Moby-Dick™

Leben mit Herman Melville

Archive for the ‘Galionsfigur’ Category

Die Ladies ohne Background

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Update zu Further Etching, Das Lied vom blauen Korsaren,
Merry crisis and happy new fears und Be Several Mitreisende:

Christina Dichterliebchen hat einen Gig aufm Vorderdeck; irgendwas zwischen Lisa Hannigan und dem Background bei Loreena McKennitt:

Christina Dichterliebchen hat einen Gig aufm Vorderdeck

Und wenn im Wind die Segel flattern,
hörstu in den Wanten eine Windsbraut rattern!
Steife Brise, weh!
Großmast, steh!
Matrosen, stecht in die tiefe, feuchte See!


Lisa Hannigan: Lille, live 17. Juni 2008;
Loreena McKennitt ohne Background: The Lady of Shalott, live ca. 1994.

Written by Wolf

18. March 2012 at 12:01 am

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American Notes for General Circulation

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Update for All that we see or seem:

Christina Dichterliebchen has no Great Expectations to her job:

Carl Barks, Onkel Dagobert“Your birthday? Today? Really? So you share it with Charles Dickens. It’s his twohundreth birthday today.”

“Do I? That’s called a bicentennial. What do you share with him?”

“Not too much, sir, I’m German.”

“No matter, I’m not British either. I’m American, and we did most of his bonnet movies.”

“I wouldn’t even know him if it wasn’t for all your bonnet movies. So it’s still his initials that I share.”

“C for Charles or Christina, D for Dickens or… how d’ya pronounce it? Dick-ter-lybe-ken?”

“Liebchen, that’s right, sir. You’re doing fine, talking German.”

“That’s plenty, young lady. My congratulations.”

“And to you, sir.”

“Ah, and my uncle is Scrooge.”

“Happy birthday to both of thee.”

Image: Carl Barks, first-ever panel featuring Uncle Scrooge McDuck in: Christmas on Bear Mountain (Weihnachten auf dem Bärenberg; Die Mutprobe), 1947, in Jürgen Overkott: Die Wahrheit über Dagobert Duck, Der Westen, 23. Dezember 2007.

Written by Wolf

7. February 2012 at 12:30 am

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10.000 Steps Away. Es gibt mich. Vom Grölen von Shantys

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Christina Dichterliebchen blickt rück, so weit sie kann,
und macht ein Update zu Pretty Good Kunitzburger Eierkuchen:

Wenn nur die Zeit nicht so verginge, aber sie vergeht so wahnsinnig.

Franziska Gräfin zu Reventlow.

Christina DichterliebchenDas war Silvester 1998, das ich mit der erweiterten Verwandtschaft in Nürnberg verbringen musste.

Die Generation 60+ in einem Vertrieb für Torten und Filterkaffee, wir Junggemüse in der Meisengeige vorm Laufer Tor. Ein einzelner Laden hätte nicht gereicht, und von der Meigei kam man um Mitternacht leicht auf die Burg. Zeitweise wäre ich lieber zu den Alten umgezogen, aber ich hatte die Bedienung auf meiner Seite. Deshalb hab ich keine Ahnung, wie wir pünktlich zur Burg raufgekommen sind.

Das Feuerwerk weiß ich noch. Die Sebaldus- und die Lorenzkirche in wechselndes Licht getaucht, im fernen Südosten mein ehemaliger Haus-, der Moritzberg. Das ist schon Provinz, da zündet die Dorfjugend zu Silvester ihr eigenes Lichtlein an, damit man jedes Kaff auf der Nürnberger Burg wahrnimmt. Und ich hatte dort einen privilegierten Platz erwischt, in erster Reihe vorn an der Brüstung. Da überfiel mich hinterrücks der Drang zu singen.

Misconception Photography, I Refuse to Sink, 1. September 2011Und ich holte Luft und besann mich auf ein schottisch überliefertes Shanty, das von Sehnsucht und Menschen zur falschen Zeit am falschen Ort handelt, peilte die Christuskirche in der Südstadt an und fing an zu grölen:

Then blow ye winds and blow,
and a-roving I will go.
I’ll stay no more in England shore
to hear them fiddles plaaa-aaa-aay!
But I’m on the move
to me own true love
ten thousand miles away.

Vier Strophen. Ich plärrte allen Schmerz einer Seemannsbraut über Nürnberg hin, die zusehen muss, wie ihr Geliebter als Strafgefangener nach der australischen Bottany Bay verschickt wird. Ich rief damit: So geht Musik, sowas hält mich am Leben! Ich schrie, dass sie es bis runter in die Meisengeige hören sollten: Dass ihr mir ja mein Bier auf der Theke stehen lasst! Vor allem aber sang ich: Hört gut hin, es gibt mich!

Viel mehr als das hatte ich nie zu sagen.

Ich kannte alle vier Strophen auswendig, worauf ich immer stolz war, von einer alten Vinyl von den McCalmans, die mir was bedeutet, und musste mir in dieser Einsamkeit in all dem Menschengewirr beweisen, dass ich es noch draufhatte. Wenn man in einem der sieben Standardwerke von Stan Hugill nachschaut, hätte es wahrscheinlich sogar fünf oder fünfzehn Strophen, deswegen schau ich schon gleich gar nicht; ich hab drei davon.

Nachdem ich alle mir überlieferten Strophen fehlerfrei abgesungen hatte, kam ich wieder zu mir und zu allen anderen und schaute auf. Um mich hatte sich ein Halbkreis aus silvestertrunkenen Menschen gebildet, und sie applaudierten in ihre Sektflaschen und geklauten Biergläser. Als hätte ich nie etwas anderes zu tun gehabt, verbeugte ich mich souverän nach allen Seiten. Von meiner Verwandtschaft waren auch welche dabei, vor allem die 60+. Die schüttelten nachsichtig die Köpfe. Spätestens seitdem gelte ich bei Jung und Alt als das verrückte Viech, das ganze Lieder auswendig kann.

Als ich die Meisengeige wieder betrat, stand tatsächlich noch mein Bier da, wo ich es 1997 verlassen hatte.

“Um Gottes willen, schaust du runtergekommen aus”, begrüßte mich meine Bedienung und stiftete einen Sekt.

“Klar bin ich runtergekommen”, parierte ich, “hätt ich da droben übernachten sollen?” Darauf war ich kurzzeitig noch ein bisschen stolzer als auf das Lied, das ich leider nicht geschrieben hab.

Meine Vergangenheit in und über der Meisengeige holte mich etwa fünf Jahre später ein.

Inspire Me, 18. Januar 2011Da bestellte mich jemand aus der Verwandtschaft als Geburtstagsgeschenk für einen anglophilen Studienrat in die fränkische Provinz, nördlicher als Nürnberg, aber durchaus Süddeutschland, man muss das nicht verstehen, wohin ich überall so lose verzweigt bin. Für den Studienrat sollte ich das Lied singen, das ich damals auf der Nürnberger Burg so schön gekonnt hatte, und dafür Freibier und Unterschlupf für eine Nacht kassieren.

In Telefongesprächen bin ich hilflos, darum sagte die Person an meinem Ende der Verbindung zu, bevor ich es mir anders überlegen konnte. Am nächsten Wochenende fand ich mich von Lampenfieber geschüttelt in einer stark übervölkerten Lehrerwohnung, in der man die Schuhe ausziehen musste, fremdelnd in einer Ecke sitzen und panisch ein mir zustehendes Freibier nach dem anderen unter meiner Nase verklappen, damit ich zu niemandem was sagen musste. Es gab ausgewiesenen Irischen Abend, viel Guinness, aber wenigstens Kilkenny für mich; man musste um die Wette je einen Limerick dichten, die Lehrerskinder organisierten eine Runde Bingo, und ich hoffte, dass der Herr Studienrat nicht so penibel zwischen irischem, schottischem und australischem Volksgut unterschied. Entwarnung: Das CD-Programm sah die Dubliners, Tossers und Flogging Molly einträchtig hintereinander vor.

Man hatte mir eine Gitarre gestellt, ein angemessen lausiges Gerät, wie aus Spekulatius gebacken, mit dem ich unwillig herumprobierte, ob es nicht doch halbwegs zu stimmen sei. Das brachte mir ein Publikum von zwei, drei Menschen wie mich zur falschen Zeit am falschen Ort, die immerhin einen Takt halten und Knocking on Heaven’s Door intonieren konnten und wussten, warum man da in den letzten Jahren immer das vollständig undylaneske “Hey-ey-ey” mit reinsingt.

Rund fünf Kilkenny später war Bescherung, ich musste was tun für mein Geld. Ich ließ mich auf ein Podest aus vier Bierkisten stellen (Schübel Bräu). Die Laubsägeklampfe war nur dazu gut, sie mir um den Hals zu hängen, damit ich wusste wohin mit den Händen, die Hosenbeine hatte ich aufgekrempelt, um einen vage irisch abgerupften Look zu erzielen.

Anscheinend schaffte ich meine vier Strophen a cappella. Nach dem letzten Refrain schrubbte ich auf meiner Klampfe genau einen G-Dur runter und stoppte sofort die Saiten mit den Fingern ab, das kam unerwartet cool. Dann machte ich, dass ich von den Bierkisten runterkam. Ich erinnere mich an Applaus und brauchte den Kilkennyvorrat auf.

Vor ein paar Tagen, “zwischen den Jahren”, holte mich meine Vergangenheit ein weiteres Mal ein.

Inspire Me, 18. Januar 2011Da musste ich mich in der fränkischen Provinz nach mehreren Jahren mal wieder blicken lassen, weil jemandes Oma siebzig wurde. Im TSV-Sportheim des erfolgreichsten und einzigen Fußballvereins der, nun ja, Stadt.

Aus der noch entfernteren Verwandtschaft hatte man einen Zu-zweit-Unterhalter rekrutiert, der sein tristes Beamtendasein mit Shows im Stil von Max Raabe verkürzt. Gar nicht mal schlecht, so in überzogener Cabaret-Conférence, Ölfrisur und Schwalbenschwanz. “Am Klavier: der Wladimir!”

Als er Nummern mit Publikumsbeteiligung einzuflechten begann, versuchte ich mich unauffällig nach hinten zu verdrücken. Zuerst ließ er die Leute Geräusche zu seinen Liedern nachmachen, teilte Gruppen ein, die jeweils Meeresrauschen, Küsse und Pistolenschüsse markieren sollten. Ich war in der Gruppe für die Küsse. Neben einer sechzehnjährigen Verwandten, deren Namen ich wahrscheinlich einst in ihrer dreijährigen Gestalt gekannt hatte, und die aussah wie eine Kirsche. Besonders ihr Mund.

Als die Stelle mit den Küssen zum ersten Mal rumkam, einigte ich mich mit ihr stumm darauf, dass wir einander nicht küssen, sondern lieber gleichzeitig was trinken wollten. Max Raabe ließ Wladimir das Lied Mein Bruder macht beim Tonfilm die Geräusche unterbrechen, um das gesamte Publikum einzubeziehen und in meine Richtung zu quatschen:

“Naaa, ihr zwei da hinten? Wollt ihr erst noch üben?”

Auch das noch, ich musste was sagen. Womöglich noch was Schlagfertiges, häh?

“Mir selber wär’s ja wurscht”, maulte ich aufs Geratewohl mit extrafränkischem Charme, “aber die Frau Nachbarin hustet mir was.”

Ich bekam einen Lacher, einschließlich von Max Raabe. Klavier-Pick-up.

Als wir wieder dran waren, schnellte ich einfach den Kopf zu meiner sechzehnjährigen Verwandten herum und schmatzte sie feucht auf feuchten Kirschenmund. Sie schmeckte tatsächlich nach Kirsche.

“Geht doch!” freute sich die Conférence und sang zu Ende. Die Kirsche versank mit rot glühendem Gesicht in einer Cherry-Cola.

Das Lied Tanze mit mir in den Himmel hinein, in den siebenten Himmel der Liebe nahm Max Raabe zum Anlass, über die ersten sechs Himmel zu philosophieren, und leitete eine spontane Umfrage ein, was den Anwesenden denn zum Beispiel einer der Himmel bedeute, außer der Liebe. Die Omas schauten ihn ratlos an.

Natürlich fragte er wieder mich.

“Weiß nicht”, sagte ich, wie jeder andere auch. Dann fiel mir ein: “Kirschen vielleicht?”

Max Raabe zeigte sich begeistert.

“Kirschen!” erzählte er es allen weiter und zeigte mit dem ganzen Arm auf mich, “Kirschen! Und der wievielte Himmel wäre das dann für dich?”

“Du meinst, von sieben?” gewann ich Zeit.

Er nickte aufmunternd.

Variationen über I Kissed a Girl and I Liked It konnte man in dieser Umgebung schlecht bringen. “Naja, sechs vielleicht?” probierte ich.

Der Altersheimsaal lachte sich kaputt. Hehehe, Sex, jaja, die junge Frau, hast gehört, Sex, hahaha. Ich machte mich auf den Weg auf die Raucherterrasse, um einen Hindernisparcours von Buffettischen, herrrenlosen Stühlen mit darübergeworfenen Jacken und raumgreifenden Senioren herum.

Darauf hatte Max Raabe offenbar nur gewartet und schoss mich von hinten mit meinem korrekten Vornamen ab. Stimmt, entsann ich mich, mich muss man ja kennen, ich bin ja seit 1998 das verrückte Viech, das ganze Lieder auswendig kann.

Max Raabe zeigte Charisma, das musste ich ihm lassen. Mit eindeutigen Anweisungen, freundlich und ohne einen Ansatzpunkt zum Widerspruch, stellte er mich in ein moralisches Spotlight und lotste mich auf die Bühne zwischen sich und das Klavier mit Wladimir. So stand ich zum ersten Mal seit einem desaströsen Versuch auf einem Poetry Slam wieder auf einer Bühne. Diesmal ohne Erhöhung, zwischen Tischreihen voll notdürftig abgestaubter Altersheiminsassen, und ohne Ahnung, was es hier für mich vorzutragen geben sollte. Na gut, seit dem ersten Otto-Film kann man doch zur Not Mein kleiner grüner Kaktus.

Wladimir haute in sein ambulantes Elektroklavier.

Ein Ragtime!

Ragtime hab ich immer gemocht. Ragtime ist das, was der Nordamerikaner unter seiner autochthonen klassischen Musik versteht. Scott Joplin, der Maple Leaf Rag und wie die Dinger alle heißen. Gute-Laune-Klemperedengdong auf ganz magerem Soloklavier mit einem Hang zu Irisch, Blues und Country. Der Frackträger neben mir legte die Arme lang an die Seiten, wartete, bis Wladimir mit der Melodie um die richtige Ecke bog, schaute mich an und legte einen Satz Stepptanz hin. Schaute mich wieder an.

Ich schaute zurück. Und steppte ihm den Satz nach.

“Yeah!” jubelte er und steppte nochmal, diesmal schon was Längeres.

Ich steppte es ihm nach.

Das ist lustig, dachte ich. In meiner Festtagsgarderobe hatte ich heute sowieso einen Style in Black and White eingehalten, und trug untypisch für die Jahreszeit offene Schuhe, die nicht viel leiser klapperten als seine Steppkappen. Deswegen stand ich wohl hier. Außerdem gehörte ich zu wenigen im Saal, die sich ohne Gehgeschirr vom Fleck rühren konnten.

Mit einem Blick wies Max Raabe seinen Wladimir an, einen schmissigen Tonfilmschlager zu spielen. Und dann schaute er mir immer genau im richtigen Moment in die Augen und auf die Füße, dass ich ein Duett mit ihm gesteppt kriegte. Es sollte wohl was von Fred Astaire und Ginger Rogers sein, ich sah uns von außen aber eher als Bugs Bunny und Daffy Duck im Serienvorspann.

Versteht mich recht, wenn ich sage: Ich kann das nicht. Ich kann amtlich überhaupt nicht tanzen, geschweige denn steppen. In der neunten Klasse hab ich mich vor der Tanzschule gedrückt und stehe viel lieber an einem geruhsamen Bass oder helfe nach dem Gig die Boxen einladen. Tanzen tut so, als ob es der Musik etwas hinzufügt, während es von ihr ablenkt, und ist deshalb Kulturmissbrauch, punctum.

Dieses Steppen war aber keine Kunst. Das war nichts anderes als das, was ich jeden Tag beim Warten an Bushaltestellen mache. Nur dass die Musik diesmal woanders als zwischen meinen Ohren herkam. Und das musste man extra lernen? Wieso?

Am Schluss steppte Max Raabe ein besonders brillantes Solo, das viel Platz einnahm, zweimal setzte er sich zwischen zwei Tischreihen fast auf ein Tablett mit kalt gewordenen Schweinsmedaillons. Und schaute mich wieder an, den rechten Fuß nach dem letzten Klack hinter sich auf die Spitze geklackt. Jetzt wieder ich. Ich versuchte es ihm genau nachzutun, brauchte etwas weniger Platz und klackte am Schluss den rechten Fuß auf die Spitze hinter mich.

Aua!

Dissent Is Cool, Pirate Babe, 21. März 2010Max Raabe besuchte mich auf der mit Lampions ausgeschummerten Raucherterrasse, als ich meiner rechten großen Zehe durch die Strumpfhose beim Anschwellen, Pulsieren und Farbenwechseln zuschaute. Den Schwalbenschwanz hatte er mit Jeans und kariertem Hemd vertauscht.

“Na, und wie?” grüßte er, meine Zehen ignorierend.

“Du bist so ein Arsch”, grüßte ich.

“Du bist dafür richtig gut. Spielst mit und reagierst auf Einsätze. War klasse, für ungeprobt. Hab ich dich zu arg gezwiebelt?”

“Geht so. Die minderjährige Kirsche wird nicht weiter vernascht und mein Zeh ist noch dran.”

“Ich seh’s.”

“Gute Show. Du hast die Leute im Griff.”

“Vor allem dich, ne? Machst du was in der Richtung?”

“Stell dich nicht an, als ob du’s nicht weißt. Ich bin das verrückte Viech…”

“… das sich vier Strophen merken kann, ich weiß. Du kannst doch noch mehr.”

“Den Refrain?”

“Jetzt stellst du dich an.”

“Hast ja Recht. Ich schreib ab und zu was.”

“Schon aufgetreten? Außer vor…” Er wies nach drinnen.

Ich winkte ab. “Mal aufm Poetry Slam.”

“Dem in München, oder? Der große im Substanz?”

“Der kleinere, im Stragula.”

“Schon gehört. Ich komm nicht viel raus aus der Gegend.”

“Hast aber haufenweise Auftritte, oder?”

“Man lebt. Mundpropaganda. Man muss die Show auch viel abwandeln. Beim Hundertjährigen vom Zentralfriedhof kann man weniger so aufdrehen.”

“Schon klar. Du kriegst auch Jüngere?”

“Ich mach oft Stadtführungen für Kinder. Da lass ich mir Wörter zurufen und improvisier Gedichte mit denen.”

“Mit den Kindern oder den Wörtern?”

“Na, schon mit beidem.”

“Was bringen die so für Wörter?”

“Ach, meistens ganz normale. Sonne, Liebe, Glück. Gameboy, iPhone, Nutella. Oder was gerade in Sichtweite ist. Gartenstuhl, Haustür, Kopfsteinpflaster.”

“Kopf… stein… pflas… ter”, schmeckte ich ab. “Na gut, da reimt sich schon was drauf.”

“Es findet sich immer was. Improvisierte müssen gar nicht so perfekt sein.”

“Und man kann viel zweitverwenden, gell?”

“Würde ich nie!”

“Und wenn sie dir mit Sachen kommen wie… Staubsaugerfilterbeutel?”

“Wirst lachen, das werden die besten.”

“Hopphopp, zeig!”

“‘Lag einst auf dem Kopfsteinpflaster
der Staubsaugerfilterbeutel.’

Jetzt du.”

“‘Kam der böse Kohlenlaster,
zog ihm einen neuen Scheutel.'”

Wir lachten.

“Cool!” hustete ich dann. Ich musste nicht lügen. Dichten mit Kindern, das stellte ich mir als ausfüllende Beschäftigung vor.

“Kannst du bestimmt auch”, sagte er. “Hast du was dabei? Wetten, du hast.”

Weil’s schon egal war, kramte ich in der Tasche nach meinem Moleskine und schob es ihm hin. Er setzte sich damit näher unter einen Lampion und fing an zu blättern.

Er blätterte lange. Ich rauchte eine, zog auch den zweiten Schuh aus und entschuldigte mich, um strumpfhosig innen frisches Bier zu holen. Zurück kam ich mit zweien, eins für ihn. Er las immer noch vertieft. Ich rauchte eine und schaute ihm zu, wie er meine Geschichtenanfänge, Bücherkonzepte, Cartoonscribbles, Comicsettings, vorgezeichneten Fotoserien, Drehbuchideen, Dialogfetzen, formunvollendeten Gedichte und unvertonten Songtexte durchlas. Meine Meisterschaft manifestiert sich meist im Fragment.

Zwei Bier später klappte er es zu und legte es mir ehrfürchtig in die Hand.

“Warum machst du nicht sowas in München?”

Ich lachte auf. “Was — Stadtführungen?”

“Egal was. Hat das jemals wer gelesen?” Er klopfte mit dem Fingerknöchel auf mein Moleskine.

“Naja, ab und zu stell ich was ins Netz.”

“Ja, klar. Und freust dich, wenn es zehn Leute lesen.”

“Hey, letzthin waren’s allein fast zwanzig Lesenswertpunkte.”

Ich sah ihn im Lampionschatten die Augen verdrehen. “Kauf dir was für deine Lesenswertpunkte.” Wenn er das Wort aussprach, klang es gar nicht mehr so erstrebenswert.

“Und ich schreib mit an einem Blog.”

Er guckte streng.

“Geh raus und mach das öffentlich”, bestimmte er. “Drehbücher musst du schreiben! Jedenfalls was mit Dialog! Oder mach wenigstens einen Shop mit Moleskinereien auf etsy.com auf! Gut fürs Ego, wenn richtige Dollars aus Amerika reinkommen! Oder Kabarett!”

“Was — Herbert und Schnipsi mit Steppeinlagen?”

“Dir fällt schon was ein. Womöglich mehr als mir.”

“Ja wie denn? Für Stadtführungen brauchst du in München einen PD in Theaterwissenschaften und Neuerer Geschichte und ein Netzwerk im Stadtrat, und für ein Buch musst du schon drei Bestseller vorweisen.”

“So wie ich, stimmt’s?”

“Ist doch ganz was anderes”, redete ich mich raus.

“Der Unterschied ist”, erkärte er, “dass du in der Provinz einfach zu den üblichen Parteienverkehrszeiten irgendwen am Rathaus anrufen musst, wann du wo hinkommen sollst, um den Hampelmann für einen Arschvoll Kulturbolschewiken zu geben, die glauben, der Nordbayerische Ignorier wär eine Zeitung. Während München vor lauter Zielgruppen für Eigenverlage, Ausstellungen, Indie-Musik und Kleinkunst brummt.”

“Das wird er sein, der Unterschied.” Mir gingen die Argumente dafür aus, warum ich mein Leben damit verbringen muss, mich zu verstecken.

“Und so kannst du der Welt sagen: Alle mal herhören, es gibt mich.”

Jetzt zuckte ich doch zusammen. Ein Blick in sein Gesicht: Verdammt — er grinste.

“Na, dann sehn wir uns ja spätestens zu der Oma ihrem Achtzigstem.”

Wladimir kam auf die Terrasse geschlurft und knallte eine Flasche Wodka auf den Tisch. Wir rauchten seinen halblegalen Machorka, fanden jemanden, der uns mit Bier versorgte, und bis zum Einmotten des Altersheims früh um vier hatten wir ein Lied geschrieben. Ein original schottisches, auf das man steppen kann.

Mal sehen, wann mich meine Vergangenheit das nächste Mal einholt. — Guter Vorsatz: Öfter nachts auf Burgen Shantys grölen.

Lied: The Bootstrappers: Ten Thousand Miles Away. Die grundverschiedene Version von den McCalmans ist nicht digital aufzutreiben, und ich sing’s wieder ganz anders.

Inspire Me, 18. Januar 2011

Bilder: Misconception Photography: I Refuse to Sink, 1. September 2011;
Inspire Me: tattoo <3, 18. Januar 2011;
nochmal Inspire Me: tattoo <3, 18. Januar 2011;
Dissent Is Cool: Pirate Babe, 21. März 2010;
Isla Bell Murray: A Fine Day for Sailing, 27. Mai 2011
.

Written by Wolf

31. December 2011 at 7:47 am

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Christina Dichterliebchen und Alexandra Biermann (sind auf keine Schulferien angewiesen und) fahren ans Meer.

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Update zu Christina Dichterliebchen stellt was klar:

1.) 1

2.) 2

3.) 3

4.) 4

Alle 4 Bilder auf 1 in allen Größen.

Soundtrack (aber hallo!): Die Lassie Singers: Hamburg, aus: Sei À Gogo, 1992.

Written by Wolf

17. September 2011 at 12:01 am

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Christina Dichterliebchens Zeichenschule

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Du bist immer dann am besten,
wenn’s dir eigentlich egal ist.

Die Ärzte.

Hi, liebe Leser, ich bin’s wieder, euer erfrischendes Dichterliebchen, habt ihr mich vermisst?

In den letzten Wochen hab ich ja viel gezeichnet und kann’s schon fast. Das ist besser als Sex, bloß billiger. Also jetzt nicht, weil man da so gut durchblutet wird und jeder, der mitmacht, gleich zu stöhnen anfängt. Sondern weil das ein so sinnliches Erlebnis ist. Ganz ernsthaft: Da haben Sie ein Stück Graphit oder gar Holzkohle in der Hand, und wenn Sie sich das mal richtig geben, ist das Ding ein paar Millionen Jahre alt. Das ist archaisch! Und Sie machen damit, was den Homo sapiens von der Graugans unterscheidet: Kunst. Sie schaffen Schönheit. Sie tun etwas Wertfreies um seiner selbst willen, ziemlich weit oben auf der Bedürfnispyramide. Weil es Spaß macht, weil Sie hinterher glücklicher sind. Und weil Sie damit ein Stück von sich mitteilen. Weil etwas davon übrig bleibt. Damit sich jemand darüber freut. Und Sie benutzen Ihre Sinne dazu, Augen und Finger mindestens. Und Sie sprechen die Sinne von dem Anderen an. Sinnliche Sachen, mit denen Sie Ihre wertvollste Zeit ausfüllen, um sich auszudrücken und mit Schönheit Freude zu machen. Sehen Sie? Wie Sex, stimmt’s? Verstehen Sie, was ich meine?

Ich seh schon, jetzt wollen Sie auch.

Merke: Zeichnen ist gar nicht so schwer. Zeichnen ist die Fortsetzung des Schreibens von Hand mit gar nicht mal so anderen Mitteln. Und Schreiben hat doch jeder mal gelernt, mit Füller und Bleistift und so. Da hat man sich auch eine Handschrift zugelegt, und mit der Handschrift malt man jetzt eben keine Buchstaben mehr, sondern ein Bild. Einfach die Striche dahin malen, wo sie sein müssen. Simpel, oder?

Wenn Sie schreiben, sollen Sie nicht zu viele Wörter benutzen. Gerade so viele, dass es reicht. Keine Füllwörter. Wenn Sie einen Satz hinschreiben und es kommt ein Adjektiv, immer erst aufstehen, in die Küche gehen, was Gesundes futtern, dann ins Schlafzimmer, mit Ihrem Lieblingsmenschen eine, zwei Runden richtigen Sex vollziehen, dann eine Runde um den Block joggen, dann erst wieder hinsetzen. Wenn Ihnen das zu blöd ist, das Adjektiv weglassen.

Wenn Sie ein Bild zeichnen, geht’s nicht anders: Erst überlegen, dann einen Strich ziehen. Sie können schon, wenn es einem Effekt dient, ein Adjektiv hinschreiben oder einen Extrastrich malen. Kann man machen. Muss man aber wollen.

Sie brauchen Papier und irgendwas, das Papier färbt — ta-daa. Bei Kaut-Bullinger verkaufen sie riesige Bögen Büttenpapier in tausend Körnungen und Tönungen, die sind schön zu streicheln. Wenn Sie am Monatsende zuviel übrig haben, kaufen Sie sich so einen. Den bekommen Sie für den Transport in einen noch viel größeren Bogen Packpapier gerollt. Schmeißen Sie den bloß nicht weg, auf dem malt sich’s um Klassen besser als auf dem überteuerten Büttendings. Nehmen Sie Reißkohle, die schmutzt nicht so wie Holzkohle. Zum Färben Rötel und nach ein paar Monaten Übung einen Weißstift, mehr brauchen Sie nicht. Ein paar Monate lang sollten Sie aber schon so sparsam wie möglich bleiben, denn auch hier ist es wie beim Schreiben und beim Sex: Man muss es oft tun.

Hängen Sie Ihre ersten Bilder ruhig vorläufig an die Wand, das ist gut fürs Ego. Aber Sie müssen den Moment erkennen, sie wieder abzuhängen. Scheuen Sie sich nicht, die Meinung über Ihr Schaffen zu ändern, und sägen Sie die Rückseiten leichtherzig zu Schmierpapier. Keine Wechselrahmen und schon gar nicht fest aufziehen lassen. Gekaufte Rahmen sind was für Meisterwerke von Horst Janssen — ein grandioser Schmierfink übrigens — für Ihre eigenen Sachen schafft das die falsche Art von Respekt.

Im Vergleich zu Schreiben wäre gerahmtes Bütten: Geschwollenes Rumsabbeln. Im Vergleich zu Sex: David Hamilton nachstellen. Späten David Hamilton.

Und ein Geheimnis ist noch dabei. Soll ich’s sagen? Okay, weil wir unter uns sind:

Es muss einem wurscht sein.

Moment, das muss ich glaub ich illustrieren. Aufgemerkt.

Beweisstück A: Doofes Bild.

Christina Dichterliebchen lümmelt auf dem Sofa. Mit Tinte und Füllfeder auf FlickrSchauen Sie nur gerade hin. Ist es nicht grauenhaft? Ätz, ätz, Hornhautverkrümmung, kotz und kübel? Fassen Sie Mut und erkennen Sie die ganze Malaise. Ich verstehe jede Flickr-Gruppe, die das angewidert rausschmeißt, und Ihnen zeig ich das aus dokumentarischen Gründen, ich genier mich auch gebührend dafür, Sie dürfen einmal kurz mit mir schimpfen, nur Auslachen mag ich nicht so gern, das ist entwürdigend.

Das hab ich in mein teures Skizzenbuch gemalt, richtig tolles Papier, nur das angeblich aquarellgeeignete ist teurer, auf dem Scan sieht man noch die Struktur im Papier, wenn Sie den Monitor richtig einstellen. Mit schwarzer Tinte aus einem Kolbenfüller von 1960, voll nobel alles. Bei meinem Monatseinkommen, das Sie nicht kennen wollen, ist das eine Materialschlacht.

Und jetzt das Ergebnis: Vor lauter Angst, dass es auch ja was wird, die Striche verzogen. Zaghaft angesetzt, auf der Suche nach einer Linie überall in der Fläche rumgefuhrwerkt. Vor allem Rücken und Hintern von keinerlei anatomischer Rücksicht beleckt, die sichtbare Hand die typische Anfänger-Affenkralle, Wasserkopf, von der Brust fang ich gar nicht erst an.

Das Gegenteil von gut gemacht, wie Ihnen schon Ihr Deutschlehrer beigebracht hat, ist nicht schlecht gemacht, sondern gut gemeint. Sehen Sie, genau davor wollte der Mann warnen. Oder anders: Das Bild war mir nicht wurscht genug.

Im Vergleich zu Schreiben ist das: der Entwurf zu einer Sonntagsrede, noch nicht mal die Sonntagsrede selbst. Im Vergleich zu Sex: der erste Versuch mit einem BWL-Frettchen, das man schon während der ersten Runde nicht mehr leiden kann.

Beweisstück B: Schönes Bild.

Christina Dichterliebchen lümmelt immer noch auf dem Sofa. Mit Bleistift in Moleskine auf FlickrNa, ist das ein Unterschied?

Dass die Wimpern zu lang sind, finde ich nicht störend — dafür ist schon fast das Bildthema, wie die linke Hand, weil sie fehlt, überall sein könnte: vor der Figur auf die Bettdecke gestützt, auf ihrem Schenkel ruhend, vielleicht spielt sie verdeckt mit ihrer Halskette. Wünschen Sie sich was, es stimmt alles.

Dabei war das nie zum Herzeigen gedacht. Extra gemessen: Das Original misst vier auf vier Zentimeter. Es ist im Bus mit dem Druckbleistift auf eine benutzte Seite ins Moleskine gekritzelt, weil ich die Idee für ein Bild festhalten wollte, und bevor ich seitenlang Wörter verschwende, was drauf soll, hab ich’s eben schnell hingemalt. Oder anders: Es war mir wurscht.

Im Vergleich zu Schreiben ist das: die unprätenziös hingeworfene, funkelnd richtige Antwort auf ein philosophisches Problem in einem Kneipengespräch, nach der alle erst mal kurz die Luft anhalten, um sie geistig zu notieren und am nächsten Tag weiterzuverwenden. Im Vergleich zu Sex: sich zu zweit in der Umkleidekabine gegenseitig hastig die Unterhose unterm Rock wegreißen (bei Karstadt ging das immer), flüssig vereinigen, schön leise bleiben, und es reicht bis zum Freitag.

So, und jetzt könnte ich Sie noch feste neidisch machen, indem ich mich an dieser Stelle bei meinem zauberhaften Model bedanke. Find ich aber so unpersönlich, lieber leg ich mich nochmal mit ihr hin.

Schalten Sie auch nächstes Mal ein, wenn es wieder heißt: Zeichenschule mit Christina Dichterliebchen! Falls mir noch was einfällt.

Soundtrack: Die Ärzte: Lied vom Scheitern,aus: Jazz ist anders, 2008.

Written by Wolf

17. July 2011 at 12:01 am

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106688 Days of Robinson Crusoe

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Update for The Encantadas, Sketch Ninth: Hood’s Isle and the Hermit Oberlus:

Christina Dichterliebchen finds herself in Robinson Crusoe

I look’d now upon the world as a thing remote, which I had nothing to do with, no expectation from, and indeed no desires about: In a word, I had nothing indeed to do with it, nor was ever like to have; so I thought it look’d as we may perhaps look upon it hereafter.

Daniel Defoe: Robinson Crusoe, April 25, 1719 ff.

Written by Wolf

28. May 2011 at 12:01 am

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Christina Dichterliebchen macht das Mai-Gewinnspiel und stellt was klar

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Update zu Die Welt als Wille und Vorstellung und Christina’s Big O:

Meine beste Freundin Alexandra hat ein Guckloch zwischen den Zehen.

Sang Noir, 26. Juli 2010Das ist jetzt wieder eine tolle Aussage. Abgesehen davon, dass die deutsche Sprache weder ein Wort für die immerhin acht Körperstellen “zwischen den Zehen” noch eindeutige Bezeichnungen für die fünferlei Zehen selbst kennt, muss eigens klar gestellt werden, dass damit keineswegs die Stelle zwischen ihren beiden großen Zehen gemeint ist, zwei Stockwerke höher, die auch mit “Guckloch” in jeder Hinsicht zu lieblos bezeichnet wäre. Nochmal:

Meine beste Freundin Alexandra hat je ein Guckloch zwischen ihren jeweils ersten beiden Zehen beider Füße.

Das ist eine verbreitete Mikrovariante an menschlichen Körpern, die Alexandra im Leben nicht an sich aufgefallen wäre. Es ist ungefähr wie mit der Lücke zwischen Schneidezähnen, für die es allerdings wenigstens ein Wort gibt: Man meint damit keineswegs die Lücke zwischen den oberen und unteren Schneidezähnen, und man sieht sie nie auf Fotos.

Die Sonderstellung ihrer Zehen wäre Alexandra sogar reichlich egal, wenn ich mich nicht umgehend so sichtbar in ihr Guckloch zwischen ihrem großen und Zeigezeh (welche Ausdrucksweise ich für einen reichlich albernen Ausweg halte) verliebt hätte. Den Moment des Verliebens sieht man mir immer an, wahrscheinlich fange ich dann an zu schimmern. Wir saßen gerade auf dem Wiesenhügel über dem Dorf ihrer Eltern, nachts, mit einem Vorratsbeutel Bierflaschen hinter uns, für ein paar Stunden vor ihren Eltern geflohen, und konnten die scharf geschnittene Mondsichel über der spitzigen Dorfkirche gar nicht fassen. Als sie sich auf die Ellenbogen lehnte und die Ferse aufs andere Knie stützte, fiel es mir auf. Der Mond blitzte durch ihre Zehen Nummer 1 und 2.

“Du hast da ein Guckloch”, sagte ich.

“Selber Guckloch”, sagte sie, “komm lieber her zu mir.” Dann lehnten wir aneinander, mein rechter Arm an ihrem linken, stützten unsere Füße hoch und hielten die Innenseiten zusammen, meinen linken an ihren rechten, und peilten durch die Zehen auf die Kirchturmspitze. Es sah aus wie ein sehr ungleiches Paar Füße, meine schmale blasse, ungelenk lackierte Banshee-Flosse gegen ihren sonnenbraunen, ehrlichen Landmädeltreter, wie von einem barfüßigen Mädchenwesen aus zwei sehr verschiedenen Freundinnen. Wir probierten einen Kuss.

“Du schmeckst nach Bier”, sagte ich.

“Selber nach Bier”, sagte sie und stieß mit mir an. Als das Dorf unter uns in der Finsternis nicht mehr zu erkennen war, machten wir, was angesoffene Mädchen unseres Alters nachts auf Wiesenhügeln statt Liebe machen. Die Bierflaschen in unserem Stoffbeutel klimperten leise dazu. Jetzt waren wir “richtig” zusammen, dezentes Klirren von Glas hieß bei uns fortan Bierflaschenorakel.

Ich mag Füße, besonders den ausdrucksvollen Blick von Zehen; mit den meinigen war ich immer recht zufrieden. Alexandra mag Arme, besonders tätowierte Oberarme; sie hat selbst welche: Glaube, Liebe, Hoffnung links, den Stecken-Pegasus von Wilhelm Busch rechts. Mein Traummann ist eigentlich eine Frau, in der Nähe des frisch wachgeküssten Schneewittchens. Alexandras Traummann ist Queequeg, erstens wegen der reichen Bebilderung und zweitens, weil er gar nicht unnötig dreinquatschen kann, und wenn er spricht, seiner Botschaft mit Mitteln Bedeutung verleiht, auf die man in seiner Muttersprache gar nicht kommt. Eine Begründung, die mir sehr zusagt.

Alexandra und ich machen deshalb das Gewinnspiel für den Mai: Du gewinnst, wenn du ein Guckloch zwischen den Zehen hast — wenn du ein Mädchen bist. Oder du gewinnst, wenn du am Oberarm tätowiert bist — wenn du ein Kerl bist. Oder wenn du einfach irgendwas bist, gewinnst du vielleicht, wenn du wie im New Yorker Museum of Modern Art den Satz auf eine Weise, die uns sowas von vom Stuhl weht, vervollständigst:

Gestern war ich im Buchladen und

In den ersten beiden Fällen bitten wir um visuelle Dokumentation, im dritten Fall reicht ein Kommentar hier drunter bis Dienstag, den 31. Mai 2011, Mitternacht.

Du kannst Der Gesang der Wale von Dyan Sheldon und Gary Blythe 1990 gewinnen. Obwohl nur auf Deutsch und aus langem, liebevollem Gebrauch, ist das ein Schatz, den ich sehr umsichtig verlosen werde, schau doch allein mal die Illus. Oder als Stiftung vom Wolf: Der Schwarm von Frank Schätzing 2004, ebenfalls gebraucht. Alexandra verlost ihre Anerkennung und Zuneigung, sagt sie, ungebraucht.

Bei der Vielzahl der zu erwartenden Gucklöcher, Tätowierungen und vollständigen Sätze entscheidet das Bierflaschenorakel. Es hat sich noch nie geirrt.

Gary Blythe, The Whales' Song, They leapt and jumped and spun across the moon, 1990

Bonus Tracks: Die besten Tattoo-Seiten der Welt sind:

Bilder: Sang Noir: Moby Dick, 26. Juli 2010;
Gary Blythe: The Whales’ Song: “They leapt and jumped and spun across the moon” via Plum Leaves, 1990.

Reich bebilderte Musik: Gogol Bordello: Pala Tute, aus: Trans-Continental Hustle, 2010.
Am 9. August 2011 im Nürnberger Hirschen, am 17. in Jena!

Written by Wolf

1. May 2011 at 12:01 am

Christina Dichterliebchen: Das Liedchen von der Gleichberechtigung

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Update zu Christina D. kennt die Mannsbilder:

Christina Dichterliebchen zupftMädchen, hütet euch vor diesen,
die beim Kuss die Augen schließen.
Männer, hütet euch vor jenen,
die das Haus zusammenstöhnen.

Mädchen, hütet euch vor Buben,
die auf euren Titten hupen.
Männer, hütet euch vor Frauen,
die nur auf den Hintern schauen,

und vor allem vor den vielen,
die nach dem Geschmeide schielen;
du, Mädchen, dafür vor Knaben,
die mehr Geld als Anstand haben,
gern mit ihrem Auto protzen
und nach fünf Schnäpsen deins vollkotzen.

Du sollst dir die ansehen, Mann,
die aufrecht mit dir gehen kann.
Schlag dir Models aus dem Schädel,
nimm lieber das Lausemädel,
elfenhaft und ganz leicht kerlig,
denn die meinen’s meistens ehrlich.

Und Mädchen: Sollst Hallodris pflücken,
die, wenn sie dir ins Auge blicken,
dich ungewollt zum Lachen bringen,
einladen zum Liedersingen
und mit Bier und Schmalzbrot mästen,
denn die sind im Bett am besten.

~~~\~~~~~~~/~~~

Christina Dichterliebchen meint: “Über hundert Jahre Internationaler Frauentag und in dem Puff gibt’s immer noch keinen Männerbeauftragten.”

Reife Geschlechterbeziehung: The Dresden Dolls: Coin-Operated Boy, 2004.

Written by Wolf

8. March 2011 at 4:50 pm

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Neues von Christina Dichterliebchen (Christina’s Big O)

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Update zu Einige schlechte Eigenschaften Christina Dichterliebchens:

Christina Dichterliebchen hat kurze, heftige Orgasmen, auf die sie heimlich ein bisschen stolz ist.

Alltags hat Christina Dichterliebchen ein für alle Geschlechter einnehmendes Wesen, kann schrill und melodiös durch die Vorderzähne pfeifen und durch die gerollte Zunge Kuckuck rufen, beängstigend schielen, die Zehen spreizen und mit ihnen schnipsen, mit der Zungen- die Nasenspitze berühren, auf allem, was jemals einem Betrunkenen als Musikinstrument gedient hat, Musik machen, jedes klassische Zitat mit einem besseren einschließlich der korrekten Quelle parieren, sich flüssig in spontan und sauber gedrechselten Reimen unterhalten und in einem Zimmer, in dem sich nichts außer ihr selbst und einer Flasche Bier befindet, die Flasche Bier öffnen und auf ihren Knallerbsenbrüsten abstellen. Sie hält.

Ganz früher hat ihr Pflegevater einige Male versucht, sie zu missbrauchen. Sie berichtet, das Schwein sei bald vor seinen widernatürlichen Ansinnungen zurückgeschreckt, weil von selbst klar ist, dass man das mit ihr nicht machen kann. Als immer noch sehr junges Mädchen malträtierte sie sich jahrelang mit täglichen kilometerweiten Dauerläufen zu nachtschlafender Zeit, nach denen sie sich in der Badewanne mit einem aufgelesenen Holzpflock befriedigte, lange bevor sie wusste, was ein Dildo ist.

Schon ihren Ersten, der sie entjungfern durfte, hat sie sich selber geschnitzt, formuliert sie es heute und lacht glaubwürdig herzlich darüber. Das macht sie zu einer von denen, die nie Jungfrau waren; überdies ist sie groß gewachsen, wodurch sie selbstbestimmt, ja wehrhaft wirkt, weshalb wiederum sich nie jemand um ihre Unversehrtheit gesorgt hat. Das Ritzen lag ihr allerdings nie, sie macht sich ihr Leben lieber schön. Die Geheimnisse, aus denen ihre Vergangenheit zu weiten Teilen besteht, behält sie, weil sie gelernt hat, mit ihnen umzugehen.

Beim Liebesakt lässt sie freudig alles mit sich anstellen und bereitwillig in alle Richtungen biegen und wenden und drehen, solange sie überhaupt bei ihrem Partner den guten Willen erkennt, ihr Schönes anzutun. Sie will gelenkt, geführt werden; ihre erogenen Lieblingszonen teilt sie in einer fließenden Abfolge kleiner Bitten und stummer Angebote mit, dann tritt ihr höchster Moment schnell und unkompliziert ein. Ihren Aggregatzustand wechselt sie immer unversehens und abrupt und immer restlos. Ihre Partner und, soweit das geht, sie selbst danken es ihr.

Christina Dichterliebchen liebt es zu küssen. Der erste Kuss mit ihr macht süchtig, denn sie hat außergewöhnlich glatte Haut, feinsamtene Lippen und eine verspielte Zunge. Sie lässt sich gern berühren und kann deshalb überall und jederzeit erregt werden. So sind weder verschwiegene Ecken der Stadt inner- wie außerhalb von Gebäuden noch idyllische Stellen der Landschaft sicher vor ihrem Bedürfnis nach Nähe. Erwischt zu werden verbucht sie als fröhliche Erlebnisse, sie hat sich nie ihrer Nacktheit noch ihrer Lust geschämt. Oft überkommt sie der kindliche Impuls, Menschen auf ihr tiefrotes Schamhaar, ihre linke Zehe Nummer 4, deren letztes Glied, das mit dem rosig schimmernden Nagel, fast unmerklich nach außen verdreht ist, und die falben Körperregionen hinzuweisen, auf die nur in solchen Momenten die Sonne scheint. Ihm nachzugeben macht sie nachhaltig glücklich.

In ihrer Studentenwohnung hatte sie einmal einen Voyeur, wahrscheinlich ein amtlicher harmloser Spinner, sogar mit Stativfernrohr. Als sie in sich bemerkte, dass ihr das nichts ausmachte, im Gegenteil sogar auf eine kribbelnde Weise schmeichelte, machte sie ihm die Freude und nutzte ihr Heim die meiste Zeit nackt. Bei ihrer für eine junge Frau auffallenden Körperlänge lagen ihre für die Jugendwacht spannenden Teile schon immer ohne Anstrengung über dem Sichtschutz des Fensterbretts; beim Kochen muss sie sich breitbeinig an Tisch und Herd stellen, um auf die Arbeitsfläche zu reichen, was in ihrem Naturzustand von ferne ordinär wirken mag.

Sie gewöhnte sich an, zu festen Uhrzeiten das Fenster für ihn zu öffnen. Dafür ersparte sie sich und ihm aus Respekt, offenkundig unnötig auf der Leiter zu ihrem überhohen Bücherregal herumzuklimmen, und sonstige künstlich gestellte Leibesübungen. Das war ihre innigste Beziehung zu einem Mann, den sie gar nicht kannte. Er sprach sie nie an, schon gar nicht nachdem sie anfing, einem fortgeschrittenen Germanisten das letzte Semester an diesem Studienort zu versüßen. Das Sofa, ihr bevorzugtes Liebeslager in dieser Beziehung, stand ausgerechnet unter dem Fenster.

Beim einzigen Mal, da sie sich dem Germanisten über das Sofa aufs Fensterbrett gestützt von hinten gab, ließ sie sich hinreißen, offen ins Auge des Fernrohrs zu grinsen und kurz zu winken. Daraufhin verschwand das Fernrohr bis auf weiteres. Dabei ließ sie sich danach noch mit einer drallen schwarzhaarigen Lesbe ein; diese stolzen Brüste, die zu wogen vermochten, und den Drang, sich politisch zu engagieren, kannte sie nicht an sich, da war die Sache mit der Lesbe ihre Art, diese Frau zu verstehen. Ihren Voyeur aus Übermut verscheucht zu haben, bereute sie nicht stark, aber lange, manchmal vermisste sie ihn. Sie mag Leute mit Macken.

Christina Dichterliebchens Zuneigung gilt Menschen mit offenem Blick, am liebsten aus grünen Augen. Sie schaut jedem auf die Füße, denn Füße lügen nicht, weil man sie nicht unkenntlich schmücken oder begradigen kann, und sind sie einmal verborgen, denkt sie bei seinem Gesicht immer das andere Körperende mit. Eine Schwäche hat sie für gerade gewachsene, ausdrucksvolle Zehen, Haare in allen Rotschattierungen, wenn die Flanke zwischen Brüsten und Taille, wo sich die flächenmäßig größte ihrer eigenen erogenen Zonen erstreckt, die sofort anspringen, eine S-Kurve beschreibt, die man beim Streicheln spürt, Flaum entlang des Rückgrats und hervortretende Mittelhandknochen bei Frauen, durchaus auch ihre eigenen; bei Männern für Brillen, Schlüsselbeine, Hüftknochen, ungekämmte Haare, nicht übertrieben ausgeprägte regionale und internationale Sprachfärbungen und das selten verteilte Talent, mit selbstverständlicher Unbefangenheit barfuß zu gehen, und bei allen Menschen für das, was sie “ein gewisses Lachen am Leib” nennt.

Wer auf ihre Anerkennung aus ist, sollte eindeutig den Finger auf seine kulturellen Vorlieben legen können, nicht etwa angeben, Musik “querbeet” zu hören, dann ist das Genre zweitrangig. Als Frage des adäquaten Ausdrucks gilt ihr, Autos nicht als Wagen, unabhängige Arbeit nicht als Projekte, ihre Zehennägel nicht als Fußnägel und ihre weiblichste Stelle weder als Scheide noch mit Babywörtern wie Mumu zu bezeichnen, ansonsten erlaubt sie zwischen Möse, Vagina und gewachsenen Dialektwörtern das meiste. Als erklärtes Lieblingsbuch ist vor ihr Moby-Dick zulässig, Der Zauberberg, Jane Eyre, Faust und unter Angabe einer schlüssigen Begründung sogar Jane Austen oder Mickey Spillane, auch abstruse Sachen wie Halldór Laxness oder Der kleine Konz, nicht jedoch Der kleine Prinz oder Der Schwarm. Mit unentschiedenen, schwammigen Dingen kann sie, was wenig verwundert, nichts anfangen.

Am zuverlässigsten gewinnt man sie auf seine Seite, indem man ihr eigene oder fremde Texte hersagt, vorsingt, vorspielt, idealerweise ein Lied für sie schreibt. Das Verschenken von Schnittblumen betrachtet sie als gedankenlose Beihilfe zum Genozid an Pflanzen, Tanzen als Musikmissbrauch. Unzweifelhaft ist sie der einzige Mensch auf Erden, mit dem man ernsthaft und durchaus gewinnbringend nie erspähte Aspekte davon diskutieren kann, warum John Lennon 1980 an seinem 8. Dezember (einen Tag nach dem 31. Geburtstag von Tom Waits!) ausgerechnet erschossen wurde, statt mit einem Barbarazweig erstochen zu werden.

Ihr Körper ist voller heimlicher Knöpfe, die sich leicht finden lassen: Legt man ihr eine Hand in den Nacken, kennt sie kein Halten mehr. An jenen Tagen, an denen es praktisch nichts bedarf, um sie in ihre schmelzend kuschelige Stimmung zu heben, bleibt ihr Blick ständig leicht glasig wie mitten in einem Liebesspiel, ihre Haut elektrisch. Gerade dann wird sie in der Stadt im Minutentakt von Menschen angesprochen, auch in Begleitung und auch von solchen, die sonst nie Fremde ansprechen; nicht zwingend in anzüglicher Absicht, es liegt einfach an ihrer Ausstrahlung. Ein vertraulicher Umgang mit ihr kann jeden Moment brandgefährlich ausarten: Küsst man ihre oberen Lippen, werden ihre unteren feucht, denn ihr Körper und ihre Seele bilden ein Ganzes, und sie tut den Teufel, zu geizig oder zimperlich mit diesem Bewusstsein ihrer selbst umzuspringen. Die anschließenden Nächte sind lang, laut und in allen Sinnen des Wortes erschöpfend.

Sie ist musikalisch, weiß um ihre angenehm feste, sichere Singstimme und kann deshalb einen vorgegebenen Rhythmus einhalten. Männer schwärmen verblüfft von ihrem Vermögen, mit ihrem überaus beweglichen Kreuz in alle Stellungen mitzugehen, ohne den Kontakt loszulassen, Frauen von einer Sorte der Einfühlsamkeit, durch die sie tatsächlich mit ihren Schamlippen zärtlich küssen kann.

Als biegsame, aufmerksame Spielkameradin versieht sie eine angemessene Spanne lang still, geradezu introvertiert ihre Rolle auf der Lotterstätte, um sehr plötzlich und jedes Mal unerwartet in ein großes Stöhnen, oft auch ein irres Lachen und Jubeln, ein Winden und Zucken ihres gesamten Körpers auszubrechen. Das dauert wenige Sekunden, in denen sie in einem Schwall von Lust alles in ihrer Reichweite vollschwitzt und in der Art einer Signatur einen riesigen klatschnassen Fleck unter ihrem Schoß hinterlässt. Es ist ihr liebstes Spiel, das sie ernst nimmt, und ihre am besten beherrschte Arbeit, die ihr auf ansteckende Weise Spaß macht. Rückblickend waren es nie weniger als drei Tempo- und Stellungswechsel, die sie überraschend kurz hintereinander durchdeklinierte.

Absurd wäre es zu glauben, sie hätte jemals einen Höhepunkt simuliert, dafür fehlt ihr schon das gedankliche Konzept. Ein aufmerksamer Liebhaber erinnert sich daran, wie ihre Schamlippen um seine Erektion herum eine Art Plappern vollführt haben: Sie quasselt und gnickert mit den Lippen, die keine Stimme haben, sie lutscht und knabbert mit ihnen wie an einer Leckerei. Auch beobachtete der bewusste Liebhaber “dort unten” einen distinkten Sog.

Noch nie hat Christina Dichterliebchen mit einem Mann, auch mit keiner Frau, öfter als siebenmal geschlafen. Jede allzu sinnliche Begegnung mit meiner bescheidenen Person, die über freundschaftlich vertraute Zungenküsse hinausgeht, hat sie immer ausgeschlagen, indem sie gerade ihre liebevoll zugeneigte Verweigerung als das Besondere zwischen uns hinstellte, mochte sie noch so dankbar meinen Liedern an sie lauschen und körperlang an mich geschmiegt mit meiner Hand im Genick, daher schon mit brünstigem Atmen, durch verwinkelte Bierhallen, lauschige Antiquariate und über das Moos des Waldes hinschreiten; es könne dabei zu viel kaputt gehen, sagt sie, und dazu sei ich ihr zu wert.

Ihr angestammtes Element ist die Erde, das ihrer Sehnsucht und ihres inneren Strebens das Wasser. Eine sexuellere Kombination gibt es nicht. Die sich an sie erinnern, vergleichen es mit dem Entkommen aus einem Mahlstrom.

Christina Dichterliebchen probiert ihren neuen Freund aus.

Bild: Christina Dichterliebchen probiert ihren neuen Freund aus, 10. April 2010. Mit dem könnt’s was Längeres werden.

Soundtrack: Tom Waits: Watch Her Disappear, from: Alice, 2002.

Weblog-Empfehlung: Sara Otterstätter, 25. November 2009.

Written by Wolf

8. December 2010 at 7:41 am

Human voices wake us

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Update zu The Art of the Siren #1: Baby Gramps: Cape Cod Girls:

Shall I part my hair behind? Do I dare to eat a peach?
I shall wear white flannel trousers, and walk upon the beach.
I have heard the mermaids singing, each to each.
I do not think that they will sing to me.

I have seen them riding seaward on the waves
Combing the white hair of the waves blown back
When the wind blows the water white and black.

We have lingered in the chambers of the sea
By sea-girls wreathed with seaweed red and brown
Till human voices wake us, and we drown.

From: T.S. Eliot: The Love Song of J. Alfred Prufrock, 1915 (excerpt).

Christina Dichterliebchen muss mal raus. Wie schaut's, Liebchen, Wassersucht, Pegasus ist in der Brunft“Wie schaut’s, Liebchen? Wassersucht?”
“Nee, Pegasus is in der Brunft.”

(Hippogryphen kommen zweimal im Jahr in die Brunftzeit: einmal nach der Leipziger Buchmesse, einmal nach der Frankfurter Buchmesse. Mit der ganzjährigen Brunftzeit des Menschen wird es noch böse enden.)

This is not a lighthouse: Druckbleistift 0,5 HB, Rötel, 29. April 2010.

Written by Wolf

17. October 2010 at 12:01 am

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Unradikaler Westküstenkonstruktivismus

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Update zu Pinguinträume
und Der nie auf Dichterliebchen hört:

Sie riefen den Walfisch, doch er tat’s nicht achten;
sie riefen die Möwen, doch die Möwen lachten;
sie riefen die Wolke, doch die Wolke vernahm nicht;
sie riefen ich weiß nicht was, doch ich weiß nicht was kam nicht.

Ja, wieso denn, wieso? schrie die Küste von Ekuador:
Wärst du etwa kein Walfisch, du grober Tor?
Sehr richtig, sagte der Walfisch mit vollkommener Ruh:
Dein Denken, liebe Küste, dein Denken macht mich erst dazu.

Christina, Quark: Christian Morgenstern: Die Westküsten, aus: Galgenlieder (Exzerpt).

Christina Dichterliebchen will jetzt ihre Dobro.

Vollkommene Ruh: Christina Dichterliebchen will jetzt ihre Dobro,
Druckbleistift 0,5 HB, roter Buntstift (der Rötel war vebuddelt) auf Moleskine, 11. April 2010.

Written by Wolf

9. October 2010 at 2:44 pm

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Die Welt als Wille und Vorstellung

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Arthur Schopenhauer, * 22. Februar 1788—† 21. September 1860:
Bruder von Adele Schopenhauer, * 12. Juli 1797—† 25. August 1849.

Mit Christina Dichterliebchen kann man philosophieren

Auch der Mutter hatte Schopenhauer ein Exemplar der “Vierfachen Wurzel” überreicht. Scherzend meinte sie, das sei wohl etwas für Apotheker. “Man wird es noch lesen”, entgegnete der Sohn, “wann von deinen Schriften kaum mehr ein Exemplar in einer Rumpelkammer stecken wird.” Sie erwiderte neckisch: “Von den deinigen wird die ganze Auflage noch zu haben sein” (Gwinner², S. 117) — und sollte leider fürs erste mehr recht behalten, als sie selbst oder sonst irgend jemand nach einem so bedeutenden Anfang ahnen mochte.

Paul Deussen: Allgemeine Geschichte Der Philosophie:
Mit Besonderer Berücksichtigung der Religionen
, 1917.

Schopenhauers Nachwirkungen:

Bild: Mit Christina Dichterliebchen kann man philosophieren, 11. April 2010.

Written by Wolf

21. August 2010 at 12:01 am

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Kleine Heye

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Apdate zu Lieblingswitz:

An Land trank Ahab manchmal was andas als Rhabarbasaft. Als Starbucks Nachbar jagta aba samstags nachm Waaal.

~~~\~~~~~~~/~~~

Bonus Track (Solo mit verteilten Rollen oder Duett für Vortragskünstler des Schlages Willy Astor oder Die Drei Lustigen Moosacher):

Harald bracht Santana nach Madagaskar. Was da macht? Na klar: Rabatz. Rast dann qua Fahrrad ans Landratsamt nach Bad Hambach am Harz. Kannt Casablancas Strandbar, Alabama, das Tal am Passpfahl Alaska/Kanada, Alcantara, Alhambra, Ankara, a Sandbank am Arsch da Kamtschatka (an da Lastkahn-Abfahrt nach Japan), Sahara, Saarland, Strada dalla Arrabjata, Schwarzwald samt Nachbarschaft; saß dank Staatsanwalt MacCallaghan lang Alcatraz; hatt mal was an Anna, Falbala, Karla, Nadja, Tamara, Tanja; band Wallach Sascha a Bandanna an, traf ganz nah das Alpaka-Lama Rantanplan, Langschwanz-Ara Falstaff, Ahabs Maat Starbuck af Waljagd an Land, Aga Khans Caravan an da Kaaba, Sankt Hannawalds Haarkranz, Mahatma Rhadamanths Avatar — war halt a gmachta Mann, da Harald. “Alla banal”, sagta. “An la Madam Bacall, da war allnfalls was dran.”

Dann sah Harald Barbara. Wann das war? Na, damals am Samstag, nach Haralds Strahl am Canasta-Fanal. Anfangs fand Barbara gar Maharadscha Abdallahs Flacharsch lachhaft lahm. Da kam Harald, bracht Tantra an. Das war ganz was andas.

“Magst a Maß? An Ananasschnaps? Papaya-Bananasalat?” fragt Barbara.

“Trank grad a Glas Granatapflsaft. Falls’d aan da hast, brat ma an Masthahn. Fraß schafft Kraft!”

“An altn Kanalratz kannst ham.”

“Das kannt ma aa andas sagn.”

“Na dann… Karstadt kanntst aa?”

“A wa — das Kaff hat Hangar-Charme, langt nachmals. Anfahrt schad.”

Barbara: Haar schwarz, Hals lang, Nagllack blank — Harald ratzfatz arg vaknallt. Harald baggat: “Blast ma aan?”

“Harr harr”, sprach Barbara, “kannst paarmal?”

“Pah! Allawal machbar. A Araba kann’s ja aa. Mach Schlafkamma parat!”

“Mjamm!” schmatzt Barbara, als Haralds Lastkran ragt, “stramma Kamarad! Darf ma da naalanga?”

“Fass na tapfa dran!”

“Pralla samtna Sack samt aparta Sackhaartracht.”

“Laaf ma nackat nach, aba lass Schnallnsandaln an”, bat Harald, “dann pack ma’s.”

“Antrag lass nach… Trag ma Alabasta-Kadava an Schlafstatt!”

“Blablabla. Mach Baa braat.”

Als Barbara flachlag: “Da — zarta Pfad gangbar.”

“Ach, nahbars Lamm!”

Dann gab Harald Gas, dass arms Madl nach Mama barmt.

“Mannhafta Stand, Galan!”

“Trallala.”

“Mach! Ramm! Schlag alls platt! Tanz Samba! Ja! Ja! Ja!”

“Ja, klar. Ka Kaspar, Gandalf, Balthasar af aamal…”

“Passt aba, starka Mann! Abraham a Santa Clara — Apparat haltbar!” japst Barbara dankbar.

“Jaja”, strahlt Harald, “lang als a Krawattn! War mal Lastafahra.” Lacht dann: “Scham aba aa achtbar nass!”, da Barbara halb schwamm.

“Lavamat ratsam”, lallt Barbara wahnhaft. “Ach ja: War mal Handballamatratza!”

“Ja, das schnallt man.”

“Lastafahra? Dacht, Rastafahnda.”

“Ja, danach. Dann zwaa Jahr Handlanga am Knast Santa Clara.”

“Na, Haptsach, ka Brandschatza, alta Gangsta.”

“Ahh… ahh… ahh…”, schallt’s, dass Nachbarn ganz angst ward.

Als da Tag anbrach, kam Barbara anfangs zaghaft langsam, dann krampfhaft. Bang jammand klang da Krawall: “Jaaaaaaa!”

“Ja sag amal…”

“Wah, war das krass. Kam achtmal, Schatz.”

“Ja, Mannskraft langt.”

“Wahrhaft. Da kam ja gar ka Schlagrahm.”

“Na? Abamals?”

“Aba klar, Masta! Hastn Hamma?”

“Naa, wart.”

“Was machst, Zamkracha?”

“Just anotha rubba.”

“Langt da ka Hansaplast, statt Katzndarm am Wastl?”

“Wals’d a Schwangaschaft magst? Lach ma ja an Ast.”

“Gar an Prahlhans als Vatta, fatala Saftsack. Machst ma das Spalt nass, dann lassta’s sabban. Strafmaß: Rambazamba!”

“Schlampmatz. Was war das dann grad?”

“Kaspakram. Mach ma’s à la Hamsta.”

“Schmarrn. Das war a brava Arbat. Gar ka Anlass, dass’d ma a Caramba schlagst.”

“Was tracht ma dann?”

“Na rat mal.”

“Alpha-Waran?”

“Palava kan Rhabarba, Kassandra. Mach dawaal a Tass handwarma Kaba.”

“Dann pappt alls zam.”

“Dann drahst halt a paar Qualmstangl. Tabak hamma da. A Gramm Gras aa.”

“An Quark paffst ma da an Schlafsaal aschfahl!”

“Dann lass ma halt an Schwarzn Afghana.”

“Kamma da was machn?”

“Naja… Da: Schlappschwanz wachst nach. Abrakadabra!”

“Aha, Marschallstab fassbar.”

Magsta’s mat dam Kantrabass?”

“Ballaballa Ratschlag. Knall, was?”

“Ach was. Dann… Radlfahrn? Andanfalls alls gmacht.”

“Brach Anhang ab? Call a Sanka?”

“Fast. Trag manchmal an Altlast.”

“Schandbar. Zackzack, zahl bar, krankhafta Absahna!”

“Was, Satanas?! Das taat da passn!”

“Naja — was hastn glaabt?”

“Na, dass’d allaa magst.”

“Ha, ha, ha! Was traamst’n nachts? An Papp waaßt, Schwachmat!”

“Gnagnagna. Pack ma zam”, ranzt Harald

Als a an da Kassa drankam, zahlt Harald Strafmandat, war ab da alltags wachsam. Tantra galt Barbara als Abfall.

Abspann (yeah…): Christina Dichterliebchen und Elisabeth zechen im Gap, Goethestraße, Klenze 17, Klenzestraße, Substanz, Ruppertstraße, oder Südstadt, Thalkirchener Straße.

Der Bonus Track ist nachdrücklich für den öffentlichen Vortrag freigegeben; das will ich mir anhören.

Written by Wolf

23. July 2010 at 10:19 am

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Der nie auf Dichterliebchen hört

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Update zu Christina Dichterliebchen wird erfunden:

Ich bin der Dichter, der euch anfleht und beschwört.
Ihr seid das Volk, das nie auf seine Dichter hört.

Erich Kästner, 30. Juni 1945.

Dass Christina Dichterliebchen immer alles zweimal sagen muss.

Dobrofreies Bild: Druckbleistift 0,5 HB, Rötel.

~~~\~~~~~~~/~~~

Ach ja: Skurrile Tageswidmungen: Der letzte Mittwoch im Juni ist traditionell Tag des Fußes. Ohne Schmarrn.

Written by Wolf

30. June 2010 at 7:03 am

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Einige schlechte Eigenschaften Christina Dichterliebchens:

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Update zu Gone Stag und Nichtschwimmerlied:

Christina Dichterliebchen verträgt vier Bier (und die Wirkungstrinker haben’s allgemein nicht so mit Zahlen).

Christina Dichterliebchen verträgt vier Bier

Christina Dichterliebchen raucht! Im Bett!

Christina Dichterliebchen raucht im Bett und liegt gern oben

Christina Dichterliebchen ist eifersüchtig.

Christina Dichterliebchen ist eifersüchtig. -- Hast wieder mit deiner Frau geschlafen?

Aber alles was recht ist: Sie nimmt am Juni-Gewinnspiel teil!

Groß auf Flickr: Bild 1; 2; 3.

Soundtrack: Tom Waits: Lucinda from Orphans: Brawlers, Bawlers & Bastards, 2006
on Felix The Cat and The Goose That Laid The Golden Eggs, 1936.

Written by Wolf

13. June 2010 at 12:01 am

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Write! Comrade, write!

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Außer dass Elke als einzige Siegerin im Mai-Gewinnspiel schlau genug war, den ihr zustehenden Preis einzutreiben (smashill, auf deine Adresse warte ich noch!), hat sie auch Anspruch zu sehen, was aus ihrem Beitrag geworden ist.

Als sinnvollster Text für Christina Dichterliebchen erschien mir das Gedicht von Emily Dickinson, das Elke ausgegraben hat. Sinnvoll deswegen, weil Frau Dickinson sich zeit ihres freudlosen Lebens in einer metaphysischen Definition als “Barfußdichterin” betrachtete und Frau Dichterliebchen selten in etwelchem Schuhwerk angetroffen wird; sinnvoll, weil Frau Dickinson gerade im Mai Todestag hatte und Frau Dichterliebchen auf dem ausgeschriebenen Bild eine jubelnde Daseinsfreude an den Tag legt.

Sinnvoll also wegen der Parallelen Dickinson—Dichterliebchen — störend nur, dass es ausgerechnet einen Schiffbruch beschreiben muss. Nun hielt sich Frau Dickinson zwar den größten Teil ihres Lebens in ihrem Kinderzimmer auf, wo die selbsterklärte Barfußdichterin nach allem Dafürhalten nicht gerade in genagelten Bergstiefeln umhersaß, besang jedoch oft und vielschichtig das Meer mit seiner Weite und unerschöpflichen Symbolik. Und siehe, es gibt eins von ihr, das kaum besser passen könnte, gerade auch weil zusätzlich die Unterüberschrift einen Vergleich zum Schreiben in das Seefahrerthema trägt — sogar in zwei Versionen. Verwendet hab ich die erste, weil in der zweiten der Bezug zum Schreiben entfernt wurde, und weil typographisch schlichter und deshalb in einem handgeletterten Cartoon eindeutiger darstellbar:

On this wondrous sea

Write! Comrade, write!

On this wondrous sea
Sailing silently,
Ho! Pilot, ho!
Knowest thou the shore
Where no breakers roar —
Where the storm is o’er?

In the peaceful west
Many the sails at rest —
The anchors fast —
Thither I pilot thee
Land Ho! Eternity!
Ashore at last!

Emily Dickinson, 1858.

Christina Dichterliebchen freut sich über Emily Dickinson

Der neue Scan mit der Sprechblase sieht gleich viel lebendiger aus, ne? Danke fürs Draufstoßen, Elke!

Bild in Flickr.

Written by Wolf

28. May 2010 at 3:16 pm

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Ambra (Love Is a Touchscreen App)

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Und wissen wir auch nicht, was Liebe ist, so machen wir sie doch. Seit Jahrtausenden machen wir Liebe. Millionen und Abermillionen Kubikmeter Liebe. Fahrlässig, sagt der TÜV, kein Wunder, daß immer alles schiefgeht. Ach was, sagen die anderen, wenn keiner was weiß, ist alles immer wieder prickelnd und aufregend neu. […] Jedenfalls: Manche verlieben sich nur ein einziges köstliches Mal im Leben. Werden weich in den Knien, müssen schlucken, warten auf SMS, geben sich den ersten Kuß, gestehen sich ihre Liebe, umarmen sich, geben sich hin. Dann kommt etwas dazwischen, und alles ist vorbei. Zum Beispiel stirbt einer von beiden im Alter von fünfundneunzig Jahren. Oder etwas fällt runter, und vor lauter Schreck vergißt man, daß man gerade noch verliebt war. Aber verlieben sollte man sich trotzdem; man sollte es sogar versuchen, wenn man in der FDP ist. Denn Love haut rein wie Hulle.

Gunnar Homann: Liebe, in: Titanic, April 2010, Seite 60 f.

Christina Dichterliebchen hat wieder eins geschrieben:

Ambra

The Faintest Way, PianoErst seit uns in Netzwerk-Tagen
ein Sun Microsystem heizt,
lieg ich barfuß bis bis zum Kragen
auf die Schiffsplanken gespreizt.

Was wir sonst nie treiben dürfen,
bleibt hier alles virtuell:
Saugen, Blasen geht beim Surfen
in Outlook wie im Ausguck schnell.

Was Liebe ist? — Eine der bloßen
Touchscreen-Apps, und viel mehr sollen
wir nicht wissen — wie Matrosen,
die gar nicht schwimmen wollen.

Im Kopf des Wals ist so viel Platz,
und Seerosen blühn erst im Herbst,
und Seegang tobt, bis du, mein Schatz,
dereinst mein Facebook-Passwort erbst.

Kannst du mal von Flickr wegkommen, ich will heut noch fertig werden. -- Wo is eigentlich dein alter Tütü hingekommen

Bilder: Der alte Firefox Christina Dichterliebchen lässt sich als Flickr-Star auftakeln;
The Faintest Way (inzwischen gelöscht).

Written by Wolf

15. May 2010 at 5:04 pm

Maigewinnspiel: Alles muss raus!

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Christina Dichterliebchen

Comment what Christina Dichterliebchen is saying in the picture, and win one of the books listed below. Deadline: Sunday, May 16, 2010, midnight.

Mal wieder Zeit für ein richtiges Gewinnspiel, oder? Es gibt richtig klasse Preise, die meisten davon Abschreibungen der Münchner Stadtbücherei, Filiale Isarvorstadt. Die legen da so oft so tolles Zeug auf ihren Grabbeltisch, dass ich ab und zu entschlacken muss. Ihr Vorteil, liebe Moby-Dick™-Leser.

Erst die Preise oder erst die Aufgabe? — Gehen wir chronologisch vor: Ein Buch gewinnt, wer in den Kommentar schreibt, was Christina Dichterliebchen, wie wir sie oben auf dem Bilde schaun, sagt.

Möglicherweise ruft sie gerade nach “Moooooby!!”, singt “Guten Morgen, guten Morgen, guten Morgen, Sonnenschein” von Nana Mouskouri, beschwört mit uraltem Hexenkram die Elemente, zitiert Melville, Shakespeare oder Edmund Spenser, den Melville mochte und ich schon lange mal hier reinzerren will, oder freut sich: “Heute back ich, morgen brau ich, übermorgen straps ich mir den Stümper, der mir dauernd solche Affenkrallen als Hände und Füße malt.” Überraschen Sie Christina Dichterliebchen und mich!

Bedenken Sie dabei, dass Sie jemandem etwas in den Mund texten wollen, der immerhin in der Lage ist, besoffen ganze Passagen Seume herzusagen und zielführend zu verwenden.

Wie Sie bemerken, ist in der Bildaufteilung so viel Platz für eine Sprechblase, dass sie die Kimmung nicht überschneidet. Neu scannen muss ich die sprechende, singende Version dann sowieso, da kann ich notfalls gleich noch irgendwas dazumalen. Wenn Sie für Ihre Lösung einen Leuchtturm, eine Walfontäne, ein Ruderboot, ihren Rucksack oder dergleichen benötigen — im Meer ist viel Platz. Eine zweite Person bitte nicht, sonst kritzel ich vorher aufgrund meines mangelhaften künstlerischen Geschicks wieder drei Blätter mit Anatomiestudien voll. Aus dem gleichen Grund bitte auch keinen Windjammer; einfache Dreimaster gehen.

Christina Dichterliebchen spricht Deutsch, Fränkisch, Bairisch, Österreichisch, Latein und Englisch. Alle anderen europäischen Dialekte eher gebrochen, aber wenn’s der Aussage dient, strengt sie sich an.

Als preiswürdig erweist sich, wer das Dichterliebchen und mich zum Grinsen bringt, und Sie wissen ja, durch wie simple Purzelbäumchen ich zu erheitern bin. Es ist genug für alle da, mindestens aber zehn Bücher:

  • Frédéric Beigbeder: 39,90 (der französische 2001er Knaller über die böse, böse Werbebranche noch als Hardcover!);
  • Rudolf Herfurtner: Rita Rita (Ravensburger Taschenbuch Jeans. “Am Flipperautomaten ist Rita unschlagbar. Da lernt sie Franz kennen, einen, der anders ist. Rita bleibt nicht länger die coole, überlegene Flipperqueen.” Das steht schon vorne drauf);
  • Bruno Jonas: Gebrauchsanweisung für Bayern (genau: der Kabarettist. Der typische Seppl-Humor, der Berlinern und Küstenbewohnern offenbar doch immer wieder zusagt, aber nicht ganz so würdelos gemacht);
  • Tone Kjaernli: Und wer küsst mich? (ach, kommen Sie, ist doch süß. Haben Sie keine Tochter oder waren wenigstens mal eine? Weder das Chicklit-Dings von Heide John noch das andere Chicklit-Dings von Claudia Sanders — das Kinderbuch. Die Zielgruppe hinterbringt mir, es sei sehr einfühlsam);
  • Längst fällig. 37 notwendige Verbote (Antje Kunstmann als Herausgeberin und Verlegerin. In der Beiträgerliste stehen Funny van Dannen, Robert Gernhardt, Wiglaf Droste, F.W. Bernstein und Harry Rowohlt. Deshalb ist das einer der Hauptpreise);
  • Fanny Morweiser: Ein Winter ohne Schnee (kleines schmuckes schwarz-gelbes Diogenes. Kurzgeschichtensammlung von der Dame mit meinem alten Liebling O Rosa, müsste also richtig gut sein);
  • Boris Pasternak: Doktor Shiwago (fettleibiges Taschenbuch, erinnert in Kaliber, Geschichte, Aufmachung und Anspruch an das Vom Winde verweht des Erbfeindes. Pageturner, Lesefutter, Herz, Schmerz, politische und historische Bildung, russische Säälä!);
  • Wilhelm Reich: Sexualität und Klassenkampf (einer der Grundpfeiler der deutschen Hippie-Theorie. Und so wie es aussieht, war es das Exemplar von Rainer Langhans);
  • Frank Schätzing: Der Schwarm (großmächtiges Hardcover, da werd ich mit dem Porto ganz schön draufzahlen, weil das nicht als Büchersendung, sondern als Paket durchgeht, aber das loszuwerden ist es mir wert);
  • Laurence Sterne: Tristram Shandy (der hochkomische Geheimtipp mit allen literarischen Mitteln, die eigentlich erst zwei Jahrhunderte später dran waren, als dickes Reclam. Übersetzung von Otto Weith, 1972. Das Buch ist aber erst so alt wie du, Stephi).

Wenn Sie Ihren Text vorschlagen, wünschen Sie sich auch gleich ein Buch dazu, sonst gewinnen Sie am Ende den Schätzing. Jeder hat so viele Versuche, wie er braucht. Sollten mehr Lösungen eingehen als Preise da sind, werden ein paar von den ersteren für doof erklärt, oder besser, ich schau nochmal zum Grabbeltisch.

Das ist eine lustige Aufgabe, die man lutschen muss, solange sie frisch ist. Einsendungen bitte bis Sonntag, den 16. Mai 2010, Mitternacht. “Rechtsweg” hab ich überhört.

Written by Wolf

1. May 2010 at 12:01 am

Christina D. kennt die Mannsbilder

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Christinchen Dichterliebchen in der Grube

“Zeig mal. Was sag ich da drauf?”

“‘Mädchen, hütet euch vor diesen,
die beim Kuss die Augen schließen.'”

“Soso. Weil du sie immer offen lässt beim Küssen, oder was?”

“Kluges Mädchen.”

“Und was sollen unsere ganzen englischen Leser damit anfangen?”

“‘Maidens, be aware of those,
who, kissing-wise, their eyes do close’?”

“Du bist echt so ein Arsch…”

Bild groß.

Written by Wolf

30. April 2010 at 12:01 am

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Christina D. loves to suckle fools and chronicle small beer.

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Update zu Hallo Shakespeare, adiós Cervantes:

Christina Dichterliebchen spricht sensibel auf Literatur an

23. April ist Welttag des Buches und des Urheberrechts und des deutschen Bieres. Weil da 1516 das Reinheitsgebot erlassen und 1564 Shakespeare geboren wurde. Transferdenken können Sie selber.

Christina Dichterliebchen besteht wie immer aus Druckbleistift 0,5 HB, eitel Rötel und Augustiner Edelstoff. Genau wie (introducing!:) Frau Kreutzer aus Modernes Antiquariat, Klassik und Papeterie.

Written by Wolf

23. April 2010 at 12:01 am

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Die Nachrichten von seinem Tod: Huck, Mark, Samuel und Tom (und Alexander, Andreas und Paul)

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Update zu Moby-Dick goes Huckleberry Finn
und The little mocking bird sang sweetly all the day:

Gentlemen: — Please do not use my name in any way. Please do not even divulge the fact I own a machine. I have entirely stopped using the Typewriter, for the reason that I never could write a letter with it to anybody without receiving a request by return mail that I would not only describe the machine, but state what progress I had made in the use of it, etc., etc. I don’t like to write letters, and so I don’t want people to know I own this curiosity-breeding little joker.

Yours truly,
Samuel L. Clemens.

Mark Twain to E. Remington Typewriter Company,
Hartford, March 19, 1875.

Dictating autobiography to a typewriter is a new experience for me, but it goes very well, and is going to save time and ‘language’ — the kind of language that soothes vexation.

I have dictated to a typewriter before — but not autobiography. Between that experience and the present one there lies a mighty gap — more than thirty years! It is a sort of lifetime. In that wide interval much has happened — to the type-machine as well as to the rest of us. At the beginning of that interval a type-machine was a curiosity. The person who owned one was a curiosity, too. But now it it is the other way about: the person who doesn’t own one is a curiosity.

In a previous chapter of this Autobiography I have claimed that I was the first person in the world that ever had a telephone in his house for practical purposes; I will now claim — until dispossessed — that I was the first person in the world to apply the type-machine to literature. That book must have been The Adventures of Tom Sawyer. I wrote the first half of it in ’72, the rest of it in ’74. My machinist type-copied a book for me in ’74, so I concluded it was that one.

That early machine was full of caprices, full of defects — devilish ones. It had as many immoralities as the machine of to-day has virtues.

Mark Twain: Unpublished Autobiography, 1904,
Villa Quarto, Florence, in: Harper’s Weekly, March 18, 1906.

Huckleberry DichterliebchenAlles an dem Manne ist zwei.

Das fängt mit dem Namen an: Samuel Langhorne Clemens wurde Mark Twain, das bedeutet wörtlich: zwei Faden Tiefe unter dem Rumpf eines Schaufelraddampfers, was wiederum bedeutet: Wenn das Uferpersonal bei seinem Nahen “mark twain!” rief, konnte sein Schiff sicher passieren — und das in seinem zweiten Leben, dem als Schreiber. Das erste behielt er bei: als Geschäftsmann, Ehemann und Vater. Die Hälfte Mark Twain wurde einer der Klassiker, die hundert Jahre nach ihrem Tod noch freiwillig, ja begeistert gelesen und verstanden werden.

Das ist heute. “Klassiker: ein Buch, das die Leute loben, aber nicht lesen” — das stammt von ihm wie bestimmt Hunderte anderer kurzer, knackiger Sätze, die ihm gern nur zugeschrieben werden, weil sie so schön knurrig-versöhnlich nach ihm klingen. Manchmal werden sie auch mit denen von Oscar Wilde verwechselt, es hat eben alles zwei Seiten.

Im englischsprachigen Volksgedächtnis haftet er wie Shakespeare und Lewis Carroll, selbst im deutschen ist er der Inbegriff eines schnucklig-romantischen Amerika geworden, dem man weder für den Bürger- noch die Irakkriege noch die als selbstverständlich angenommene Kulturlosigkeit böse sein kann: Den Negersklaven ging’s doch richtig gut! Und Lausbubengeschichten vom Mississippi sind ja was anderes als Musik mit Schlagzeug! Lösungssätze für Kreuzworträtsel liefert er wie sonst nur Wilhelm Busch, Kästner und Schiller.

Seine zwei stilprägenden Welterfolge waren die ersten Bücher, die ich im englischen Original gelesen hab; dem Jungwolf mangelte es am nötigen Gelde, und die Nürnberger Stadtbibliothek hatte auf Deutsch nur schmalbrüstige Kinderausgaben da. The Adventures of Tom Sawyer (1876) und Adventures of Huckleberry Finn (1884) dagegen in einem Band, complete and unabridged, wo ich noch nicht mal wusste, was abridge heißt, und nicht so kindisch mit bunten Bildchen von beschönigten prekären Existenzen aufgemacht, sondern eine abgegriffene, erwachsen wirkende Textwüste, älter als ich. Ich erinnere mich, dass ich die paar hundert Seiten durchgehalten hab, mit dem Pons Global in Nachschlageweite auf dem Bauch. Mein zweites Buch auf Englisch war dann Bukowski, dafür ließ ich mir alsbald von der Leipziger Verwandtschaft die DDR-Aufbau-Ausgabe Der berühmte Springfrosch von Calaveras von 1963 schenken (auf Amazon.de nur noch im Softcover bebildert), um eine Reihenfolge einzuhalten.

Der Unterschied zwischen Tom Sawyer und Huckleberry Finn ist ungefähr der zwischen Micky Maus und Donald Duck: der jeweils erstere ein kleiner Held aus dem einfachen Volk, Identifikationsangebot und pädagogisch taugliches Vorbild; die letzteren ihr struppigerer Widerpart — nicht etwa Gegner, nur Reibungsflächen als komplementäre Sidekicks. Und sogar beide in ihren Serien zuerst als Nebenfigur aufgetreten, danach wegen großer Nachfrage Hauptfiguren ihres eigenen Werks. Die etwas böseren Jungs auf der guten Seite, dadurch plastischer, schillernder, glaubwürdiger in ihrer mehrschichtigen Welt. Fand jemals einer Tom Sawyer besser als Huck Finn? Mag irgendwer Micky Maus?

Ersparen wir uns, die Lobreden auf Mark Twain und seine Jugendaufarbeitungen nachzusingen, die gerade zu seinem hundertsten Todestag die Feuilletons verstopfen; sie führen alle an, was Hemingway über den Huckleberry gesagt hat (soll ich’s sagen? — : dass es vorher “nichts” gab und nachher nichts Gleichwertiges mehr kam und dass es das beste Buch sei, das “wir” haben — außer Hemingways eigenen wahrscheinlich) und was sein Schöpfer doch für ein brillanter “Zyniker” war. Es stimmt alles, ist aber egal. Nehmen wir sachbezogen zur Kenntnis, was getan wird:

Mark Twain on Mississippi RiverDer Hanser-Verlag hat Sawyer und Finn in einem Band in neuer Übersetzung von Andreas Nohl vereint. Man hört nur Gutes darüber, es scheint wirklich grandios und überaus genießbar geraten — der Twain, hört man, fürs dritte Jahrtausend —, und man hätte von Hanser gar nichts Geringeres erwartet. Als Unternehmung, in Anspruch und Aufmachung erinnert das Opus stark an ihren neu eingerichteten Moby-Dick von 2001.

Und Alexander Pechmann hat Mark Twains Briefe erstmals auf Deutsch zu einer Biographie zusammengefasst: Sommerwogen. Eine Liebe in Briefen vereint vor allem die Briefe an seine Frau mit solchen, die den Entwurf vervollständigen. Pechmann hat sich vormals als Herman Melvilles neuester Biograph verdient gemacht, seine Unternehmung erinnert in Anspruch und Aufmachung stark an Daniel Göskes Materialsammlung Ein Leben von und über Melville.

Melville und Twain, die amerikanischen Ikonen — etwas scheint sie zu verbinden. Sicher das Stiften einer künstlichen neuen Welt für die geographische Neue Welt: Haben doch beide das Zeug zum Mythos und sind immerhin Klassiker geworden. Da lagen Themen herum, jemand musste sie aufgreifen. Und das Neue im Altbekannten, die frische Sicht auf allgemeinmenschliche Zustände konnten Zeitgenossen anrühren (in Melvilles Fall wenigstens den Verleger, in Twains Fall eine Menge Publikum, die zum zweitgrößten Bestseller der Zeit nach Uncle Tom’s Cabin reichte) und werden es wohl noch einige Generationen lang können.

Ferner teilten sich Melville und Twain den Verleger, Evert Duyckinck von Harper — übrigens auch mit Emerson, Longfellow und Poe; Harper besteht bis heute. Beider Romane wurden für reife Leser erfunden und als Kinderbücher zurechtgestutzt und vereinnahmt. Und wie Melville unternahm Twain seine Bildungsreise durch Europa und das Heilige Land, worüber vom letzteren mehr und entschieden besser gelaunte Zeitungsartikel, Romane und Vorträge entstanden als Melvilles langatmigstes Versepos der Welt. Auch das Bildungsideal der Europareise besteht noch unter ehrgeizigen Amerikanern.

In Italien interessierte ihn an Kunstschätzen hauptsächlich der Markusplatz, weil der nach dem Namenspatron seines Pseudonyms heißt, ansonsten mehr das nautische Geschick der Gondolieri. Seine Ciceronen nervte er mit der ersten Frage, ob die ganzen Leute, von denen sie ihm stolz erzählen wollten, doch nicht etwa schon tot seien.

Womöglich arbeitete er so auch am uramerikanischen, gerade in der Alten Welt volkstümlichen Bild des kulturlosen Amis. Wir wissen jetzt: Seiner Kultur mangelt es nicht, sie wendet sich nur gegen ihr falsches Verständnis.

Aus dieser betonten, stellenweise bis zur Pose aufgesetzten Volksnähe entspringt mein persönliches Lieblingsstück von ihm: The Awful German Language von 1880. Twains Stoffe sind ohnehin niemals erst durch ihre Benennung ins Leben getreten, sondern bilden es — vice versa — ab. Niemand kann ihm nachsagen, er hätte nicht versucht, dem Volk aufs Maul zu schauen, um es ihm gleichzutun. An der deutschen Sprache ist er mit launig allen vernünftig — lies: englisch — sprechenden Leuten mitgeteilter Verzweiflung gescheitert. Das Frappierende für den deutschen Leser ist die Sicht des Fremdsprachlers auf das Gestrüpp von endlosen Wörtern und ebensolchen Sätzen mit auseinandergerissenen Verben. Man muss weder Amerikaner noch Germanist sein, um auf die grotesken Aspekte der deutschen Sprache zu stoßen — aber so einsichtig und einsehbar, so erhellt und erhellend und dabei so pointiert wie der Innocent Abroad Twain hat’s seither keiner mehr gebracht. Praktischerweise ist die Satire ganz gut in ihren eigenen Gegenstand übersetzbar; online steht sie am handlichsten als Weblog-Eintrag aufbereitet bei Vitaly Friedman.

Die Ismael-Figur, die aus dem Nirgendwo kommt, tut, was sie will, geht, wohin sie will, sagt, was sie denkt, und erfolgreich das schafft, was sie als ihre Bestimmung erlebt — auch Huckleberry Finn ist so eine, und das macht ihn zutiefst amerikanisch. Die unverdrossen scheiternden Loser Ismael, Huck Finn und Donald Duck — dem Setting nach auch Django und alle anderen namenlosen Westerndorfbesucher europäischer Provenienz — leben den American Dream. Und es macht Spaß.

Nun wäre Samuel Clemens nicht Mark Twain, wenn das die einzige Sicht wäre.

Gleich im zweiten Kapitel von Tom Sawyer steht jenes Parade-Schelmenstück, das immer kommt, wenn irgendwas über Tom Sawyer kommt: wie er zur Strafe Tante Pollys Lattenzaun anstreichen muss, sich dabei einen Lenz macht und noch materiellen und sozialen Gewinn daraus zieht. Ein dramaturgischer Geniestreich, in dem sich die amerikanische Seele offenbar seit jeher wiedererkennt, und bei dem man jedes Mal wieder breit mitgrinst.

Das steht am Anfang. Im weiteren Verlauf treffen wir den stadtbekannten Säufer Muff Potter, den amoralischen Raubmörder Indianer-Joe, in ihr Schicksal ergebene Sklaven, korrupte und bigotte Honoratioren und nicht zuletzt einen vom alkoholkranken Vater verstoßenen kleinkriminellen Halbwaisen namens Huck Finn, der auf den einzigen anständigen Charakter auf dieser Geisterbahn in der Provinz von Missouri, den Bürgersohn Tom Sawyer, Einfluss nimmt, als ob das lustig wäre, besonders wenn man in diesem Milieu aufwachsen musste.

Ist es nicht. Aber man kann es idyllisch darstellen. Das Sequel Huckleberry Finn ist dann auch ungleich vielschichtiger, durchwachsener als Tom Sawyer, der tatsächlich fast als Sammlung von Kinderepisoden durchgeht. Genau richtig, um ziemlich viele Seiten und das inzwischen dritte Jahrhundert lang zu tragen. Mit diesen vergnüglichen Hits des Schreibers Mark Twain tingelte der Geschäftsmann Samuel Clemens durch einen Triumphzug von Lesereisen. Niemand von uns Heutigen war dabei oder könnte auf Bild- und Tonmaterial davon zurückgreifen — aber sich fragen, was er dabei über sein Publikum dachte, das er eigentlich nur getreulich abgebildet hatte.

Mark Twain and Dorothy QuickSehr viel schlimmer treibt er es in seinen späteren Büchern. Er etabliert als Stilmittel, lustig und übermütig anzufangen und dann immer düsterer zu werden, die Maulschellen der Sozialkritik kommen im Trojanischen Pferd humoriger Geschichten. Er schrieb unstrukturiert, atemlos und an allen Enden gleichzeitig — einer von denen, angesichts deren schieren Outputs man sich fragt, ob der denn nie wenigstens mal aufs Klo musste, dabei hatte er vor seiner Schreiberkarriere die nötige Lebenserfahrung zusammenerlebt, Drucker gelernt, nach Gold geschürft, Dampfer auf dem Mississippi von New Orleans nach St. Louis und zurück gelotst und als Journalist gearbeitet und war als Live Act ein unfehlbarer Kassenfüller für den Buchhandel, nebenbei auch noch treusorgender Ehemann, ein glühender Freund und Unterstützer aller Katzen, fleißiger Europareisender und, worauf alle Zeichen deuten, liebevoller Vater, und einzig als Investor für seine selbst erfundene Setzmaschine, deren Zeit noch nicht reif war, zu hitzig und folglich glücklos, und wenn’s am einen Projekt nicht recht vorwärts gehen wollte, schrieb er eben schnell am anderen weiter. Hier war er nicht zwei, hier war er die ganze Menschheit, die er für missraten und verloren hielt. Was musste in diesem Mann alles brodeln.

Ein Yankee aus Connecticut an König Artus’ Hof fängt an als harmlose Satire aufs ach so finstere Mittelalter. Hintenzu stellt sich als Moral heraus, dass die Menschheit seitdem nicht vorwärtsgekommen, sondern rückwärts in einen Abgrund gestolpert ist. Am Schluss sind die Neuzeitlichen die Kriegsgewinnler, sterben aber am Leichengift der Selbstbesiegten. Man hätte stutzen sollen, als die Titelfigur Hank Morgan Werksmeister in der Hartforder Waffenfabrik von Samuel Colt war.

Die Briefe von der Erde gar waren dermaßen brandgefährlich aggressiv, dass sie erst 1963 veröffentlicht wurden, nachdem Clemens/Twains letzte Tochter Clara starb und der Nachlass frei wurde. — Satan wird auf die Erde strafversetzt und muss Berichte schreiben, die zu einer radikal hoffnungslosen Abrechnung mit allem geraten, was Moral, Trost, ja Leben heißt:

Wenn es ein Motto für [Gott] gab, so hätte es lauten müssen: „Laßt keinen Unschuldigen entkommen.“ Man denke daran, was er in der Zeit der Sintflut tat. Da waren Unmengen von kleinen Kindern, von denen er genau wusste, dass sie sich nicht das Geringste hatten zuschulden kommen lassen; aber ihre Angehörigen hatten es, und das genügte ihm. Er sah die Wasser steigen bis zu ihren schreienden Mündern, sah die wilde Angst in ihren Augen, das Flehen auf den Gesichtern der Mütter, das jedes (andere) Herz als das seine gerührt hätte; aber er ließ die kleinen Würmer ersaufen.

Mark Twain: Briefe von der Erde,
cit. nach Paul Stänner: Ein Yankee aus Connecticut, Deutschlandradio Kultur Berlin, 18. April 2010.

Remington Typewriter CompanyDer liebenswerte, mitreißende Stegreif-Rhetoriker und ansteckend lebendige Kauz mit wuscheligem Feuerkopf und Schnauzbart, die Einstein und Disney von ihm abgeschaut haben müssen, war ein schonungsloser Haudrauf — nicht, weil er in Wirklichkeit so viel Bosheit unterdrücken musste, sondern im Gegenteil: weil er das Menschengeschlecht, das seine, lieb haben wollte. Seine Düsterarien sind nie Ermunterungen zum Aufgeben, nur Darstellungen dessen, was längst passiert ist und von Anfang an so war. Die Hölle, die sein Wohnort und der seiner Lieben ist, war ihm nicht recht: Er wollte, dass es vorwärts geht und besser wird; Tom Sawyer ist das erste Schreibmaschinenmanuskript der Literaturgeschichte — klar: gelernter Drucker; über den fingierten Ich-Erzähler Huck Finn, den bildungsfernen, verwahrlosten Straßenjungen, hat er Südstaaten-Slang in die Hochliteratur getragen und damit vielleicht endgültig die amerikanische von der englischen Literatur emanzipiert. Heute hätte er wahrscheinlich gebloggt.

Zynismus ist kein großmäulig missmutiges Herumlästern, sondern eine der anspruchsvollsten philosophischen Richtungen, für die man eine gute Zeitlang gelebt und sich aufmerksam umgeschaut haben muss — daher “ein Vorrecht des Alters”, wie wir von Twain wissen —, das wurde schon immer unterschätzt. Und Pessimisten haben immer Recht, darum kriegen sie nie einen Gutenachtkuss. Dass er seine von Anfang bis zum Ende zärtlich geliebte Frau Olivia und drei seiner vier Kinder überleben musste, gab ihm den Rest. Kein Gott, kein Teufel, kein Weltall existiert, und erst recht keine Liebe in der Welt — mitt alledem konnte man noch irgendwie zurecht kommen. Nur vor solcher Ungeheuerlichkeit eines blind dreindreschenden Schicksals stand sein Witz wehrlos, hilflos, resigniert.

Samuel Clemens, nicht so sehr Mark Twain, hat am Ende eine Art Frieden damit gemacht, dass die Menschheit nun einmal verdammt ist. So ist der Mensch, hier steht er und kann nicht anders, Gott helfe ihm, falls es ihn überhaupt gibt, es ist, was es ist, finden wir uns damit ab oder sterben wir noch unglücklicher als unbedingt notwendig. Seine letzten, bittersten Texte sah er erst gar nicht mehr zur Veröffentlichung vor.

Es hat einen Grund, dass ich lieber von hier unten aus dem Grab spreche: Von hier kann ich frei sprechen.

Twain hat seine Bibliothek sorgfältig behandelt, seine Arbeitsweise ist schwer anhand von Anstreichungen und Eselsohren nachvollziehbar, weil es kaum welche gibt. Umso auffallender die eine in seinem Exemplar von Darwins Reisebericht von der Beagle, Journal of Researches — mit Tinte:

Can any plausible excuse be furnished for the crime of creating the human race? [Kann man sich für das Verbrechen, die Menschheit erschaffen zu haben, irgendeine plausible Entschuldigung ausdenken?]

Ein Vorwurf gegen Gott, nicht gegen einen Menschen, das muss man unterscheiden. Twains alte Zweiheit: Nicht, weil sich das ausschlösse — sondern weil es eine andere Seite ist.

1835 war ein Jahr, in dem der Halleysche Komet in Amerika vorbeischaute, da wurde Samuel Clemens (noch nicht Mark Twain) geboren. Am 20. April 1910 war der Komet das nächste Mal fällig, da wollte er sterben. Einen Tag später, am 21. April vor 100 Jahren, hat er es geschafft und behielt ein letztes Mal Recht. Eine seiner wenigen Sentenzen, die überlebt und dabei — ausnahmsweise nicht vor lauter Überstrapazierung — sich überlebt haben, ist deswegen gerade noch:

Die Zeitungen schreiben, dass ich sterbe. Das ist falsch. Ich würde so etwas niemals in meinem Leben machen. Die Nachrichten über mein Ableben sind stark übertrieben.

Vielleicht ändert sich innerhalb hundert Jahren ja doch das eine oder andere — oder beides.

Prost, Master Mark, prost, Mr. Samuel. Ihr werdet noch gebraucht.

Literatur:

Totenlied: Blind Willie Johnson: Shine On Me: Afromamerikanischer Südstaaten-Gospel, hat nicht unmittelbar mit Mark Twain zu tun, stammt aber aus seiner Mississippidelta-Gegend, atmet seine verzweifelte Fröhlichkeit — und wird genau ab der zweiten Hälfte knorriger und besser. Das hab ich eigens für hier zusammengeschraubt. Falls es trotzdem mal wieder gesperrt ist, gucken Sie die zweite Wahl von Rose Stone and the Venice Four and the Abbot Kinney Lighthouse Choir aus dem Coen-Remake Ladykillers 2004, da kriegen Sie noch Trouble of This World obendrauf. Das ist auch noch wirklich schön und gibt genügend was fürs Auge her, dass es Vollbild rentiert.

Bilder: The Living Daylight: More of Mark Twain’s, 4. November 2009;
Mark Twain and Dorothy Quick: Photowall Mark Twain in Quotations Book;
E. Remington Typewriter Company, 1904;
Videobild: FotoEdge: Gospel Lighthouse in Excelsior Springs, Missouri, 16. November 2008.

Huckleberry Dichterliebchen: Druckbleistift 0,5 HB und Rötel auf Moleskine, April 2010.

Written by Wolf

21. April 2010 at 12:02 am

Christina D. redet sich raus

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Ich trinke keinen Wein, keinen Kaffeeh, keinen Liqueur, rauche keinen Tabak, und schnupfe keinen, eße die einfachsten Speisen, und bin nie krank gewesen, nicht auf der See und unter den verschiedensten Himmelstrichen. Meine stärkste Ausgabe ist Obst. Ich habe weder in Amerika noch in Rußland einen Pelz getragen: meine Panazee ist Diät und Bewegung.

Johann Gottfried Seume: Brief an Gleim, 1. Mai 1798.

Christina Dichterliebchen redet sich raus

Du weißt, daß Schreibseligkeit eben nicht meine Erbsünde ist, und wirst mir auch Deiner selbst wegen sehr gern verzeihen, wenn ich Dir eher zu wenig als zu viel erzähle. Wenn ich recht viel hätte schreiben wollen, hätte ich eben so gut zu Hause in meinem Polstersessel bleiben können.

Johann Gottfried Seume: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802;
Butin (Banat), Dezember 1802, in meiner Ausgabe Seite 24.

Druckbleistift 0,5 HB und Rötel auf Moleskine; groß.

Written by Wolf

14. April 2010 at 12:01 am

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Christina D. erfindet zurück

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Christina Dichterliebchen probiert Namen aus

Ku-ert ist aus Schloss Gripsholm, Nathaniel aus dem Sandmann (E.T.A. Hoffmann, nicht Neil Gaiman, außerdem mit mit i statt a), Arthur war der Gummibaum in der deutschen MAD-Redaktion, Schnutz der Kindheitsname einer alten Werberkollegin, und Heribert hat einer im Deutsch-LK zu mir gesagt, weil er sich keinen anderen Namen merken konnte. In den Dance Remix kommen noch Goethes Kindheitsname Hätschelhans, Rumpelstilzchen und Elfriede.

Das Zeug rechts von seinem Ellenbogen sollen Knoblauchschalen sein. Die Schwierigkeit lag darin, Christina Dichterliebchen ihrem Dialogpartner weder zu weit noch zu nah auf der Pelle in den Raum zu stellen und dabei ihre korrekte perspektivische Größe einzuhalten. Im Scan vermisse ich die Stuhllehne hinter ihm, auf dem Papier fällt das gar nicht mal so auf; sitzt er halt aufm Hocker. Solche Unterschiede in der Wahrnehmung merken.

Druckbleistift 0,5 HB und Rötel auf Moleskine; groß.

Written by Wolf

13. April 2010 at 12:01 am

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Christina D. wird erfunden

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Update zu Shut Up ‘N Play Yer Guitar:

Christina Dichterliebchen, die mich seit etwa 1998 durchs Internet begleitet, gibt seit locker zehn Jahren keine Ruhe damit, endlich sichtbar zu werden. Trotz der Themenferne zum Weblog tu ich ihr endlich den Gefallen. Und wehe, sie stiftet nicht in kurzer Zeit das Ihre, unsere Melvilleana zu unterstützen, sonst nix Dobro.

Druckbleistift 0,5 HB, roter Buntstift und Graphit auf Moleskine; groß.

Written by Wolf

11. April 2010 at 12:22 pm

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München am Meer VIII: Carta Marina

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Christina Dichterliebchen macht ein Update zu Hic sunt leones, New York 1660,
Die Einsamkeit des Langstreckenläufers, Heimkehr und Freitagsfisch:

Donna Ricci als Christina DichterliebchenWahrscheinlich muss jeder das einmal mitgemacht haben: Einst dachte ich, man werde gesund, leistungsfähig und begehrenswert davon, wenn man jeden Tag, womit ich jeden Tag meine, bei Bruthitze wie Hagelschlag elf Kilometer durch vier verschiedene Nürnberger Stadtteile rennt. An Werk-, Sonn- und Feiertagen, immer gegen vier Uhr morgens, eine Zeit, die aus dem Kalender gefallen ist, damit es nicht wahr sein konnte. Außer meinen Aufsichtspflichtigen erfuhr niemand je davon, den Rest der Tage glaubte ich es selbst kaum. Ich nannte es Dauerlauf, Jogging fand ich affig. Zurück kam ich jedes liebe Mal atemlos, verschwitzt und missgelaunt, klüger wurde ich jedenfalls nicht: Bei einer gewissen seelischen Disposition wird man davon nicht körperlich fitter, nur gleichgültiger gegen die eigene Erschöpfung. Etwas wie Spaß, Stolz oder sonst eine Abart der Euphorie empfand ich kein einziges Mal.

Vor allem trug ich täglich zwischen den beiden Muskelkatern in meinen Oberschenkeln ein elend verzweifeltes Ziehen, einhergehend mit unerträglich nervensehrenden Gedanken an gut gebaute Mannsbilder, oft auch an nackte, mir nicht persönlich bekannte Frauen, die sich in meiner überreizten Phantasie bildeten, meist fünf bis zehn Jahre älter als ich und der nachmaligen Nicole Kidman in Eyes Wide Shut nicht unähnlich, einschließlich der Brille. Die körperliche Begleiterscheinung “da unten” begründete ich vor mir selbst mit Erweiterung meiner Blutgefäße und Schweißfeuchtigkeit; genauer beschreibende Worte dafür gestattete ich mir so wenig wie eine Stunde zuvor jegliche Gehpause. In der Badewanne danach brauchte ich immer unverhältnismäßig lange, erst damit konnte ich mich in einen Zustand körperlicher Zurechnungsfähigkeit versetzen. Auch hatte ich mir einen handlichen Fichtenprügel aus dem Nürnberger Stadtwald auf 24 Zentimeter Länge zurechtgeschnitzt und sogar wasserfest lackiert. Weder verstand noch verstehe ich, was mich am nächsten Tag wieder losrennen ließ, es musste aber mit Sehnsucht und Durchhaltewillen zu tun haben. Mit vierzehn fing ich damit an, etwa drei Jahre fügte ich es mir zu. Jungfrau blieb ich bis wenige Tage vor meinem Dreiundzwanzigsten.

Irgendwann zog ich nach München — eine Stadt, in der offenbar gerade wegen ihrer Meerferne erstaunlich viele seemännische Aspekte herumstehen, und die als besonders gut “benutzbar” gilt — im Unterschied zu “nur zum Anschauen”, vor allem in geschlechtlichen Belangen (haben Sie sich mal gefragt, was an den Sommerabenden hinter den Büschen im Englischen Garten so verhalten rummelt?), und die mich erst richtig lehrte, wie die Sehnsucht nach der Ferne und inniger Zweisamkeit schmerzen kann. Bis heute überlege ich, ob mich wenigstens das klüger macht.

1886 wurde in der Münchner Stabi ein Exemplar der Carta Marina entdeckt.

Carta Marina

Bild: Olaus Magnus: Carta Marina von Nordeuropa, ab 1539.

Danke an Fishing in the Past!

Written by Wolf

9. November 2009 at 12:01 am

Heimkehr

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Christina Dichterliebchen dreht zu Mariä Himmelfahrt poetisch die sachliche, aber linktechnisch unrettbar verrottete Ulrike von Ungefähr zum Licht:

Donna Ricci als Christina DichterliebchenDie Tiere vermehrt, die Pflanzen gefährdet.
Vieles ist besser, nichts gut.
Urlaub wird überbewertet:
Man sollte gern tun, was man tut.

Soundtrack: 17 Hippies: Frau von ungefähr, aus: Ifni, 2004.

Geldstock Arthur mit Ableger

Geldstöckchen: Arthur und Ableger haben Sehnsucht, August 2009.

Written by Wolf

15. August 2009 at 12:01 am

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Juligewinnspiel: Save the Grauwale!

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Christina Dichterliebchen macht sich zum Einstand lieb Dichterkind und verlost dem Wolf seine alten Schwarten für einen guten Zweck:

Donna Ricci als Christina DichterliebchenGrüß euch ahoi mitsammen, ich bin die Neue. Seit ein paar Wochen ist es mir eine Ehre *protz* und ein Vergnügen *stöhn*, die Website von Pax Terra ins Deutsche zu übersetzen. Wenn im deutschen Teil Fehler drin sind, ist es noch das Provisorium aus dem WordPress-Übersetzungsautomaten, dem ich mich alsbald zuwenden werde *hust*.

Pax Terra ist eine Art Greenpeace, nur jünger und webbasierter, und engagiert sich unter anderem für den Schutz der Grauwale vor der mexikanischen Magdalena Bay, wo sie sich jeden Winter bis Frühjahr massenweise zum Paaren, Gebären und Früherziehen einfinden (die Wale, nicht Pax Terra). Dann wimmelt und prustet dort alles, dass dem Ökologen — und übrigens auch dem Ökonomen — in uns allen das Herz im Leibe lacht. Warum Grauwale schützenswert sind, muss ich hier nicht rechtfertigen. Jedenfalls sind sie in der Magdalena Bay, ihrem überlebenswichtigsten Stammbiotop, wegen Überfischung gefährdet.

Meine Übersetzungsarbeit geschieht aus meinen beiden Grundbedürfnissen, Grauwale zu retten und Kohle zu scheffeln. Das erstere kannst du jetzt auch:

Wer mir glaubhaft machen kann, dass er bis zum Freitag, den 31. Juli 2009 um Mitternacht eine Summe Geldes an Pax Terra gespendet hat, gewinnt mit noch etwas mehr Glück, als ohnehin aus dem Bewusstsein entspringt, richtig gehandelt zu haben, eins von drei (eigentlich zwei…) Büchern:

Und nur unter innerem Protest eins, das ich wahrscheinlich sowieso unter fadenscheinigen Jury-Ausreden ganz einbehalten werde, also strengt euch mal an und überrascht mich mit irgendwas:

Über die Pax-Terra-Site geht’s noch nicht, du musst betterplace benutzen oder dich an Marc wenden. Ein freundlicher Mensch.

Deine Spendensumme soll hier im Kommentar genannt werden, damit sich jeder was schämt, der mit Centbeträgen rumkleckert, deine Adresse, falls du gewinnst, darf und sollte verdeckt bleiben.

Die Preise sind alles gebrauchte, gut erhaltene Exemplare, einwandfrei verwendbar für alles, wofür wir Bücher lieben (ein Freizeittipp gratis: Im ZVAB regelmäßig mitverfolgen, was sie schon wert sind!). Ein Bücherwunsch darf genannt, kann jedoch bei dem zu erwartenden Ansturm von Beteiligungen nicht garantiert werden.

Die zwei (lieber nicht drei…) Preise verteile ich ab Samstag, den 1. August 2009, nach einem komplizierten Algorithmus aus der Spendenhöhe, deiner Glaubwürdigkeit und meiner machtbesessenen Willkür (das leukämische Waisenmädchen mit blonden Zöpfen, das die Lose ziehen sollte, wurde leider gerade letzte Woche adoptiert und konnte nur unter Androhung physischer Sanktionen überzeugt werden, wenigstens die Bücher dazulassen).

Als Spendennachweis gilt mir dein Wort, weil Walretter gute Menschen sind — eine Logik, die mir mein Mathelehrer um die Ohren gehauen hätte, und die mir gerade deswegen besonders zusagt; außerdem fang ich hier nicht an, zu große und zu pixelige Scan-Attachments von raffeligen Überweisungszetteln zu kontrollieren, und wer wegen einem alten Mädchenbuch mich samt einer mittelgroßen Umweltschutzorganisation anschwindeln muss, kann bitte allein damit klarkommen.

Dies ist eine private Veranstaltung, von einem Rechtsweg kann deshalb keine Rede sein.

Pax Terra ist gemeinnützig, Spenden an sie sind deshalb steuerlich absetzbar. Also nicht zu zaghaft bemessene Summen, wenn ich bitten darf!

Film: Pax Terra, 2009.

Written by Wolf

19. July 2009 at 2:24 pm

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