statt einfach den ollen Walbeinernen zu nehmen wie er ist und ihm dieses eine Mal nachzusehen, dass er seinen Moralischen hat und infolge seiner Behinderung in naturgemäßem Stakkato über ihren Köpfen herumtrampelt. Und den gebieterisch rauen Ton eines Käptns auf seinem Schiffe, der halt nicht mit Engelszungen daherkommt, sollten solche harten Kerls nicht gewohnt sein…? Hm, wenn diese skurrile Konstellation ihren Zündstoff, an dem sie explodiert, nicht selber ausgebrütet hat, dann weiß ich auch nicht.

Und hinterher brabbelt er ratlos wirres Zeug in sich hinein und versteht die Welt nicht mehr oder was ihn eigentlich geritten hat, sich mit dem da anzulegen. Diesem Murmelmonolog wohnt wirklich nichts weniger inne als der durchgeistigte und psychologelnde Bewusstseinsstrom späterer Autoren, da hat der Wolf schon Recht – und Melville sowieso. Denn nennen wir es doch beim Namen: Unser guter Stubb ist ein einfaches Gemüt, das eben auch mal langsamer denkt, als es spricht, und sich nicht gern den Kopf zerbricht. Nicht umsonst besinnt sich so einer zu guter Letzt gegen das Chaos in seinem Hirn auf sein höchstpersönliches elftes Gebot: Du sollst nicht denken! Und sein zwölftes: Du sollst schlafen – wenn du kannst. Schau an, nicht supergescheit aber lebenstüchtig, der Mann. Rettung durch Verdrängen – kennt doch jeder. Oder etwa nicht?

P.S. Ach ja, eine freundliche Begegnung hatte ich auch noch, beim Kramen nach der passenden Illustration. Wollt ihr hörn? Es gibt tatsächlich eine Insel, die Stubbs Island heißt. Ein winziges Stück Land im Meer an der Nordspitze des riesigen kanadischen Vancouver Island, beide voller Natur pur, ersteres besonders hübsch bei Sonnenuntergang. Und wenn ich mir einerseits auch schwer vorstellen kann, dass dieses Inselchen ausgerechnet nach Ahabs Zweitem benannt ist, spricht doch andererseits etwas Gewichtiges beinahe dafür: Es bietet nämlich eine Touristenattraktion an, wie sie einschlägiger kaum sein kann – Stubbs Island Whale Watching! So viel Zufall kanns doch gar nicht geben, oder?

Bilder: Moby Dick! The Musical; Norman Bolwell: Stubb’s Whaleboat.

Written by Wolf

16. May 2008 at 12:20 am

Posted in Steuerfrau Elke

We Shall Gather Here Forever

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Update zu Lesen und schreiben mit Mellvil (sic):

Das Ende muss hoffnungsvoll sein. Was könnte tröstlicher sein als eine gefakete Mormonenhymne aus dem Munde des großen Gary Floyd (Ex-Punk, Blues-&Country-Sänger und seit langem bekennender Buddhist). Leben den Lebenden!

Kommentar aus Fritz Ostermayer:
Dead & Gone 2: Totenlieder — Songs of Death,
Trikont 1997.

Und mit Kindern haben sie’s ja, die Mormonen. Das Lied ist eins von denen, die bei Erstkontakt eine Offenbarung bedeuten können. Mein erstes selbstgemixtes Youtube-Video versucht deshalb mit dem geringsten technischen Aufwand spannend genug zu bleiben, dass Sie die 4:26 Minuten bis zu Ende mithören; es haben sich inzwischen genug kinderaffine Wal- und Wasserbilder angesammelt, die ich nicht mehr beitragsweise einzeln verbraten kann, da schien ein dokumentarisches Video noch die mitreißendste Lösung. Das letzte vergurgelnde Kinderstimmchen macht’s schließlich erst.

Lied: From the Darkness to the Light,
aus: Gary Floyd: Backdoor Preacher Man, Glitterhouse Records 1999;
Bilder: Ist sich verschieden. Die meisten von Shorpy,
Old Picture of the Day
und Duryea PA.

Written by Wolf

15. May 2008 at 12:01 am

Posted in Moses Wolf

Pfeife schmauchen und Kaffee trinken

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Conceive him now in a man-of-war; with his letters of mart, well armed, victualed, and appointed, and see how he acquits himself.

Thomas Fuller: The Good Sea-Captain,
in: The Holy State, and the Profane State, 1648.

Jürgen hat Kapitel 29: Auftritt Ahab; zu ihm, Stubb gelesen:

Jürgen Jessebird SchmitteIn Kapitel 27 findet sich über Stubb der schöne Satz: “Long usage had, for this Stubb, converted the jaws of death into an easy chair.”

“Long usage” — Gewohnheit. Das scheint mir der markanteste Zug an Stubb bisher. Solange alles seinen geregelten Gang geht, solange ist er zufrieden. (Zu seinen Gewohnheiten gehört ganz sicher auch das Pfeifenschmauchen!) Da schreckt ihn nichts. Der Gang zum Kapitän, um sich zu beschweren — das ist schon was anderes. Denn das sollte man nicht vergessen: Ein Schiff ist keine Demokratie und Ahab ist auf der Pequod nicht nur “oberes Management”. Er ist Herr über Leben und Tod an Bord, sein Wort ist Gesetz. “Herr über Leben und Tod” vielleicht nicht so im Wortsinn, wie das auf einem Schiff der Kriegsmarine gelten würde, aber Ahabs Befehle entscheiden über das Leben der Männer an Bord. Das gehört zum Kapitän-Sein. Eiserne Disziplin ist nötig, damit das Walfangunternehmen gelingen kann.

Und dann geht Stubb zu Ahab, um sich über die Störung der Nachtruhe zu beklagen. Das erfordert Mut. Vielleicht fast ein bisschen mehr, als Stubb gegeben ist? Versucht er’s darum mit “scherzhafter Unterwürfigkeit”? Weil er ahnt, dass er sich auf unsicherem Grund bewegt?

Immerhin bringt er den Mut auf, zu widersprechen, als Ahab ihn einen Hund nennt. Doch der folgende Ausbruch seines Kapitäns ist zuviel: Rückzug. Sicher nicht aus Feigheit ob der Drohungen Ahabs, einem Gleichgestellten dürfte Stubb eine passende (vielleicht handfeste) Antwort gegeben haben, schließlich wird er sich seinen Platz als Nummer Drei an Bord verdient haben — und nicht dadurch, dass er jeder Auseinandersetzung aus dem Weg gegangen ist. Aber dem Kapitän hat er zu gehorchen und er tut es.

Aber kann er sich das einfach so eingestehen? Dass er da an einen geraten ist, dem er nicht gewachsen ist? Nein, kann er nicht. Darum der folgende Monolog, in dem Stubb sich einzureden versucht, dass

  1. Ahab ja doch ein komischer Kauz ist (“Anyway there’s something’s on his mind”) — und der Vorfall darum nicht so ernst zu nehmen,
  2. die Welt ohnehin ein merkwürdiger Ort ist (“but all things are queer, come to think of ’em”) — und der Vorfall darum nicht so ernst zu nehmen,
  3. er alles vielleicht doch nur geträumt hat? (“I must have been dreaming”) — und der Vorfall darum nicht so ernst zu nehmen ist.

Und morgen sieht dann alles wieder anders aus und geht seinen gewohnten Gang. Womit Stubb die Sache als erledigt betrachten dürfte.

Stubbs Coffee

Bild: North Side Review: Stubbs Coffee in: Chicagoist, 15. Dezember 2006.

Written by Wolf

14. May 2008 at 12:01 am

Posted in Steuermann Jürgen

Wo deinesgleichen zwischen Leichentüchern schläft

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Damn me, but all things are queer, come to think of ’em.

Enter Ahab; to Him, Stubb. Die Pequod fährt auf Höhe von Quito, Ecuador, Stadt des ewigen Frühlings, kein Meereszugang. Ich-Erzähler Ismael ab, Queequeg vermissen wir sowieso schon seit Kapitel 27 (“Aber Queequeg kennt ihr ja schon”), Auftritt der allwissende Märchenonkel. Auftritt Ahab; zu ihm, Stubb.

Hol’s der Klabautermann, da hat ein Erzähler zu sich gefunden und seine Erzählweise aufgenommen: Melville kommt uns jetzt mit inneren Monologen, um seine Figuren zu zeichnen. Stubb “knurrt” seinen noch probehalber, aber ich glaub nicht, dass einer wie der fast zwei Seiten lang in sich elaborierte Sätze hineingrummelt, das ist Melville schon unter den Fingern zu einem Stilmittel geraten, das man noch nicht lange zur Hand hatte (für unsere Ghostleser aus Gründen des Englischunterrichts: Und es ist eben kein Stream of Consciousness).

Was zeichnet er uns? Das, was wir aus Internetdiskussionen kennen: zwei Leute, die sich kaum kennen, sehr wahrscheinlich aber nicht mögen, und sich in leutselige Flapsigkeit flüchten, obwohl sie keine verstehen. Beiderseitige Ironieresistenz auf Offiziersebene, nach praktisch überhaupt keiner Vorlaufzeit Zank und Beleidigung. Eine Meisterleistung kommunikativen Verhaltens, wenn dergleichen beabsichtigt wäre.

Stubb fängt an damit. Er hat an seinem oberen Management etwas auszusetzen, kann aber aus Rücksicht auf Zeitbudget und Dienstweg keinen großen Verbesserungsvorschlag einreichen, sondern ist darauf angewiesen, dem Kapitän sein Anliegen auf eine Weise zu sagen, die ihn kooperativ stimmt, nicht verletzt.

“Mit scherzhafter Unterwürfigkeit” versucht er’s. Das kann, wie jedes andere Verhalten auch, richtig oder falsch sein, grundsätzlich schlecht kann ich es nicht finden. Macht er schon richtig, der Stubb. Schade, dass er diese sanguinische Tonart nicht durchhält. Da grinst schnell die Eskalation ums Eck.

Und prompt: “Ach, Stubb, du kanntest deinen Ahab noch nicht!” Mit dem kann man das nämlich nicht machen. Der Mann schläft seit Tagen nur drei Stunden am Tag — vermutlich um ihn vom Mannschaftspöbel zu unterscheiden, der menschlichen Bedürfnissen wie dem Schlaf obliegt, und dafür in die Nähe eines Napoleon zu rücken, von dem dieselbe Legende geht, vier Tagesstunden Schlaf seien für Weiber und deren fünf schon für Schwächlinge.

Für einen letzteren hätte ihn nie jemand gehalten, aber er reagiert auf denkbar unausgeschlafene Weise. Ahabs erste Replik enthält noch versöhnliche Teile: “Doch geh nur, ich hatte nicht daran gedacht” — aber selbstherrliche Führungskraft, die er ist, muss er weiterranzen. Leider kommen dann schon die ersten Schimpfwörter vor. “Kusch dich, du Hund, ab in die Hütte!” könnte man noch als bärbeißigen Abschluss der Diskussion werten und es gut sein lassen, das vorausgehende

Below to thy nightly grave; where such as ye sleep between shrouds, to use ye to the filling one at last.

als etwas fehlgeleitete Brillanz verbuchen. Batz, schon hat er überreagiert. Ahabs Eloquenz dient keinem intellektuellen Kräftemessen, sondern ist die eines donnernden Predigers — und falls doch, hat er nicht mit dem Zweiten Offizier in Stubb gerechnet oder ihn absichtsvoll ignoriert.

And now that I think of it (Stubb), war Ahabs Versuch vielleicht gerade doch, einen geistigen Sparringspartner zu finden. Dass Stubb so humorlos einfriert und einen auf verletzte Ehre macht, treibt Ahab ja erst zu seiner richtigen Kaskade mit Esel und Maultier und Schafskopf rauf und runter. Vielleicht braucht er nur deshalb so wenig Schlaf, weil er geistig unausgelastet ist?

Stubb entlässt er dann als Feind in zwei Seiten passiver Aggression. Der Horizont kann öde sein. Und Ironie ein geladen Schießgewehr.

Bild: Frank Stella: Enter Ahab; to him, Stubb, 1988,
aus: Moby-Dick and Imaginary Places, Galerie Jamileh Weber.

Written by Wolf

12. May 2008 at 2:19 am

Posted in Steuermann Wolf

Freundliche Begegnungen: Zur Abwechslung mal Ernest Hemingway beschimpfen

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Update zu Unfreundliche Begegnungen: Moby-Dick goes Huckleberry Finn und Warum die Doppelgängerin Moby-Dick voraussichtlich nicht lesen wird:

Hemingway konnte nicht lachen. Nie. Wer frühmorgens um sechs im Stehen anfängt zu schreiben, hat keinen Sinn für Humor. Er will etwas niederzwingen.

Charles Bukowski: Den Göttern kommt das große Kotzen, 2006

Hemingway, der natürliche Feind aller Kudus, Stiere, Marlins und Frauen, geht jetzt auch schon gegen die Wale los:

Wir haben in Amerika geschickte Schriftsteller, Könner gehabt. Poe ist ein Könner. Bei ihm ist alles gekonnt, wunderbar konstruiert, aber er ist tot. Wir haben rhetorische Schriftsteller gehabt, die das Glück hatten, eine Spur von dem, wie Dinge wirkliche Dinge sein können, zum Beispiel Walfische, in der Chronik eines andern Mannes zu finden oder auch auf Reisen, und dies Wissen ist von Rhetorik eingehüllt wie Rosinen in Kuchenteig. Gelegentlich ist es allein da, nicht von Kuchenteig umgeben, und es ist gut. Zum Beispiel bei Melville. Aber die Leute, die ihn loben, loben ihn wegen seiner Rhetorik, die unwesentlich ist. Sie geheimnissen etwas hinein, was nicht da ist.

Ernest Hemingway: Die grünen Hügel Afrikas, 1935,
einzig autorisierte Übertragung von Annemarie Horschitz-Horst

HansTraxler, Leute von gestern, Ode an Hemingway, 1988

Nochmal leserlich, weil man das in diesem 500-Pixel-Fensterchen nicht lesen kann? Aber immer:

Blonde Frauen!
Schwarze Stiere!
Jede Menge große Tiere!
Ernest, Meister aller Klassen!
Ich kann dich tief und herzlich hassen!

Bild: Hans Traxler: Leute von gestern, Zeit-Magazin,
in: Ode an Hemingway, Diogenes Verlag 1988,
nach dem Österreichischen Schulportal.

Written by Wolf

10. May 2008 at 12:01 am

Posted in Moses Wolf

Freundliche Begegnungen: Frank Schirrmacher beschimpfen, und Kapitän Ahab dann auch gleich

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Die Partner Titanic wird seit Abermonaten nicht müde, ihre Leser um Stellen aus Medien und Literatur anzubohren, in denen unzweifelhaft Frank Schirrmacher beschimpft wird, sinnigerweise in ihrer Spalte ganz rechts. Die monatliche Ausbeute ist beachtlich. Zum Beispiel kürzlich im April 2008:

Liebe Leser,

Frank Schirrmacher Karikatur, Three Towersyeah! Die Literatur ist voll von Stellen über Frank Schirrmacher: “Herman Melville beschrieb in seinem Roman ‘Moby Dick’ den FAZ-Herausgeber folgendermaßen: ‘Aber als dies vollbracht, drehte er sich um und — gütiger Himmel, welch ein Anblick! Was für ein Gesicht! (…) Ja, gerade so, wie ich dachte: Er ist ein schrecklicher Bettgenosse, er hat sich geprügelt, wurde fürchterlich zugerichtet, und hier ist er nun, eben vom Wundarzt zurück.’ (Hanser-Verlag, gebundene Ausgabe, S. 61f.)”, Markus Beyer (Gütersloh); “Da war sie also, diese alte Mißgeburt von geilem Bock, in der Hand ein Glas Schnaps, auf der Nase eine Bifokalbrille. Genau wie in den Filmen der guten alten Zeit.’ Aus Charles Bukowski: ‘Fuck Machine’, Fischer Taschenbuch 1991, S. 47″, Stephan Wallis (Stuttgart); “In Dr. F. Schoedlers ‘Buch der Natur’ (1865) gibt es eine gewiß prophetisch auf F. Schirrmacher bezogene Aussage: ‘Zwar die Organe sind noch vorhanden, aber jede Thätigkeit ist erloschen; die Aufnahme der Nahrung, die Umbildung derselben, das Wachsthum — Alles steht still.'”, Helge Möhn (Sonnenbühl); “Anthony Burgess, ‘Der Fürst der Phantome’, Seite 856:

und die ganze Zeit so weiter, es ist ein Festessen für Kulturbulimiker. Moby-Dick™, der, die oder das Fachweblog für dreist abkopiertes Schriftgut, Nutzungsrechtemissbrauch und fan-generated content, ruft deshalb in Anlehnung daran auf:

Finden Sie Stellen in Medien und Literatur, in denen unzweifelhaft Kapitän Ahab verunglimpft wird! (Außer in Moby-Dick, Sie Schlauberger.)

Als Preis gibt es wie immer irgendwas zu lesen, das ich schon lange rausschmeißen wollte.

Bild: Frank Schirrmacher bei Three Towers;
Melville-Ausschnitt: Kapitel 3: Das Gasthaus “Zum Walfänger”,
Übersetzung Matthias Jendis.

Written by Wolf

7. May 2008 at 12:55 pm

Posted in Mundschenk Wolf

Bitte gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu gratulieren

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Das geht einem Haufen Leute in meinem Alter so. Trotzdem danke.


Hildegard Knef: Der alte Wolf, aus: Ich bin den weiten Weg gegangen, 1974.

Written by Wolf

6. May 2008 at 12:01 am

Posted in Kommandobrücke

A Tail of a Whale

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Update zu Urlaub vom Walfang:

Vorschlag für die Blogroll der Fluke:

Da bläst er jetzt hoffentlich mal nicht:


Fluke Mellard San Francisco Bay, 15. September 2007

Bilder: Whale Tail;
Humpback whale tail by the Farallons in the San Francisco Bay Area, California by Mellard, 15. September 2007.

Whale Tail Header

Written by Wolf

3. May 2008 at 12:01 am

World of toil and trouble

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Update zum Tag der Arbeit zu While some folks row way up to heaven I’m gonna sing the pirate’s gospel:

Uncle Tupelo, No Depression, 1990. Cover1936 arbeitete die Carter Family die Weltwirtschaftskrise in einem Lied namens No Depression in Heaven auf. 2:53 Minuten, die einfach nur nach Hoffnung klingen. Dafür muss Musik gut sein: als Lichtlein in Wenn du meinst es geht nicht mehr. Das knallt in die allfällige Depression, die im Wirtschaftsleben und mit dem feinen Doppelsinn des Wortes deutlich genug innerhalb zahlreicher Einzelpersonen stattfindet. Man möchte ihnen heute noch die Hand dafür schütteln.

1990 nahmen sich Uncle Tupelo aus der Erkenntnis, dass in Amerika erneut Verhältnisse wie 1936 herrschten, des Liedes an. Und Donnerwetter, No Depression (ohne in Heaven) klingt noch viel besser. Energischer, treibender, raubauziger, nicht so tranig dahingezogen, und setzt einer Depression viel trotziger etwas entgegen: zweideutige, aber deutliche Worte, einen Ohrwurm mit dem Zeug zum Volksgut, ja sich selbst.

Nach diesem einen Lied ist die ganze Musikrichtung No Depression benannt, die gern auch alt.country heißt. Die Band weist allerdings den Ehrgeiz von sich, eine Musikrichtung einläuten zu wollen; vielmehr haben sie ihren Beitrag zu traditionellen Spielweisen geleistet: Carter Family, Woodie Guthrie, Willie Nelson und wie sie alle heißen. Man empfinde sich weder als Punk noch Revolution, wolle einfach die Musik weitermachen, die sich als gut herausgestellt hat. Dass 1995 danach eine zweimonatliche Musikzeitschrift entstand (An Introduction to Alternative Country Music. Whatever That Is), die bis 2008 ungewöhnlich lange für derlei Organe durchhielt, war trotzdem okay.

Was daran so zweideutig ist: Soll eine Aussage wie “Ich gehe dahin, wo keine Depression herrscht, verlasse diese Welt voller Müh- und Drangsal, meine Heimat ist im Himmel und da geh ich jetzt hin” von hoffnungsfrohem Aufbruch ins gelobte Land künden — oder ist das schon düstere Koketterie mit der Todessehnsucht, ja die Verherrlichung von Selbstmord? — Aus der Entscheidung halte ich mich wie immer vornehm raus, aber ich höre eine herzvergnügte Melodie auf dem Text herumhüpfen.

Konzertplakat Uncle Tupelo, ca. 1990Ich weiß noch, wie die Version von Uncle Tupelo zum ersten Mal im Radio hörte und eher zufällig auf Kassette erwischte. Das war mal, ihr Jungfröschlein, nicht nur ein beliebter Sport unter Musiknerds, sondern die Methode, sich Lieder anzueignen: sie zufällig am Radio mitzuschneiden. Der Gipfel der Technik war das Überspielkabel (oder ein Ghettoblaster mit Kassettendeck), die Katastrophe ein Moderator, der sein eigenes Dummgesabbel für wichtiger als Musik hielt. Mein Haussender war jedoch das Erlanger Radio Downtown, das seine Lieder gern ausspielte, obwohl es sich die Frequenz mit Radio Z teilen musste. Kein Wunder, dass es 1995 pleite ging. Nicht herauszufinden war jedoch, von wem das Lied war, die leiernde Scotch C90 schwieg sich aus. Dabei musste man dankbar sein, dass sie es überhaupt ein paar Jahre tat. Band, Text und Geschichte erschlossen sich erst in Zeiten des Internets aus einer nicht ganz so vernuschelten Textzeile.

Was man ihr gar nicht zugetraut hätte: Auch Sheryl Crow, die einst von klinischen Depressionen heimgesucht wurde, hat eine Version gemacht, gar nicht schlecht, die der Carter Family näher steht als Uncle Tupelo (und auf keiner ihrer CDs erscheint). Das hört man erstens, und heißt zweitens mit dem ursprünglichen vollen Namen No Depression in Heaven.

Was das nun wieder mit Moby-Dick zu tun hat? Nu, hören Sie einfach mal genau hin. Das erste Kapitel kennen Sie: “whenever it is a damp, drizzly November in my soul; whenever I find myself involuntarily pausing before coffin warehouses, and bringing up the rear of every funeral I meet; and especially whenever my hypos get such an upper hand of me, that it requires a strong moral principle to prevent me from deliberately stepping into the street, and methodically knocking people’s hats off” — dann geht man entweder zur See oder schickt eine CD im Kreis herum, die als Lebenshilfe taugt. Außerdem ist das Zeug zutiefst amerikanisch in jenem Sinne, den man nur liebhaben kann.

Das ist eine Bereicherung für das Lagerfeuerrepertoire aller bierseligen Klampfisten (kein Problem, es sind nur die üblichen drei Griffe), und Idgie Threadgoode muss dazu mit einer Bottel Jackie in der Hand in aufgekrempelten Latzjeans — und zwar auf Terz! — krähen:

1. For fear the hearts of men are failing,
For these are latter days we know
The Great Depression now is spreading,
God’s word declared it would be so.

Refrain: I’m going where there’s no depression,
To the lovely land that’s free from care.
I’ll leave this world of toil and trouble,
My home’s in Heaven, I’m going there.

2. In that bright land, there’ll be no hunger,
No orphan children crying for bread,
No weeping widows, toil or struggle,
No shrouds, no coffins, and no death. — Refrain

3. This dark hour of midnight nearing
And tribulation time will come
The storms will hurl in midnight fear
And sweep lost millions to their doom. — Refrain

Und Tribulation heißt Trübsal.

Bilder: Cover Uncle Tupelo: No Depression, 1990, nach Tracing alt.country;
Konzertplakat der viertbesten Country-Band 1994: The Gumbo Pages.


Bonus Track: Carter Family: Can the Circle Be Unbroken (By and By), 1935
mit Bildern aus der Great Depression 1928–1939.

Written by Wolf

1. May 2008 at 12:01 am

Posted in Rabe Wolf