Moby-Dick™

Leben mit Herman Melville

Archive for the ‘Steuerfrau Steffi’ Category

Weihnachten winkt: Steffi hat Kapitel 22 gelesen

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Steffi sagt:

Katchoo wants her FBI file looked upSo, mit angemessener Verspätung, um alle vergrault zu haben und doch einen guten Grund zu haben, melde ich mich wieder an Deck und völlig seetüchtig. Ich melde mich nun von einem anderen Standpunkt aus und bin seit gestern auch wieder von zuhause aus internetfähig. Ich ziehe also alle Segel auf und versuche wieder in den fremden Gewässern Fuß zu fassen, ruderisch zu euch aufzuschließen und tapfer in meinem Beiboot dem Wal hinterherzusegeln.

Falls euch noch Metaphern einfallen, die ich vergessen habe, könnt ihr sie gerne nachtragen.

Also. Weihnachten.

Zum Glück fühlt es sich außerhalb meines Schreibtisches eher wie Hochsommer an und ich kann mich gut in die Mannschaft hineinversetzen, wie sie einst sich nahezu aller Kleidungsstücke entledigt auf dem Deck darben wird.

Noch ist es nicht so weit.

Noch ist eher Zeit zurückzublicken, denn nun geht es doch eigentlich erst richtig los. Wir erreichen die offenen Gewässer. Ahab ist immer noch nicht gesehen, doch schwingt Melancholie mit, und prophetische Worte werden gesprochen. Wenn auch noch falsch bezogen, können sie einem einen Schauer über den Rücken jagen, wenn Ismael uns an seinen Gedanken teilhaben lässt: “[…] dachte ich doch an die Gefahr, in die wir uns beide begaben, indem wir die Fahrt mit dem Leibhaftigen als Lotsen antraten.” (Seite 183)

Also, Männer, in die Hände gespuckt, den Teufel ins Auge gefasst und denn mal tau.

Sailoress by Operaghost

Written by Wolf

3. May 2007 at 12:01 am

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Steffi hat das 20. und 21. Kapitel gelesen…

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… und fürchtet die Nemesis:

Stefanie DrecktrahJa, es geht los. Auch Ismael fängt ein neues Leben an und in der Tat geht es jetzt wirklich los – alle Mann an Bord und Leinen los.

Und immer noch hält sich der Schleier um den bedeutendsten Mann in dieser Geschichte. Ahab wurde immer noch nicht gesehen. Er ist ein Phantom, das personifizierte Damoklesschwert, das über den Köpfen der Mannschaft hängt.

Und dann bekommt alles noch eine weitere Bedeutung, denn wir erfahren, dass es für alles an Bord Ersatz gibt – außer für das Schiff selbst und für seine Nemesis – Captain Ahab.

Anders gesagt, er ist unersetzlich und man muss stets im Auge haben, dass er den Mann nie gesehen hat, „der des Schiffes unumschränkter Diktator sein sollte“ (Kapitel 20, S. 175).

Ismael spürt, dass etwas faul ist im Staate Dänemark (um mal bei anderen Klassikern zu räubern), aber er ist kein Dänenprinz, der sich damit auseinandersetzt und sich damit dem Untergang weiht. Vielleicht ist es Ismaels Unbedarftheit, die ihn davor schützt, am Ende mit den anderen unterzugehen.

Im folgenden Kapitel lernen wir dann endlich eine weitere Lichtgestalt kennen (auf die ich mich persönlich am meisten gefreut habe): Starbuck betritt zum ersten Mal die Bühne und es ist sofort klar, dass er auf der Lichtseite der Geschichte steht. „Ein forscher Erster ist das, ein guter Mann und fromm dazu.“ (S. 180)

Die Spiele mögen beginnen.

Written by Wolf

24. February 2007 at 1:28 am

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Prophetin Steffi gibt alles

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nachdem sie Kapitel 19 gelesen hat:

Prophetin ohne PockennarbenIn der Personenbeschreibung des Propheten zeigt sich die ganze Genialität du Wortgewalt eines Herman Melville:

Verwachsene Pockennarben ergossen sich nach allen Seiten über sein Gesicht und gaben ihm Ähnlichkeit mit dem verästelten, vieladrigen Wasserlauf eines Sturzbaches, wenn die tosenden Wasser versiegt sind.“ (S. 167)

Wow, kann ich da nur sagen. Anschaulich beschrieben, etwas gruselig oder abstoßend in der Wirkung und noch ein Stück Lebensgeschichte des Beschriebenen vermittelnd. Es wird klar, dass dieser Mensch schon viel erlebt haben muss. Die Pocken wahrscheinlich schon in seiner Kindheit (deswegen verwachsen) und gerade aus den schlimmsten Strömungen des Meeres entronnen. Im Gespräch stellt sich heraus, dass sein Arm versehrt ist – es ist zu deuten, dass er ebenfalls Opfer eines Wals wurde und damit die Dämonen gestreift hat, die Kapitän Ahab nun umtreiben.

Ja, er weiß die Zukunft vorherzusehen (wenn nicht, wäre er andererseits auch ein armseliger Prophet) und er weiß, dass Kapitän Ahab erst dann wieder wohlauf ist, wenn sein Arm das auch ist.

Er deutet noch viel mehr an, ohne Genaueres zu nennen, was Kapitän Ahab in seinem Seemannsleben passiert ist. Von Entweihung ist die Rede, wobei nicht klar wird, ob das vor oder nach der Begegnung mit Moby Dick geschah.

Es wird jedenfalls klar, dass dieser Wal ihn auf mehrere Arten gezeichnet hat als nur auf die physische. Er ist verändert, auch wenn die Besitzer der Pequod das noch nicht sehen können.

Es bleibt im Dunkeln, ob Kapitän Ahab auch schon vorher ein „Teufelskerl“ war. Verzeiht mir meine dünne Quellenlage (ich hoffe auf mehr Klarheit in den Monologen des Kapitäns in seiner Kajüte), aber die Verfilmung mit Patrick Stewart deutet an, dass er vorher ein ganz anderer gewesen sein muss – ein Seemann mit Familie, Anstand und Respekt.

Die Frage, die sich mir unmittelbar stellt, ist, warum es ihn derart aus der Bahn geworfen hat? Warum hadert er danach mit Gott und der Welt? Es scheint, als wäre mehr passiert, als dass eine Naturgewalt ihm bei einem Kampf (den er wohlgemerkt angefangen hat) das Bein abgerissen hat. Es scheint, als wäre er auf unverzeihliche Art und Weise entweiht, entwürdigt und gedemütigt worden, so dass es keinen anderen Weg als die Blutrache gibt.

Das führt mich gedanklich in ganz andere, modernere Gewässer der Religionsinterpretation, aber lassen wir es hier bewenden.

Kapitän Ahab zeigt sich als Mann, der auf der einen Seite so verständlich reagiert, aber auf der anderen Seite mit der Heftigkeit seiner Reaktion befremdet.

Written by Wolf

16. January 2007 at 12:57 am

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Steffis Zeichen, Queequeg’s Mark

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Steffi hat Kapitel 18: Sein Zeichen gelesen:

Stefanie DrecktrahWir segeln wohl immer noch in humoristischen Gewässern!

Mittlerweile ist auch Queequeg zum Einschreiben in die Musterrolle eingetroffen und nach einem vortrefflichen Disput zwischen den Eignern und Ismael, ob Queequeg nun ein Heide ist oder nicht, darf er dann doch an Bord kommen.

Es kommt zu einer beeindruckenden Demonstration der Fähigkeiten Queequegs – ein Wurf mitten ins (verzeiht mir den Kalauer) whale eye und auf einmal spielt es keine Rolle mehr, ob er nun wirklich Mitglied der Ersten Freikirche ist (in der laut Ismael ja wir alle Mitglied sind) oder nicht. Die beiden Herren stellen sogar fest, dass es hinderlich sein kann, zu frömmig zu sein, schließlich ist die Tätigkeit eines Harpuniers doch nicht so gottgefällig, wie sie es am liebsten hätten.

Ja, so doppelzüngig sind unsere Presbyteriananer: davon wissen, dass es Unrecht ist, aber dann doch dem schnöden Mammon dienen. Eigentlich sehr modern, oder nicht?

QuahogHeiterkeit kam bei mir auf, nachdem Queequegs Name auf verschiedenste Weise verballhornt wird (jetzt sind wir schon wieder mitten in den Fahrgewässern der Screwball-Komödie!): Erst wird er Quohog, dann Quakquak (!), was nun absolut zum Lachen reizt – unser Queequeg klingt wie ein Ente! Da wird wirklich jemand verkannt!

Interessanterweise wird er dann in der Musterrolle auch als Quehog geführt, auch ein Hinweis darauf, dass er als jemand anderes das Schiff verlässt, als er ursprünglich angeheuert wurde?

Written by Wolf

12. January 2007 at 12:50 pm

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Steffi erlebt nach ihrem Ramadan Melville at His Best

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Steffi hat das 17. Kapitel gelesen:

Stefanie Claudette Colbert DrecktrahWenn man die letzten Tage Revue passieren lässt und sich vor Augen führt, was für einen Bohei man um die Feiertage macht, um die Zeit zwischen den Jahren, um Silvester und Konsorten, dann drängt sich der Verdacht auf, dass es für völlig außenstehende auch ziemlich befremdlich wirken muss.

Und da sind wir auch schon mitten im Kapitel.

Queequeg folgt seinem Ritus, unbeirrbar, auch wenn es unbequem ist und niemand ihn so recht versteht. Schade finde ich es, dass man als Leser nicht erfährt, was seine Gründe für dieses Verhalten ist, was seine religiöse Motivation ist.

Man erfährt allerdings einiges über Ismael und lernt einige Facetten dazu. Wir lernen etwas über seine Toleranz und lesen zwischen den Zeilen eine (weitere) Kritik Melvilles an der Kirche. So legt er Ismael, als dieser sich Gedanken über Religion und die Religion Queequegs im speziellen macht, die Worte in den Mund:

“Ich finde, als gute presbyterianische Christen sollten wir in diesen Dingen Nachsicht üben und uns anderen Sterblichen, seien sie Heiden oder was auch immer, nicht so haushoch überlegen fühlen, nur weil sie auf dem Gebiete halt närrischen Hirngespinsten anhängen.”
(S. 152)

Das Hocken auf dem Boden (wohlgemerkt auf den Fersen balancierend und mit einem Stück Holz auf dem Kopf) sei “schierer Blödsinn […], schlecht für die Gesundheit, nutzlos für die Seele, kurz gesagt: den selbstverständlichen Gesetzen der Hygiene und des gesunden Menschenverstandes zuwiderlaufend.” (S. 158)

Besonders diesen letzten Halbsatz finde ich höchst amüsant, zeigt er doch die scheinbare Toleranz humoristisch verdreht und damit auch noch unterhaltend.

Nein, ein wirklich witziges Kapitel. Massenpanik in der Unterkunft, weil Queequeg einen Schlaganfall gehabt haben könnte! Bedenken, ob man die Tür einschlagen soll; das Mädchen, das zum Zimmermann geschickt wird, mit der Bitte um ein Schild “Hier sind Selbstmorde nicht erlaubt”… Das erinnert mich an die Screwball-Komödien des alten Hollywood, das ist Entertainment pur! Sagen wir: Melville at his best, und freuen uns der Dinge, die da noch kommen mögen.

War Mrs. Hussey Bibliothekarin?Die Charakterzeichnungen der Figuren werden immer vielfältiger, blühen auf von zarten Knospen zu vielgestaltigen Blütenkelchen und doch ist es bis zur vollen Blüte noch ein weiter weg – nicht nur kalendarisch, will ich sagen.

Written by Wolf

9. January 2007 at 1:08 am

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Kapitel 16: Das Schiff

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Steffi hat gelesen und gelernt:

Stefanie Drecktrah“… wenn er auch schrecklich geschlagen und verwüstet sein mag, so hat Ahab doch seine menschlichen Seiten.” (S. 150)

In diesem Kapitel nähern wir uns also einer weiteren wichtigen Hauptperson: der Pequod. Ismael beschreibt sie uns ausführlich, macht uns klar, wie einzigartig sie ist und wie sehr sie sich von den anderen Schiffen unterscheidet, er nennt sie die Kannibalin unter den Schiffen und in der Tat ist sie mit ihrem Schmuckwerk exotisch und im Wesen fremd. Und doch vertraut, alteingesessen, nach einem ausgestorbenen Indianervolk benannt und dadurch mit schlechtem Omen? Ismael zieht Vergleiche aus dem wahrhaft großen Kulturerbe Europas und verweist damit doch auf die dunklen Seite der Geschichte, auf Kreuzzüge, Mord und Verrat.

Eine Kannibalin unter den SchiffenIch wünschte, ich hätte einen unverhangenen Blick auf diese Atmosphäre, wüsste nicht, was das Schicksal dieses Schiffes ist, denn dann hätte ich sagen können, ob ich es wirklich so düster und bedrohlich fände, wie es mir jetzt scheinen soll. Nein, die Pequod umweht in der Tat ein Odem von Abenteuer und Tod und ich weiß nicht so recht, warum Ismael immer davon ausgeht, dass es das richtige für die beiden ist. Ich denke, er folgt damit der Verabredung mit dem Schicksal, das es zu erfüllen gilt.

Melville gibt in diesem Kapitel auch herrlich deutlich wieder, was es mit der (Doppel-)Moral der Quäker auf sich hat. Ehrlich gesagt muss ich bei Quäker immer an einen Film mit Anthony Perkins denken, in der er als Quäkersohn hin– und hergerissen ist zwischen religiöser Pflichterfüllung – Friedfertigkeit bis zur Selbstaufgabe – und dem Wunsch, beim Bürgerkrieg seinen Mann zu stehen.

Diese religiöse Bewegung imponierte mir damals sehr, zumal das Dogma auch herrlich kommentiert wurde, als die Mutter ihrer geliebten Gans – ihrer “Freundin” – zu Hilfe eilt, als es droht, von den Soldaten in den Kochtopf gesteckt zu werden. Ansprüche schön und gut, aber ein Wert wie Freundschaft stand in diesem Fall doch höher.

Genug davon. Quäker sind Pazifisten, lieben den Frieden und würden niemals die Waffe gegen einen Menschen erheben – ich war mir nie bewusst, dass diese Friedfertigkeit zu Tieren bei Gänsen aufhört, die quasi zur Familie gehören. Viele der Seeleute, die auf Walfang gingen, waren Quäker und schienen dabei keine Probleme mit der Vereinbarkeit ihrer Religion zu sehen.

Die beiden Quäker, die wir dabei kennen lernen, fügen sogar noch einen Funken Theaterspiel hinzu, spielen eine Posse, um dem Grünschnabel im Anteil zu drücken. Ich glaube nicht, dass der anfängliche Geiz (nur der 777. Teil) und der Gegenrede des Miteigeners (300. Teil) tatsächlich echt war. Mir erschien es zu theatralisch und aufgeplustert, als dass ich überzeugt wäre. Immerhin ließ sich Ismael mit der Methode von seinen eigentlichen Ansprüchen auf den 275. Teil sehr einfach drücken, ohne dass tatsächlich verhandelt wurde. Ganz schön gerissen, diese Quäker.

Im Ausklang des Kapitels wird weiter an einem Mythos gestrickt, der einen wirklich revueverdächtigen ersten Auftritt verspricht: Kapitän Ahab wird beschworen, als Geist an die Wand gezeichnet und als Führer in den Himmel gelobt. Natürlich weiß unser Peleg von der Schwermut, der Verrücktheit und glaubt doch, dass sich das alles auf der Fahrt – quasi an der frischen Luft – schon legen wird, schließlich hat er Frau und Kind, das sollte doch Grund genug sein, die Schwermut abzulegen. Ja, Ahab wird schon vor seinem ersten Erscheinen dem Normalsterblichen entrückt. Er ist nicht krank und nicht gesund; einer der ganz großen Kapitäne, weitgereist, in der Universität studiert und unter den fremden Völkern gebildet; er hat mehr Wunder gesehen, als jeder andere und doch ist er gezeichnet und – wie wir wissen – für immer verändert.

Es wird hier ein großer Auftritt vorbereitet und ich bin gespannt darauf.

Written by Wolf

5. December 2006 at 1:26 am

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Kapitel 15: Steffi findet Muscheln chowderhaft

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und füttert nochmal nach:

Stefanie DrecktrahSämtlichen vorangegangenen Rezepten zum Chowder ist nichts mehr hinzuzufügen (außer dass ich die Bowle noch mal betont wissen will!). Ich mag halt nur keine Muscheln. Ich habe lange in meinem Leben gezögert, bis ich mal weche probiert habe und prompt lag ich den folgenden Tag quasi Fische fütternd im Bett.

Nee, Muscheln sind für mich nichts. Aber immerhin passen sie in dieser verqueren Sicht in die Reihe der Todesomen, die Ismael entdeckt.

Ich denke auch, dass jetzt so langsam der Ernst der Sache überwiegt. Wir übernachten ja schon im Schatten der Pequod, also im Schatten des bösen Schicksals, das zumindest für einen unseres Dreamteams das Ende bedeuten wird (ich hoffe, ich verrrate keinem Leser damit ertwas neues!). Einzig der zweifache Galgen führt uns in die Irre – schließlich wissen wir, dass für Ismael der Sarg (Coffin) ein Zeichen des Lebens sein wird und nicht sein Untergang (im wahrsten Sinne des Wortes).

Ja, wir machen uns langsam ans Eingemachte, aus Spaß wird langsam Ernst und es wird Zeit für die Einführung der anderen Protagonisten.

Ich bin froh, dass Ihr an meiner Seite seid, liebe Bordkameraden.

Written by Wolf

23. November 2006 at 12:58 pm

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Kapitel 13: Schubkarren

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Steffi hat sich in Reisestimmung gelesen:

Stefanie DrecktrahJa, so langsam nähern wir uns dem Schicksal, der Pequod und den anderen Seebären, nach deren Bekanntschaft es uns dürstet. Endlich nähern wir uns auch Nantucket – und wie heißt es so schön? Nantucket sehen und sterben!

Aber erst einmal müssen wir uns rübersetzen lassen, müssen mit Vorurteilen kämpfen und bornierten weißen Deppen, die dann auch noch Captain einer Fähre sind.

Aber wie geschickt hat Melville das eingefädelt: erst die Wortgefechte und dann ein Szenario, in dem sich unser Menschenfresser als echter Held beweisen kann. Erst den Mast gesichert, der sich selbstständig gemacht hatte und den Captain über Board warf (Kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort, sagt man in der Gegend, aus der ich komme) und dann ein kühner, unaufgeregter Sprung Queequegs über die Reling und denn Mann aus den Tiefen des Meeres entrissen.

Wow! Kann ich da nur sagen. Diese Seite seines Charakters wird in den Filmen doch völlig verschwiegen. Nein, Queequeg ist nicht nur drollig, weil er lustige Sätze formt, ulkige Bräuche praktiziert und einen fabulösen Background einer Taka-Tuka-Insel mit sich bringt: Er ist in der Tat auch ein edler Mensch, furchtlos und gerecht – ohne zu überlegen springt er hinterher, um den Mann zu retten, der ihn gerade noch so übel beschimpft hat. Ja, Queequeg ist schon wirklich einer, mit dem man gerne befreundet wäre!

Und Ismael? Der sagt so tolle Sätze wie: “Von jeder Stunde an klebte ich an Queequeg wie eine Entenmuschel am Schiffsrumpf.” (S. 121) Was für eine Metapher! Das macht doch Leselust. Überhaupt scheint die ganze Sache jetzt an Fahrt zu gewinnen.

Als wir endlich Nantucket ergblicken, werden wir aufgefordert, eine Karte herauszuholen und genau das tue ich.

Nantucket und Umgebung

Ein Ort mit lauter Legenden, nein, der Ort scheint nur durch Legenden zu bestehen und schon jetzt ahnt man, dass etwas wahrhaft Sagen-haftes passieren wird.

Written by Wolf

1. November 2006 at 6:53 pm

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Kapitel 11: Schlafrock; Kapitel 12: Biographisches

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Steffi sagt:

Schiffskameraden,

Stefanie DrecktrahNachdem ich also meine Notizen hervorkrame und kurz nachlese, was mir in diesem Kapitel so auffiel (herzlich wenig), möchte ich nur kurz darauf hinlenken, dass wir endlich auch mal etwas zu Queequegs Herkunft erfahren, seine Motivation, seine Prägung, wenn auch dies etwas knapp ausfällt. Aber immerhin erfahren wir, dass er von einem Ort stammt, der nicht verzeichnet ist. Aber wie heißt es dort so schön? “Die wahren Orte sind es nie.”

Written by Wolf

27. October 2006 at 3:55 pm

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Busenfreundschaft: Steffi hat das 10. Kapitel gelesen

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Steffi sagt:

Liebe Bordkameraden,

zum ersten Mal habe ich das Gefühl, dass die Benennungen der Kapitel nicht ganz so passend sind, wie Onkel Melville das wahrscheinlich indiziert hat.

Worum geht es?

Die Verbrüderung, Eins-Werdung von Ismael und Queequeg, das Begießen der Blutsbrüderschaft, das Rauchen der Friedenspfeife, nun sind sie also Winnetou und Old Shatterhand und wir wissen schon, was für ein Schicksal dem edlen Wilden blüht.

Doch den alten Kalle May mal beiseite: Im Gegensatz zum Film kam gar keine Blutsbrüderschaft mit obligatorischen Handritzen im Buch vor. Tatsächlich nur das gemeinsame Rauchen der heidnischen Pfeife, Götzendienst als Gottesdienst und zärtliche Umarmungen im Bett.

Vielleicht störe ich mich an dem deutschen Begriff der Busen-Freundschaft, der einfach falsche Gedanken heraufbeschwört und nicht so recht zu diesem Freundschaftsmodell zu passen scheint. Denn auch, wenn es alles recht zärtlich zugeht, davon gesprochen wird, dass sie jetzt verheiratet wären (sie seien jetzt vermählt S. 106 unten), so würden sie doch jetzt füreinander sterben. Ja, es sind Flitterwochen der Herzen, sie sind ein trautes Liebespaar, wie es am Ende des Kapitels so schön heißt.

Queequeg verdeutlicht diese Vereinigung für uns westlich geprägte Leser sogar noch deutlicher: Er teilt sogar sein Geld (was heute ja nicht einmal mehr in vielen Ehen der Brauch ist).

Was sagt uns das jetzt alles?

Wir sind wirklich endgültig im Buddy-Genre angekommen.

Jeder kann hier beweisen, wie kosmopolitisch und aufgeklärt er wirklich ist: wenn man hier die Handlung für nicht schwul hält, ist man wohl wirklich offen (passend dazu die Zensur in der Londoner Ausgabe).

Ich denke mir, dass ich auch gerne eine solche Freundschaft hätte, begangen in einer schuljungenhaften Unschuld und mit einer Ernsthaftigkeit, die weiser Männer würdig ist.

So fällt mir noch der 23. Psalm ein. Mag etwas blasphemisch sein, Queequeg hier auf eine Stufe mit dem Herrn zu stellen, aber erstens kann ich nichts für meine Assoziationen und zweitens trifft das Bild genau den Ton:

“Und ob ich schon wanderte im finstern Tal,
fürchte ich kein Unglück;
denn du bist bei mir.”

Ehehygienische Maßnahmen

Written by Wolf

14. October 2006 at 7:31 am

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Die Predigt: Steffi hat das 9. Kapitel gelesen

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Steffi sagt:

Geliebtes Seevolk,

Ja, den Welles sehen wir wirklich die ganze Zeit vor Augen – aber hey – die Szene ist auch viel kraftvoller als im Film, da ist es doch nur recht und billig, einen so tollen, charismatischen Schauspieler vorm geistigen Auge zu haben.

Um die gesamte Predigt ausführlich zu besprechen, bräuchten wir wohl wirklich ein paar Seiten extra. Aber ich versuche mich auf meine Essenzen zu beschränken.

Da spricht also einer aus Ihrer Mitte, der größte unter den Sündern, der es doch versteht, den Bordkameraden aufs Maul zu schauen, die Geschichte so zu erzählen, dass sie es verstehen, dass es sich hätte so zugetragen haben können, gerade eben ein paar Tage zuvor. Er schmückt das Bibelkapitel aus, dass es lebendig ist, dass ich für einen kurzen Moment Ismael vergessen kann und mich ganz dem Schicksal Jonas’ hingebe.

Doch dann auch schon die Überlegungen im Hinterkopf: Was will uns diese Werbesendung sagen? Wo sind die Parallellen? Wer spielt den Jonas in dem uns vorliegenden Trauerspiel? Der Wal aus dem Gleichnis ist ein Werkzeug Gottes, um den verdienten Respekt zu erlangen. So auch Moby-Dick?

Mir scheint das evident zu sein. Diese Parallelle ziehe ich ohne schlechtes Gewissen. Ich denke allerdings nicht, dass Melville es uns so einfach macht, dass er die Rolle des Jonas für einen einzigen vorgesehen hat – hier ist die Deutung nicht so eindeutig, vielmehr komplex und vielschichtig.

Ich denke, die ganze Pequod könnte für Jonas stehen – verdammt und doch noch in der Lage, bei wirklichem bereuen, dem Wal zu entkommen – im wahrsten Sinne des Wortes.

Für mich strahlte eine Textstelle als besonders bemerkenswert hervor, eine Textstelle, die ich mir anmarkern würde, wäre ich nicht so bibliophil und so scheu, alle Bücher wie Studienausgaben aussehen zu lassen:

“Sündiget nicht, doch tut ihr es dennoch, so habt acht, daß ihr sie so bereut wie Jona.” (S. 99 Mitte)

Jonas als Vorbild für ehrliche Reue – wer will hier keine Vorausdeutung sehen?

Die ersten Mahner auf dem Weg ins Verderben und wir werden erleben, wie viele sich an diesen lebensrettenden Ratschlag erinnern werden.

Written by Wolf

10. October 2006 at 5:16 am

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Kirche & Kanzel: Steffi hat das 7. & 8. Kapitel gelesen, und den Film gesehen hat sie auch.

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Steffi sagt:

Viel gibt es da auch für mich nicht mehr zu sagen – um im Sprachstil zu bleiben: die Fischgründe sind abgefischt.

Jedoch habe ich mich gestern abend gedanklich intensiver mit dem komplexen Problem des Trauerns beschäftigt. Diese Wechselwirkung von anonymen Tod, fehlendem Trauergrund und dabei Unsterblichkeit durch die immerwährende Präsenz im Wartesaal Gottes verwirrten mich doch zusehends.

Alle sitzen unbewegt als Inseln auf den Bänken, die Inschriften lesend. Nur Q. sieht man seine innere Rührung an – er ist ja auch nicht mit Lesen beschäftigt.

Kann man daraus schlussfolgern, dass die Beschäftigung mit den Gedenktafeln von dem wirklichen Empfinden, von der ausführlichen Rührung der Seele ablenkt? Mir scheint es fast so.

In dem Zusammenhang fand ich den Bezug zu Hamlet schon toll (S. 83, Mitte), bevor ich überhaupt wusste, das es ein Bezug zu Hamlet ist. Es geht eben doch nicht nur um die äußere Trauer mit der richtigen Kleidung, sondern um die innere Rührung.

Zum großen Auftritt des Orson Mapple muss ich auch nichts mehr hinzufügen – nur, dass ich die Spielfilmbilder so deutlich vor Augen hatte und Welles natürlich großartig spielte.

In der Tat hat der Film echte klassische Filmmomente kreiert, die in das Gedächtnis einer ganzen Filmliebhabergeneration sich eingebrannt hat – der winkende Peck ist wirklich eine echte Ikone. Und der Film ist in der Tat als Zeichen seiner Zeit zu sehen – und wäre als solcher auch ein spannendes Thema für eine inhaltliche Diskussion, aber das gehört nun wirklich nicht hierher.

Lasst uns also den Worten Mapples lauschen und endlich dem Ruf des Meeres folgen. Ich habe schon so ein Kribbeln im Bauch. (Was auch daran liegen kann, dass Mittagspause ist.)

Noch eine Frage habe ich dann doch an die Gemeinde: wie versteht ihr die Geste des Leiter hoch ziehen? Ein Brückenabbrechen, um sich ganz dem Worte Gottes zu widmen? Würde ja in die Richtung des wahren Christen Ismael und das Lehrstück zum wahren Weg passen …

Written by Wolf

7. October 2006 at 6:12 am

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Das Frühstück: Steffi hat das 5. Kapitel gelesen

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Steffi meint:

Habe ich schon einmal erwähnt, dass Queequeg anders ist?

Für alle, die es bisher noch nicht ganz erfasst haben: er ist sogar anders, als die anderen Walfänger, eine Klasse für sich; jemand, der sich nicht zuordnen lässt, der Sortierung in Schubladen wiedersteht und damit wohl ein perfektes, modernes Individuum darstellt.

Selbst sein Frühstück fällt anders aus, als das der anderen: Er zieht das nahrhafte Fleisch vor. Machen Extremsportler das nicht auch, wegen der Proteine?

Mir schien es, als würde er sich schon vorbereiten, auf den nächsten Extremsportausflug – nur dass der eben für einen Haufen von Männern Alltag war.

Die Schüchternheit und Zurückhaltung der anderen schien mir eigentlich auch nicht weiter verwunderlich zu sein. Die Seebären waren einfach nicht in ihrem Element. Auf dem Schiff dürfen wir sicherlich anderes von ihnen erwarten.

Diese Darstellung unseres ungewöhnlichen Freundes ist hoffentlich bald abgeschlossen – die Message ist angekommen.

Written by Wolf

27. September 2006 at 2:58 pm

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Die Steppdecke: Steffi hat das 4. Kapitel gelesen

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Steffi meint:

Was für mich gilt, da ich erst die Beiträge meiner wertgeschätzten Mitsegler gelesen habe, bevor ich mich mit Herman selbst vergnügt habe; aber eben auch für die Reihenfolge des Anziehens, wie unser „wilder Freund so slapstickhaft vorgemacht hat. Kurz: ich war vorgewarnt, dass Sigmund was zu sagen hatte und las das Kapitel schon mit der Maske des Anders-lesen-Wollens:

So stimme ich Wolf zu, dass die Kindheitserinnerung sicherlich eine Schlüsselstelle zum Verstehen von Ismael ist, allerdings glaube ich, dass wir das mit der Stiefmutter durchaus wörtlich nehmen können. Seinen ironischen Ton behält er bei, doch die Bitterkeit ist deutlich zwischen den Zeilen zu lesen.

Also folge ich der Einfachheit halber der Argumentation von Wolf, den ich würde doch nur ähnliches schreiben.

Worüber ich am meisten gestolpert bin, war wirklich die Neugier, die Ismael bei der ganzen Ankleideprozedur an den Tag legt. Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: es schimmert immer die Besonderheit von Queequeg durch, diese Andersartigkeit, die man begafft wie im Zoo.

Sicher, sie ist nicht böse gemeint und meiner Theorie nach auch nicht mal bewusst, aber diese Pastellversion von Rassismus lese ich heraus. Aber genug davon. Sicherlich ist das nicht buchentscheidend, ich sehe es nach wie vor als Indiz für die historische Verortung und soll damit weder Gevatter Melville, noch seinen Protagonisten Ismael schmälern.

Auf humorvoll, tolle Art und Weise wurde in der Tat die Freundschaft der beiden ein wenig näher gebahnt, die Andersartigkeit noch ein bisschen weiter entblößt und dargestellt, die Handlung ein klein wenig vorangetrieben.

Aber wann stechen wir denn eigentlich nun in See?

Aber so ist das nu mit guten Dramen: sie verdienen einen guten Prolog, damit man an der Seite der Helden allen Tücken standhalten kann. Es ist das Luftholen vor dem Orkan.

Und wie ich mich darauf freue!

Written by Wolf

26. September 2006 at 3:34 pm

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Zum Walfänger: Steffi hat das 3. Kapitel gelesen

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Steffi sagt:

Da haben wir ihn wieder!

Diesen humorvollen Ton, diese ernst gespielten und doch eindeutig aufs lachen zielende Beschreibungen der Stätte einer großen Begegnung.

Es ließe sich sicherlich schon viel über die Beschreibung des dunklen Bildes sagen, dass sich so beharrlich der Interpretation entzieht und doch am Ende wieder auf den Kampf von Mann gegen Wal zielt.

Eine Vorausdeutung?

Doch an so dunkle Dinge mag man gar nicht denken, wenn man in dieser strahlenden Sprache seine Auseinandersetzungen mit dem Wirt verfolgt; wie er sich dagegen wehrt, mit dem unbekannten Harpunier das Bett zu teilen und deswegen allerlei Gedanken anstellt, wobei dem Leser sofort klar sein dürfte, dass all zu heftige Wehr am Anfang immer zu einer großen Freundschaft führt.

Gesetze des Buddy-Movies gelten auch in der gänzlich unmedialen Zeit eines Melville. Allzu köstlich werden die Vorurteile dem Fremden gegenüber dargestellt, um am Ende doch wieder ad absurdum geführt zu werden.

„Trotz all seiner Tätowierungen war er alles in allem doch ein reinlicher, schmucker Kannibale. Wozu habe ich eigentlich den ganzen Aufstand veranstaltet, frage ich mich – der Mann ist ein Mann, gerade so wie ich: […] Lieber mit einem nüchternen Kannibalen das Bett teilen als mit einem trunkenen Christenmenschen.“ (S. 67)

Ja, genau – warum eigentlich diese ganze Szene?

Es geht doch nichts über einen glanzvollen Auftritt!

Wir, die Leser, haben genügend Zeit, uns mit der Andersartigkeit des Queequeg zu beschäftigen, uns zu vergegenwärtigen, warum es ein besonderer Mensch ist, im neutralen Sinn gemeint.

Und aus der Perspektive eines Zeitgenossen des Autors?

So richtig kann man sich nicht vorstellen, was so einer gedacht haben muss – sicherlich war Queequeg so exotisch für ihn wie für uns ein Marsmensch. Damit ist die offene Einstellung Ismaels nicht hoch genug einzuschätzen!

Als Kontrastmittel möchte ich mal auf den Wirt hinweisen, der einen so freundlichen Eindruck macht und doch als Kind seiner Zeit nicht anders kann: wenn er mit dem Harpunier spricht wie mit einem kleinen Kind („Du vastehn mich – du vastehn?“), weil dieser der englischen Sprache nicht mächtig ist, zeigt er doch, wie es in den Köpfen der Menschen in dieser Zeit bestellt ist.

Und dann denke ich daran, dass es bei vielen meiner Zeitgenossen auch nicht viel anders ist. Ein Mensch, der augenscheinlich aus Afrika kommt, wird automatisch auf Englisch angesprochen, wenn überhaupt. Beim Gespräch mit dem Türken an der Ecke wird überlegt, ob man Fremdwörter zumuten kann und bei der polnischen Putzfrau versucht man es auch mal mit dieser infantilen Babysprache, die wir keinem Dreijährigen mehr zumuten würden. („Du hier nix putzen, du verstehen?“) So weit weg sind wir nicht von den Menschen des Schlags Peter Coffin, den ich ganz sicher nicht als Rassist beschimpfen möchte.

Einfach schön, wenn man manchmal angestupst wird und über das eigene Verhalten nachdenken kann. Ach – ich liebe gute Bücher!

„Ich legte mich hin und schluf so gut wie nie zuvor in meinem Leben.“

Written by Wolf

13. September 2006 at 10:34 am

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Steffis Reisetasche

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Steffi sagt:

Nachdem wir im ersten Kapitel zur See verführt sind, darüber nachgedacht haben, was der Wal für uns ist, und uns am Rauschen der See, dem Kreischen der Möwen und grauen, eisigen Blau des Meeres und des Himmels ergötzt haben, warten wir ungeduldig darauf, dass es endlich los geht.

Wohl jeder von uns kennt dieses kribbelige Erwarten vor einer großen Fahrt und diese schiere Unerträglichkeit des Wartens. So auch hier in diesem kleinen Intermezzo – in dem so wenig passiert, kaum Handlung erfolgt, dafür aber umso mehr Selbstgespräche, humorvolle Lichtblitze, wie die Gedanken über den Schenkenbesitzer Coffin; alles gespickt mit Anspielungen biblischer Art oder Verweisen auf Zeitgenössisches.

Was mir ins Auge sprang: Der Eichelkaffee (S. 44 Mitte). Das sind doch die schönen kleinen Details, die das ganze Setting so exotisch machen! Genauso, wie ich als Kind immer staunte, wenn die Figuren bei Astrid Lindgren “Milchbrötchen” aßen, so staunte ich, wenn meine Eltern von Getreidekaffee erzählten, ich meinen ersten Carokaffee trank (dabei Reinhard Mey im Ohr hatte) und noch mehr staunte, als ich erfuhr, dass man Kaffee früher auch aus Eicheln machte, weil man sich sonst nichts leisten konnte.

So einen Ersatzkaffee kann man heute für gutes Geld bei Manufactum kaufen, wollte ich auch immer mal machen – einfach um zu schmecken, wie Kindheit ist.

Also Ismael: Geh in das “Gasthaus zum Walfänger” und trinke eine Tasse Eichelkaffee für mich.

Written by Wolf

12. September 2006 at 3:38 pm

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Steffis Schemen

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Steffi sagt:

Nun endlich ist es soweit.

Ich darf das Buch nicht nur in den Händen halten, sondern es aufschlagen, verschlingen, es mir aneignen und darin aufgehen, wie es gute Bücher von einem verlangen.

Ich bin etwas skeptisch, schließlich hatte ich viel von der Sperrigkeit des Moby-Dick gelesen und war mit gebremster Euphorie an das ganze herangegangen.

Aber jeder Vorbehalt wurde hinweggeweht von einer frischen Brise Humor und Zeitkolorit! Ismael erzählt locker, witzig und manchmal auch etwas hochtrabend von einer Welt, die vor meinem geistigen Auge entsteht und tatsächlich: Ich kann das Meer hören; die Wellen klatschen an die Kaimauer, die Möwen kreischen und das graue Blau des Himmels und des Meeres vermischen sich am Horizont, wohin es sein und mein Herz drängt.

Er beschreibt die Menschen, die Straßen, die Schiffe, und alles kann ich sehen.

Was für ein guter Anfang!

Ich lese, dass es ihn hinauszieht, dass er fort muss und ich denke dabei an die Hobbits aus einer ganz anderen Welt, die doch auch mit einer Sehnsucht nach der Ferne beseelt sind, wie ich sie selbst im Herbst oft spüre, von der ich mich beim Eintauchen in diese fremde Welten anstecken lasse. Ja, diese Gedanken an die Ferne kann ich verstehen, ich kann sie teilen und so bin ich freudig dabei, diesen Außenseiter eines ehemaligen Schulmeisters auf seinem Weg zu begleiten und ihm über die Schulter zu gucken.

Kann ich Ismael verstehen, mich mit ihm identifizieren?

Noch ist es wohl zu früh. Die Welt vor meinem geistigen Auge ist zwar sichtbar, doch noch nicht echt. Was ist eigentlich die Zeit, in der diese wunderbare Geschichte spielt, frage ich mich. Die Motive von Ismael kann ich verstehen, aber doch nicht teilen – als Kind meiner Zeit kann ich einen Wal nicht mehr als Bestie sehen, sehe sämtliche Tiere in einem anderen Licht, als die Bewohner der Zeit inmitten des 19. Jahrhunderts.

Aber wer kann es ihnen verübeln, dass sie diese Giganten des Meeres fürchten, wo sie doch so leicht ein Schiff zerstören können? Wo das Leben überhaupt menschenfeindlich und schwierig ist, wo die Seefahrt ein Abenteuer ist, das jederzeit tödlich enden kann, jede Reise über den Ozean ein Wagnis ist.

Nein, Ismaels Einstellung kann ich verstehen, bin vielleicht auch stolz auf ihn, dass er als aufgeklärter Mensch dem Wal nicht gleich alles Schlechte zuspricht. Und ja, er hat mich angesteckt, ich will auch raus aufs Meer, will mit auf den Walfänger, will das Monstrum sehen.

Ismael beginnt für mich ein Freund zu werden, ein Begleiter auf einer wunderbaren Reise, und ich glaube, er ist ein guter Gefährte. Mit guter Beobachtungsgabe und einer Portion ironischen Abstand zu sich und der Welt führt er mich auf den Weg.

Und doch gibt es da etwas an ihm, das an mir kratzt, wie ein rauer Hals vor einer Erkältung. Ich stoße mich an seiner Aussage, keine Verantwortung übernehmen zu wollen, andere entscheiden und handeln zu lassen und das erklärt er dazu mit Funken sprühendem Charme und einer Unernsthaftigkeit, die mich sofort fragen lässt, was für ein Schelm sich mir da vorstellt.

Super! denke ich. Ein vielschichtiger, ambivalenter Mensch! Und freue mich auf das zweite Kapitel.

Written by Wolf

7. September 2006 at 5:53 pm

Posted in Steuerfrau Steffi