Moby-Dick™

Leben mit Herman Melville

Archive for December 2006

Die Seeräuber-Jenny: Ein moderndes Frauenschicksal

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Halten wir zum wiederholten Male fest: Auf der Pequod finden keine Frauen statt, und das ist gut so. Frauen auf Schiffen bringen Unglück, und damit der Binsen noch mehr sind: Am besten machen sie sich, wenn sie von der Hafenmauer winken.

Zwei gab es, die haben es probiert: Anne “Providence” Bonny und Mary Read. Das ging böse aus.

Und eine gab es, die gab es gar nicht: Die Seeräuber-Jenny ist allenfalls eine Ballade von Polly Peachum, und die ist ein Konstrukt aus der Dreigroschenoper, und die ist ein Remake von der Beggar’s Opera. Die sich (wie Nada Njiente) für sie halten, machen (wie Rita Mae Brunette) ihre Arbeit nicht ordentlich, und die es (wie Lotte Lenya) fast geschafft hätten, sind tot. Und zuvor sind sie als rausgewachsenes Bond-Girl geendet.

Die es nach einer dermaßen traurigen Bilanz (wie Grace Margaret Mulligan) immer noch versuchen, dürfen sich nicht wundern, wenn sie gleichzeitig bedienen, studieren, rauben, morden und einen Windjammer befehligen müssen.

Aber ein Wort wie Getös ist es wert.

Seeräuber-Jenny in der nächsten Whiskybar

Written by Wolf

31. December 2006 at 3:13 am

Posted in Mundschenk Wolf

Bücherliste 3:00

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Selten, ganz arg selten erwachsen in mir Zweifel, warum ich mir seit August mit der Bücherliste nebenan so einen abbreche. Zum Beispiel dann, wenn andere Leute die erste Hälfte davon in drei Minuten meistern.

Lebenslang lesen

Written by Wolf

30. December 2006 at 5:26 am

Posted in Moses Wolf

Captain’s Blues

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Meine eigene Hütte sollte
immer aussehen wie
war natürlich nicht zu machen
Captain Ahabs Kajüte.

Bislang hat’s gereicht für
einen Kompass der
die Windrose aus Fliesen im
fensterlosen Bad ausrichten half.

Eine sagte dazu: Na wenn’s dir sonst danke geht
die nächste: was ich für einem Patriarchenscheiß
die dritte: was ich für einem Lausbubenscheiß
obläge und ob’s mir noch danke geht.

Ich hab immer langsam gelebt.
Wenn nichts dazwischenkommt
werd ich noch richtig
steinalt.

The Smell

Written by Wolf

27. December 2006 at 2:21 pm

Posted in Wolfs Koje

Jahresendmeeressäugetiereschwanzflossenfigur

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Leben mit Melville: Die engelförmige Kerze von Muttern sieht aus wie ein in den Tisch gerammter Wal, wenn ihr der Kopf abgefackelt ist (der Kerze, nicht der Mutter). Wenn man dann noch zwei eierförmige Kerzen davorstellt und alles in Flammen steckt, hat man eine freudianische Schulhofalberei. Whatever happened to the Heilige Nacht. Jetzt weiß ich endlich, warum Moby-Dick Moby-Dick heißt.

Gell, da bläst er

Written by Wolf

25. December 2006 at 5:39 pm

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Joachim Ringelnatz: Die Weihnachtsfeier des Seemanns Kuttel Daddeldu

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Mein Haus-, Hof-, Leib- und Magenheiliger Joachim Ringelnatz, der alte Seebär, tat ja immer sowas von unsentimental. Walter Giller, mit dem mich nicht viel mehr als die Initialen verbindet, hat diese Ballade, gegen die sich die gleichnamige Kategorie von Schiller wie eine Sammlung Büttenreden ausnimmt, mal im Fernsehen vorgetragen. Das war in den Siebzigern, als es noch große Fernsehmomente zu erleben gab. Man mag jene Zeiten bedauern oder belächeln, in denen unter Fernsehunterhaltung verstanden wurde, dass ein Anzugträger ein Gedicht aufsagt, aber Herrn Gillers leicht kratziger Bierbass war genau richtig. Hinterher war wieder Fernsehballett.

Das schenk ich allen Fans von Moby-Dick zu Weihnachten. So wesensfremd können Melville und Ringelnatz ja nicht gewesen sein. – Halleluja mitsammen.

Die Weihnachtsfeier des Seemanns Kuttel Daddeldu

Die Springburn hatte festgemacht
Am Petersenkai.
Kuttel Daddeldu jumpte an Land,
Durch den Freihafen und die stille heilige Nacht
Und an dem Zollwächter vorbei.
Er schwenkte einen Bananensack in der Hand.
Damit wollte er dem Zollmann den Schädel spalten.
Wenn er es wagte, ihn anzuhalten.
Da flohen die zwei voreinander mit drohenden Reden.
Aber auf einmal trafen sich wieder beide im König von Schweden.

Daddeldus Braut liebte die Männer vom Meere,
Denn sie stammte aus Bayern.
Und jetzt war sie bei einer Abortfrau in der Lehre,
Und bei ihr wollte Kuttel Daddeldu Weihnachten feiern.

Im König von Schweden war Kuttel bekannt als Krakehler.
Deswegen begrüßte der Wirt ihn freundlich: »Hallo old sailer!«
Daddeldu liebte solch freie, herzhafte Reden,
Deswegen beschenkte er gleich den König von Schweden.
Er schenkte ihm Feigen und sechs Stück Kolibri
Und sagte: »Da nimm, du Affe!«
Daddeldu sagte nie »Sie«.
Er hatte auch Wanzen und eine Masse
Chinesischer Tassen für seine Braut mitgebracht.

Aber nun sangen die Gäste »Stille Nacht, Heilige Nacht«,
Und da schenkte er jedem Gast eine Tasse
Und behielt für die Braut nur noch drei.
Aber als er sich später mal darauf setzte,
Gingen auch diese versehentlich noch entzwei,
Ohne daß sich Daddeldu selber verletzte.

Und ein Mädchen nannte ihn Trunkenbold
Und schrie: er habe sie an die Beine geneckt.
Aber Daddeldu zahlte alles in englischen Pfund in Gold.
Und das Mädchen steckte ihm Christbaumkonfekt
Still in die Taschen und lächelte hold
Und goß noch Genever zu dem Gilka mit Rum in den Sekt.
Daddeldu dacht an die wartende Braut.
Aber es hatte nicht sein gesollt,
Denn nun sangen sie wieder so schön und so laut.
Und Daddeldu hatte die Wanzen noch nicht verzollt,
Deshalb zahlte er alles in englischen Pfund in Gold.

Und das war alles wie Traum.
Plötzlich brannte der Weihnachtsbaum.
Plötzlich brannte das Sofa und die Tapete,
Kam eine Marmorplatte geschwirrt,
Rannte der große Spiegel gegen den kleinen Wirt.
Und die See ging hoch und der Wind wehte.

Daddeldu wankte mit einer blutigen Nase
(Nicht mit seiner eigenen) hinaus auf die Straße.
Und eine höhnische Stimme hinter ihm schrie:
»Sie Daddel Sie!«
Und links und rechts schwirrten die Kolibri.

Die Weihnachtskerzen im Pavillon an der Mattentwiete erloschen.
Die alte Abortfrau begab sich zur Ruh.
Draußen stand Daddeldu
Und suchte für alle Fälle nach einem Groschen.
Da trat aus der Tür seine Braut
Und weinte laut:
Warum er so spät aus Honolulu käme?
Ob er sich gar nicht mehr schäme?
Und klappte die Tür wieder zu.
An der Tür stand: »Für Damen«.

Es dämmerte langsam. Die ersten Kunden kamen,
Und stolperten über den schlafenden Daddeldu.

papiertheater.eu

Written by Wolf

24. December 2006 at 6:00 pm

Aus aktuellem Anlass: Eine Reise ins Heilige Land

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Update zu Alles Clarel:

Der Tod friert ein, der Schlaf taut auf.
Herman Melville: Clarel

Transeamus usque BethlehemWäre mir auf die Schnelle gar nicht aufgefallen: Die verdienstreiche Neuübersetzung von Clarel ist in Erstauflage mit 1500 Stück erschienen. So mitleidig Melvilles Landsmann Stephen King da grinst, sind das trotzdem 454 Prozent Steigerung gegenüber der Erstauflage des Originals. Von wegen der Tod friert ein.

Written by Wolf

23. December 2006 at 2:45 pm

Posted in Rabe Wolf

Walskelette gucken

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Hang 'em highTalking of Ostfriesland: Was nicht mal die Wiki kennt, versteckt sich seit 10. Dezember (2006…) in den hiesigen als Spam eingestuften Kommentaren: Im Borkumer Heimatmuseum Dykhus haben sie ein Pottwalskelett. Und sie sind bei weitem nicht die einzigen damit. Mit dem Pottwalpenis als Feuchtpräparat und Dermatoplastik stehen sie dagegen so ziemlich als einzige da – was man ihnen auch gönnen möchte.

Die Borkumer Fotos zum Beispiel, wie die ganze Internetpräsenz, sehen etwas hausbacken aus – aber erstens ist das irgendwas zwischen historisch und nostalgisch, zweitens gerade deswegen vertrauenerweckend, und drittens wird das demnächst in (vor allem, wenn in Europa der Stinkebonken knapp wird und die Leute wieder Sachen zu schätzen wissen, die man weder in der Wiki noch alle Tage in Ebay findet).

Written by Wolf

22. December 2006 at 2:18 am

Posted in Moses Wolf

Meinten Sie: Stinkbomben

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Holland ist vielleicht doch mehr als ein ins Groteske verzerrtes Ostfriesland. Sogar Watteninseln haben sie. Mit Walvisvangers drauf. Und einem Museum, das eine Ausstellung über dieselben macht: Voor traan, vet en stinkebonken. Noch bis 28. Oktober 2007.

Vor lauter Schönheit und Angst vor der letzten Entzauberung traut man sich gar nicht nachzuschlagen, was stinkebonken bedeutet.

Written by Wolf

21. December 2006 at 3:01 am

Posted in Moses Wolf

End of the Struggle, Ende von Wal

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Wenn man heute von kämpfenden Walen hört, haben sie meistens verloren. Der Eden-Wal (Bryde’s whale) von Kota Kinabalu (Borneo) ist nun auch in die ewigen Fischgründe eingegangen, und keiner hat’s gewollt.

Written by Wolf

20. December 2006 at 1:18 am

Posted in Meeresgrund

Kapitel 16: Sailor, can you hear the Pequod’s sea wings?

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Elke hat alles mögliche gelesen und weiß:

Elke HegewaldOh ja, dieses sechzehnte Kapitel verdient die Ehrfurcht, die es gebietet. Es hat was zum Dran-Herumzausen und verbindet sich mit einer diffusen Erwartung, die zunehmend in einem selber rumort und sich schwer artikulieren lässt…

Ich für meinen Teil wurde beim Anblick dieses “Kannibale[n] unter den Schiffen, der sich mit den erjagten Gebeinen seiner Feinde schmückt” (S. 133), von einer wahren Sturmflut an Bildern heimgesucht, die aus meinem Kopf, meinem Bauch oder von sonstwoher kamen. Eine ganze Schiffsflotte segelte da tollkühn am Horizont entlang. Travens “Totenschiff” nur eines davon – in illustrer, gruselig-unheilvoller Gesellschaft. Der Schatten eines mit wilden Trophäen geschmückten Wikingerschiffes (das des wüsten Thorkill-Hake?) spukte mir ebenso durch den Sinn wie Charon, der Fährmann des Totenreichs der alten Griechen oder Wilhelm Hauffs Geschichte von dem Gespensterschiff.

Westwärts WikingGanz vorne auch der verfluchte Fliegende Holländer, der bis zum jüngsten Tag in Sturm und Flaute über die Meere jagt, wie nicht nur Heines Herr von Schnabelowopski bereits wusste. Sind sie nicht alle – jedes auf seine Weise – vom Hauch des Todes, von einer düsteren Unausweichlichkeit des Schicksals und/oder dem Fluch und der (Ohn)macht ihrer Kapitäne umweht, die ihre Besatzungen in selbiges mitreißen?

Nicht zu vergessen Davy Jones, die Mutation des Flying Dutchman, dessen Legende neben anderen der Erfinder der amerikanischen Kurzgeschichte Washington Irving Leben einhauchte. In seinen Adventures of the Black Fisherman nämlich.

Besagter Davy Jones treibt übrigens auch in Fluch der Karibik 2 mit seinem sinnigerweise eben Flying Dutchman benannten Schiff sein Unwesen. Sollte es noch der Erwähnung bedürfen, dass er ein Holzbein trägt und für viele Seeleute ein Symbol für den Teufel des Meeres ist, um meine ausufernden Gedanken um die Pequod und Käpt’n Ahab zu entschuldigen und den Bogen zurück zu schlagen? Na gut, für den, dem das nicht genügt, hier noch eine gängige Deutung des Nachnamens von Davy Jones: er könnte auf den Propheten Jona hinweisen, dessen Geschichte in und um den Wal für Seeleute Unglück bedeutet, woran wir uns dunkel aus Vater Mapples Predigt erinnern.

Mhja, der geheimnisvolle und unsichtbare Käptn Ahab – aus mehr oder weniger unklar angedeuteten Gründen abwesend. Obwohl: Für den Leser ist er das eigentlich gar nicht. Seine gewichtige Präsenz wird ja von Peleg und Ismael geradezu herbeigeredet. Und – schau an! – dieser Kapitän Peleg, schlitzohrig und geschäftstüchtig, hält doch tatsächlich mit Wärme ein Plädoyer ganz eigener Art auf Ahab. Dabei dringt ihm eine verschrobene Sympathie und Verehrung aus allen Knopflöchern, für diesen unheimlichen Sonderling, unter dem er einst Steuermann war. Er nennt ihn aus Überzeugung einen guten Menschen, gottlos und gottgleich in einem, voller Schwermut und Wildheit, mit Weib und Kind, und trifft damit weise wohl ziemlich genau den Grat zwischen seiner Menschlichkeit und der Tragik seines krankhaft-fanatischen Stolzes. “Denn alle tragischen Männer gewinnen ihre Größe durch etwas Krankhaftes in ihnen”, sagt Melville (S. 140). Und manchmal fürchtet man, er könnte Recht haben…

Selbst Peleg gewinnt während seiner Ansprache an Ismael an Menschlichkeit; er sucht ihm und sich das unheildrohende Orakel um Ahab und seinen Namen auszureden. Und in seinem fast rührenden Eifer wird eben jener Ahab zu diesem wohlbekannten, sehr menschlichen Wesen, dem zwei Seelen wohnen, ach, in seiner Brust.

Fliegende GespensterSchade, nun kommen mir hier wohl die beiden Quäker mit den biblischen Namen, jeder für sich seine eigene Legende, etwas zu kurz. Dabei hätten sie ein würdiges Plätzchen hier durchaus nochmals verdient, nicht nur wegen der hintergründigen Bibelsymbolik, der versteckten Gleichnisse darin und dem Anspielungen aus der Bergpredigt vor sich hin murmelnden Bildad.

Man möchte gern noch ein bisschen in der wechselvollen und nicht widerspruchsfreien Geschichte der Society of Friends, der “Fighting Quakers”, wie Melville sie zweideutig nannte, kramen. Nun ja…

Doch zumindest scheint es mir angebracht, auf das auch von Jendis/Göske (Seite 945) erwähnte Gedicht The Quaker Graveyard of Nantucket des zweifach pulitzerpreisbekränzten Robert Lowell zu verweisen, mit dem dieser Melvilles Darstellung der Quaker sailors, Ahabs Pequod und Moby-Dick ein Denkmal setzte:

… They died
When time was open-eyed,
Wooden and childish; only bones abide
There, in the nowhere, where their boats were tossed
Sky-high, where mariners had fabled news
Of IS, the whited monster. What it cost
Them is their secret. In the sperm-whale’s slick
I see the Quakers drown and hear their cry:
“If God himself had not been on our side,
If God himself had not been on our side,
When the Atlantic rose against us, why,
Then it had swallowed us up quick.

Der flatternde Herzogenauracher

Written by Wolf

19. December 2006 at 4:18 am

Posted in Steuerfrau Elke

Ab heute neu in der Blogrolle:

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Die so dicke Bretter wie wir bohrenden Kollegen (vielleicht, ja nahezu sicher, sind es auch Kolleginnen) von den Projekten:

Lewis Carroll: Alice In Wonderland, das zu jedem Kapitel beider Bände wissenschaftlich benutzbare Essays dort aufführt, wo man sie braucht (englisch); in der Blogroll am 20. Februar 2007 umgelinkt auf alice-in-wonderland.net, da findet man das gleiche, nur über Umweg;

John Milton: Paradise Lost, das fast mehr zum Werk aufführt, als man je wissen wollen wird (auch englisch, logisch) (Vorsicht Bürosurfer: Da bricht umgehend ein Heidenkaracho los);

Marcel Proust: A la recherche du temps perdu, das einem das Lesen von 5000 Seiten pathologischer Langeweile erspart, darin dem Moby-Dick-2.0-Projekt am nächsten verwandt: gleich zwei Weblogs über die Lesereise im Bauch des Wals von einem Buch, beide schon länger nicht mehr upgedatet, was uns eine Lehre sein sollte (alles davon englisch, was im Falle Proust schon nicht mehr ganz so selbstverständlich ist).

Auf die Gefahr hin, der der ansonsten zutiefst verwerflichen Selbstreferenzialität von Weblogs anheim zu fallen: Hey – Menschen beschließen, bis auf weiteres sehr tiefe Gedanken und einen großen Haufen Arbeit auf ein altes Buch zu verwenden. Sie schließen sich dafür zusammen und tauschen sich mit den jeweils modernsten Mitteln der Technik darüber aus, die sich schnurrige Printleser leisten können. Was soll das noch von Meditation unterscheiden, von quasireligiöser Arbeit an jenem rauhen Stein, der die Seele ist? Und solang wir das noch machen, wird die Welt nicht zwangsläufig gerettet, aber schon gar nicht vollends verrottet sein.

Ingres, La Grande Odalisque, Louvre, Paris, 1814

Written by Wolf

17. December 2006 at 8:59 am

Posted in Kommandobrücke

Der Fall Moby Dick

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Relaunch 15. Dezember 2006:

Humphrey WeyershausenIm Hannoveraner Comic-Magazin Ilsemann, heute nur noch bekannt im Zusammenhang mit RRAAH!, erschien irgendwann in den 1990er Jahren eine zweiseitige Geschichte mit der Rottecker Katze von Karsten Weyershausen – das ist der mit dem Horst –, die mit Elementen aus Moby-Dick und Black Series spielt.

Zur Version, die ich unten ungekürzt präsentieren darf, sagt der Künstler:

Ich hab die Seiten damals mit einer Schmuckfarbe versehen, konnte die Dateien aber lange Zeit nicht finden – bis gestern. Diese Version bedeutet also quasi eine Erstveröffentlichung.

Premiere auf Moby-Dick 2.0 – wir machen uns. Der Fall Moby Dick ist somit an dieser Stelle die erste und bis auf weiteres einzige Veröffentlichung seiner selbst. Danke an den Vereinskollegen!

Written by Wolf

15. December 2006 at 11:33 am

Kapitel 16: Das Schiff trägt keine Seewölfe

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Speaking words of wisdomEin großes Kapitel, alles was recht ist. Eigentlich mindestens drei. So gesehen kein Wunder, dass man wochenlang so misstrausisch außenrum schleicht… Gelesen hat man’s ja bald, es liest sich sogar ausgesprochen süffig – aber was Kluges drüber zu sagen ist nochmal ein ganz anderes Unterfangen: Man stinkt ja so leicht dagegen ab. Ist es Zufall, dass einer der beiden verdienstreichen Volltexte in Weblog-Form ausgerechnet mit dem 16. Kapitel abgebrochen wurde? (Weiterhin online steht Moby Dick By Herman Melville.)

Gegen Melville abstinken kann keine Schande sein, also was soll die Schüchternheit. Machen wir’s mal extra realschülermäßig.

Was erfahren wir? – Erstens die Pequod. Ein Totenschiff ist sie sichtlich. Was uns dazu einfallen darf: B. Traven, Das Totenschiff, 1959 verfilmt mit Horst Buchholz, Mario Adorf und Elke Sommer, über das Traven vielleicht ohne Anklang an die Pequod schreiben konnte, aber nicht ohne an sie zu denken – und dann bitte wieder etwas gezügeltere Bahnen.

Zweitens: Die Schiffseigner Captain Peleg und Bildad veranstalten mit Ismael ein Good-Cop-Bad-Cop-Spiel, damit er dankbar ist, überhaupt den 300. Teil vom Gesamtumsatz zu bekommen, was ja über 100% mehr als der zuerst veranschlagte 777. Teil ist (woher eigentlich die schiefe Zahl? Eine Reminiszenz an die Number of the Beast aus der Bibel?) – und dann bitte wieder mehr Text und weniger unbegründete Textaufgaben.

Drittens: Captain Ahab ist ein sehr kluger, weitgereister, respektabler Mann, noch bevor er überhaupt auftritt – und ein glücklicher noch dazu, weil er trotz einer schweren Körperbehinderung in einem Beruf, der aus Körpereinsatz ja geradezu besteht, bei seinen Vorgesetzten derart gut angeschrieben ist. Am spannendsten fand ich im Jendis/Göske (Seite 946 f.), dass Ahabs biblischer Namensvater nach heutigem Maßstab kein rein verworfener Teufelsbraten, sondern ein ausgesprochen fähiger Staatsmann gewesen sein muss. Oder sieht man an beiden Umständen doch nur, wie sehr in den letzten paar tausend Jahren die Ansprüche an Führungskräfte gesunken sind?

Und dann: Ahab als Miltonscher Satan. Das ist eine dermaßen verlockende Parallele, dass man sich gar nicht einzulesen traut… Kommt noch, kommt noch…

Je länger man das ganze Kapitel vor sich herschiebt, desto mehr wächst mit dem Zugzwang der Respekt.

Written by Wolf

12. December 2006 at 4:02 am

Posted in Steuermann Wolf

Große, fette Wale zu Oldenburg

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Der Pottfisch, so Jonam verschlungen Die Landesbibliothek Oldenburg präsentiert noch bis zum 27. Januar 2007 eine Ausstellung über die Geschichte des Walfangs in Drucken des 15. bis 21. Jahrhunderts.

Ich würde ja zügellos gerne sogar bis in die bedeutende Walfangstadt Oldenburg fahren, schon allein um mal einen Walfangdruck aus dem 21. Jahrhundert zu sehen oder gar Arbeitslieder der Tiefwassermatrosen auf frachttragenden Großseglern des 18. und 19. Jahrhunderts a capella zu hören; ich finde sowas ja schnulli. Aber mach was gegen landrattige Sachzwänge.

Der Eintritt ist frei.

Written by Wolf

8. December 2006 at 12:10 pm

Posted in Meeresgrund

Reden wie die Rüpel

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Arrrrr bis Yo-HoWas man oft auf teils zwanghafte, teils unbeholfene Weise sowieso tut, kann systematisch trainiert werden. Das einzige, was mich daran wundert: dass kein Deutscher drauf gekommen ist. Hoffentlich haben wir das bis 19. September ordentlich gelernt.

Written by Wolf

6. December 2006 at 12:54 am

Posted in Mundschenk Wolf

Der Pinguin als Speise. Und als Film.

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Und treu sind sie auchLeben mit Melville: Werbeblogger diskutieren von sonderbaren Umtrieben in Studentencommunities ausgehend über das Pinguinbild bei Herman Melville. Schon erstaunlich.

And truly neither fish, flesh, nor fowl is the penguin; as an edible, pertaining neither to Carnival nor Lent; without exception the most ambiguous and least lovely creature yet discovered by man. Though dabbling in all three elements, and indeed possessing some rudimental claims to all, the penguin is at home in none. On land it stumps; afloat it sculls; in the air it flops.

Aus: The Encantadas, Sketch Third: Rock Rodondo, 1854.

Oder in der Übersetzung von Richard Mummendey:

Und tatsächlich, weder Fisch noch Fleisch noch Geflügel ist der Pinguin, und als Speise weder zum Karneval noch zur Fastenzeit gehörend, zweifellos das zweideutigste und am wenigsten ansprechende Tier, das der Mensch je entdeckt hat. Obgleich der Pinguin sich in allen drei Elementen herumtreibt und tatsächlich einige verkümmerte Ansprüche an alle drei hat, ist er in keinem zu Hause. Auf dem Lande watschelt er, im Wasser paddelt er, und in der Luft plumpst er herunter.

So spaßig das gesagt ist, hat Melville offenbar seine Wikipedia nicht gelesen. Eine ehrbar zusammengereiste Meinung ist es immerhin. Dafür bedient sich der neue Pinguinfilm frech beim Oscarpreisträger des Vorjahres.

Written by Wolf

5. December 2006 at 2:59 am

Kapitel 16: Das Schiff

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Steffi hat gelesen und gelernt:

Stefanie Drecktrah“… wenn er auch schrecklich geschlagen und verwüstet sein mag, so hat Ahab doch seine menschlichen Seiten.” (S. 150)

In diesem Kapitel nähern wir uns also einer weiteren wichtigen Hauptperson: der Pequod. Ismael beschreibt sie uns ausführlich, macht uns klar, wie einzigartig sie ist und wie sehr sie sich von den anderen Schiffen unterscheidet, er nennt sie die Kannibalin unter den Schiffen und in der Tat ist sie mit ihrem Schmuckwerk exotisch und im Wesen fremd. Und doch vertraut, alteingesessen, nach einem ausgestorbenen Indianervolk benannt und dadurch mit schlechtem Omen? Ismael zieht Vergleiche aus dem wahrhaft großen Kulturerbe Europas und verweist damit doch auf die dunklen Seite der Geschichte, auf Kreuzzüge, Mord und Verrat.

Eine Kannibalin unter den SchiffenIch wünschte, ich hätte einen unverhangenen Blick auf diese Atmosphäre, wüsste nicht, was das Schicksal dieses Schiffes ist, denn dann hätte ich sagen können, ob ich es wirklich so düster und bedrohlich fände, wie es mir jetzt scheinen soll. Nein, die Pequod umweht in der Tat ein Odem von Abenteuer und Tod und ich weiß nicht so recht, warum Ismael immer davon ausgeht, dass es das richtige für die beiden ist. Ich denke, er folgt damit der Verabredung mit dem Schicksal, das es zu erfüllen gilt.

Melville gibt in diesem Kapitel auch herrlich deutlich wieder, was es mit der (Doppel-)Moral der Quäker auf sich hat. Ehrlich gesagt muss ich bei Quäker immer an einen Film mit Anthony Perkins denken, in der er als Quäkersohn hin– und hergerissen ist zwischen religiöser Pflichterfüllung – Friedfertigkeit bis zur Selbstaufgabe – und dem Wunsch, beim Bürgerkrieg seinen Mann zu stehen.

Diese religiöse Bewegung imponierte mir damals sehr, zumal das Dogma auch herrlich kommentiert wurde, als die Mutter ihrer geliebten Gans – ihrer “Freundin” – zu Hilfe eilt, als es droht, von den Soldaten in den Kochtopf gesteckt zu werden. Ansprüche schön und gut, aber ein Wert wie Freundschaft stand in diesem Fall doch höher.

Genug davon. Quäker sind Pazifisten, lieben den Frieden und würden niemals die Waffe gegen einen Menschen erheben – ich war mir nie bewusst, dass diese Friedfertigkeit zu Tieren bei Gänsen aufhört, die quasi zur Familie gehören. Viele der Seeleute, die auf Walfang gingen, waren Quäker und schienen dabei keine Probleme mit der Vereinbarkeit ihrer Religion zu sehen.

Die beiden Quäker, die wir dabei kennen lernen, fügen sogar noch einen Funken Theaterspiel hinzu, spielen eine Posse, um dem Grünschnabel im Anteil zu drücken. Ich glaube nicht, dass der anfängliche Geiz (nur der 777. Teil) und der Gegenrede des Miteigeners (300. Teil) tatsächlich echt war. Mir erschien es zu theatralisch und aufgeplustert, als dass ich überzeugt wäre. Immerhin ließ sich Ismael mit der Methode von seinen eigentlichen Ansprüchen auf den 275. Teil sehr einfach drücken, ohne dass tatsächlich verhandelt wurde. Ganz schön gerissen, diese Quäker.

Im Ausklang des Kapitels wird weiter an einem Mythos gestrickt, der einen wirklich revueverdächtigen ersten Auftritt verspricht: Kapitän Ahab wird beschworen, als Geist an die Wand gezeichnet und als Führer in den Himmel gelobt. Natürlich weiß unser Peleg von der Schwermut, der Verrücktheit und glaubt doch, dass sich das alles auf der Fahrt – quasi an der frischen Luft – schon legen wird, schließlich hat er Frau und Kind, das sollte doch Grund genug sein, die Schwermut abzulegen. Ja, Ahab wird schon vor seinem ersten Erscheinen dem Normalsterblichen entrückt. Er ist nicht krank und nicht gesund; einer der ganz großen Kapitäne, weitgereist, in der Universität studiert und unter den fremden Völkern gebildet; er hat mehr Wunder gesehen, als jeder andere und doch ist er gezeichnet und – wie wir wissen – für immer verändert.

Es wird hier ein großer Auftritt vorbereitet und ich bin gespannt darauf.

Written by Wolf

5. December 2006 at 1:26 am

Posted in Steuerfrau Steffi