Moby-Dick™

Leben mit Herman Melville

Archive for June 2008

Das Hörbuch als Video: Kapitel 10: Ein Busenfreund

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Update zu Kapitel 9: Die Predigt:

Das zehnte Kapitel (12:53 Minuten) ist fertig.

Heike am Geschwister-Scholl-Platz in Flip-Flops mit ihrem iPod

Copyright Lesung: marebuchverlag Hamburg, 2007.
Sprecher: Christian Brückner;
Copyright Übersetzung: Zweitausendeins Frankfurt/Main, 2006;
Buch mit 2 .mp3-CDs kaufen.

Bild: Heike hört trotzig die .mp3s mit der Brückner-Lesung Moby-Dick auf ihrem iPod am Geschwister-Scholl-Platz, weil ihr Freund so ein Banause ist. Im Bett läuft es super, allein deswegen sägt sie ihn einstweilen noch nicht ab, 28. Juni 2008.

Written by Wolf

30. June 2008 at 2:51 am

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Hoffmann von Fallersleben: Ein trostlos Land dies Yankeeland

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Update zu New Bedford bei Kaufbeuren:

Meinen Tabak bau ich mir,
der wächst auf meinem Land.
Steuern zahlen tut keiner hier,
rauch du doch Stuyvesant.

Hoffmann von Fallersleben, 25. April 1846.
Melodie: Yankee Doodle, nach Grenzgänger, 2002

Hoffmann von Fallersleben schrieb besonders in dieser Zeit des deutsch-französischen Krieges und des allgemeinen nationalen Taumels ordentlichen Mist zusammen, aber er stand mit seiner Ansicht über die Amerikaner beileibe nicht alleine da.

Volksliederarchiv

Ein trostlos Land dies Yankeeland
Es ist ein trostlos Land dies Yankeeland:
Die Blumen blühen, aber duften nicht,
Die Vögel flattern, aber singen nicht,
Die heimischen Trauben haben keinen Saft,
Der Winter ist sehr lang und rauh und kalt,
Und statt des Frühlings gibt es Sommer nur

Trostloser aber ist dies Yankeevolk:
Selbstsüchtig immer auf Erwerb erpicht
Versteht zu rechnen und zu spekuliern.
Und wie sein Körper stets in Arbeit ist,
So ruht sein Geist auch nie und unternimmt
Was irgend Vortheil bringt und bringen kann.

Es gönnt sich keinen weiteren Genuß,
Die Freude an der Natur, an Poesie,
An heiterer Gesellschaft ist ihm fremd.
Es kann nicht singen, kann nicht musizieren
Doch Geld verdienen, Geld besitzen, ja,
Das ist die Kunst, die es vortrefflich kann.
Wenn im Geschäft nicht ausreicht Redlichkeit,
So weiß der Yankee sich zu helfen noch:
Der Humbug hilft, und der Betrogne wird Verlacht,
und der Betrüger wird gelobt
Und ist ein smart fellow, ein Ehrenmann.

Der Yankee fühlt sich politisch frei,
Und freier als ein andres Menschenkind,
Doch fühlt er nicht, wie er ein Sklav nur ist
Von seines Stammlands Überlieferung:
Er kann im Frack nur und im Hute gehn,
Und muß der Sonntagsfeier streng Gebot Verfolgen ganz genau,
und wenn er so Der Kirch’ und seinem Gott genug gethan,
Ist er ein guter Christ und Gentleman
Sonst kann er schlecht und niederträchtig sein,
Grob, eklig, eigennützig, mitleidslos.

O möchte doch das deutsche Element
Nicht untergehn in diesem Yankeepfuhl,
Und blühn wie eine Wasserlilie rein
Zu Gottes und des Vaterlandes Preis!

Hoffmann von Fallersleben (u.a. “Alle Vöglein sind schon da”,
“Der Kuckuck und der Esel”, “Ein Männlein steht im Walde”,
“Kuckuck, Kuckuck”, “Lied der Deutschen“,
“Morgen kommt der Weihnachtsmann”, “Summ, summ, summ”,
“Winter ade, scheiden tut weh”), 26. Januar 1871.

Hoffmann von Fallersleben, Lied der Deutschen Manuskript, 26. August 1841

Bild: Hoffmann von Fallersleben: Das Lied der Deutschen,
Manuskript 26. August 1841, Helgoland.

Written by Wolf

28. June 2008 at 12:01 am

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A Whale Off Port Bow!

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Update for Moby Dick ist ein Gummitier:

Since Bêda is a lousy football player, there is something he ought to do well. Alessandro Bêda, 30 years old, creative, knows that God’s only multipurpose creation is the duck, which can, walk, swim and fly. He also knows that the duck does none of those things well. Against Nature, Bêda insists in doing lots of different things, and get really p**d off when he can’t. Never ask him about shrimp farming, it’s a trauma. Hope you like some of the things he does, Mrs. Nogueira, his mother, enjoys them very much.

Alessandro Bêda, Whale Vase 1

Alessandro Bêda, Whale Vase 2

Alessandro Bêda, Whale Vase 3

This Whale Vase is so simple, so elegant, so perfectly executed. It comes in two pieces you strategically place on any surface, as if the whale is breaking tide. Designer Alessandro Beda is currently looking for a way to mass produce and we couldn’t be more happier with the idea!

Images and words: A Whale Off Port Bow! by Alessandro Bêda, June 9, 2008.

Written by Wolf

27. June 2008 at 12:49 am

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Historische Miniaturen: Sappho und Lesbia betreten die Ironischen Inseln.

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Update zu Schrott für alle:

Historische Miniaturen. Sappho und Lesbia betreten die Ironischen Inseln

Druckbleistift Stärke HB/1.0 auf Moleskine kariert, 2008.
Ca. 8,5 x 4,5 cm, Auflage strikt 1. 25 Euro.

Written by Wolf

24. June 2008 at 2:41 am

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Foreshadowed for 600 Pages

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Update zu Was quält man sich eigentlich so?:

CohuConstanze legt es einmal mehr drauf an, unsere beste Rechercheuse zu werden. Die erste sogleich wiedergegebene Kurzversion war schon im November 2006 fällig, die zweite hat sie aufgetrieben. Freibier und Ehrenpreis nach Schwabing.


Book-A-Minute Classics,
Ultra-Condensed by Samuel Stoddard:

Ishmael

    Call me Ishmael.

Captain Ahab

    Crew, we will seek the white whale and kill it, because I am insane.

Crew

    Alas, your destructive obsession will be our undoing.

(They almost find the white whale. Then they almost find the white whale. Then they find it.)

Captain Ahab

    I stab at thee. I stab at thee.

(Everybody dies except Ishmael, although this is no surprise, because it was foreshadowed CONTINUALLY from the BEGINNING.)

THE END


McSweeney’s Internet Tendency:
Lit 101 Class in Three Lines or Less
,
mit toller T-Shirt-Abteilung:

Moby-Dick

ISHMAEL: I’m existential.

AHAB: Really? Try vengeance.

ISHMAEL: I dig this dynamic. Can we drag it out for 600 pages?

Jungian Analysis. Archetypes, Dreams, Myths, Imagination by Michael Vannoy Adams

Bilder: Cohu;

Written by Wolf

22. June 2008 at 12:01 am

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Buch im Blut

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Der Hund Marie ist ein zweibeiniger Rüde. Und dann noch nicht mal ein besonders rüder: Max Martin Schröder gibt die meiste Zeit den Mann in der zweiten Reihe, erst als Roadie, schließlich als überraschend begabter Schlagzeuger für gleich mehrere Haudegen der Hamburger Schule: Tomte, Hansen Band, Bandit Jazz, Walter Schreifels und als meist verschluckte Hälfte von Olli Schulz sowie Heike Makatsch. Angeblich ein auffallend stiller, freundlicher, umgänglicher, verträglicher Mensch. Sein erster Versuch, mal nicht als graue, wenig eminente Eminenz aufzutreten, ist 2006 besser ausgefallen als manche Routinearbeit der üblichen Alpharüden.

Der Hund Marie: moby dick aus: _hooligans & tiny hands, 2006.
Zweites Lied von oben auf Myspace.

Meine Knochen eingetauscht
für eine Reise von hier
Vor meinem Fenster sitzen Raben

Schob das Bett von Wand zu Wand
und blieb dann letztendlich wach
Vermeide Schlaf an falschen Orten
Ist das wie man Leben macht
Ist das wie man Leben macht

Moby Dick
schrieb mir ein Buch
in mein Blut
Moby Dick
schrieb mir ein Buch
in mein Blut
in mein Blut
in mein Blut

Ich aß mit Dämonen bei Nacht
hatte den Teufel zu Gast
und er langweilte mich tödlich
Er kann nur das was ich ihn lass
Er war nur das was ich ihm gab
Er war nur das was ich ihn lass

Moby Dick
schrieb mir ein Buch
in mein Blut
Moby Dick
schrieb mir ein Buch
in mein Blut

Solo

Moby Dick
schrieb mir ein Buch

Der Hund Marie, Hooligans & Tiny Hands, 2006, Cover

Liedtext: moby dick aus: _hooligans & tiny hands, 2006;
Bild: das Cover davon via Hanseplatte.

Written by Wolf

20. June 2008 at 2:32 am

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… und Neurosen, Weibergeschichten und minderwertigen, legal erhältlichen Drogen

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Update zu Life and Death and All That’s Bittersweet:

Die Moral? Daß wir Proust keinen größeren Tribut zollen könnten, als wenn wir zum guten Schluß dasselbe Urteil über ihn fällen, das er über Ruskin fällte, nämlich daß auch seine Werke dem, der sich zu lange mit ihnen beschäftigt, trotz ihrer unbestrittenen Qualitäten irgendwann dumm, eigenbrötlerisch, enervierend, falsch und lächerlich vorkommen müssen. „Es hieße dem, was nur ein Anreiz ist, eine zu große Bedeutung geben, wenn man daraus eine Disziplin machte. Das Lesen liegt an der Schwelle des geistigen Lebens; es kann uns darin einführen, aber es ist nicht dieses Leben.

Alain de Botton: Wie Proust Ihr Leben verändern kann.
Eine Anleitung
, 1998, Schluss.

Schnutinger, Wie Proust ihr Leben verändern kann, toonblog.de, 5. Juni 2008

Bild: Schnutinger: Wie Proust Ihr Leben verändern kann, 5. Juni 2008. Überhaupt, insgesamt und allgemein ein empfohlenes Weblog.

Literatur: Céleste Albaret: Monsieur Proust. Die Erinnerungen seiner Haushälterin, deutsch erst seit 2004;
Alain de Botton: Wie Proust Ihr Leben verändern kann. Eine Anleitung, 1998;
Ulrike Sprenger: Proust-ABC, 1997;
Philippe Michel-Thiriet: Das Marcel Proust Lexikon, 1999.

Written by Wolf

19. June 2008 at 2:35 am

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Chumdenschl

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Update zu Das Land der Deutschen mit der Seele suchen:

Denk ich an Deutschland in der Nacht,
bin i Chumdenschl af gebracht.

Thomas Gsella via Brainblog, 2004

Das ganze Zeug, was mich messbar ausmachen muss, wenn einer, der mich nicht kennt, mal nachgucken geht, ist ja lauter so gelahrtes, zutiefst deutsches, dünne, dicke, immer aber harte Bretter bohrendes. Mittelalterverein, deutsche Romantik, gedämpfter Donaldismus, der melvilleanisch herangediehene Sums um deutsch-amerikanische Freundschaft. Etwa aufkommender Spaß am Leben kann ja gar nicht oft genug sarkastisch gebrochen sein.

Erkennt da jemand einen Faden drin, einen roten? Aus meiner Sicht von innen nach außen betrachtet finde ich, dass es lauter verschiedene Sportarten sind, die im gleichen Stadion spielen (sehr treffend, Kollege Tarantino): Ein Deutschromantiker hätt ich werden sollen, das ist ja alles sowas von 1850 — die nie wirklich zu Ende gegangene deutsche Romantik, die sich explizit aufs Mittelalter bezieht, und das nicht, weil’s da so toll war ohne Fensterscheiben, Damenbinden und Xing, sondern um so weit zurückzuschauen, wie man mit denen, mit denen man zusammenwohnt, gemeinsame Wurzeln hat.

“Wurzeln gießen” hab ich das immer gern genannt, und selbst der Ausdruck ist von Heinz Rudolf Kunze geklaut, und wie deutsch geht’s denn noch.

Ich versteh das gut, wie einer sich um den Schlaf bringen kann, indem er seinem Land nachsinniert. Wir haben hier so ein tolles Land rumstehn — mit dem weiß Gott manches im Argen liegt, aber das macht es einem ja nicht weniger wert. An den paar Sachen, die man liebhat, mag man die Fehler gleich mit, und Deutschland die bleiche Mutter hat einen nun mal hervorgebracht, wofür niemand was kann (“Nicht mal die Römer!“). Wer in Aserbeidschan, Äthiopien oder der Antarktis geboren ist, wohnt sicher gerne dort; ich glaub nicht, dass die Leute aus Jux irgendwohin auswandern. Trotzdem hätte man es schlimmer treffen können denn als Deutscher.

Und dann erhellt, dass auch die Amis, die schon fast sprichwörtlich “stolz” auf ihr Land sein können, die in der Schule des Morgens nicht etwa beten, sondern die Hymne singen und Teile der Verfassung aufsagen und Nationalfeiertag begehn wie unsereins Kirchweih, sich auch nicht ganz im reinen sind. Die wissen ebenfalls, das sie ein tolles Land haben — und dass sie den Hanswurst des Jahrhunderts zum Anführer haben, das wissen sie auch.

USA Erklärt, German Joys, Nothing for Ungood, raskal trippin und ein wachsendes Literaturgenre beschäftigen sich mit nichts anderem. Was die anderen da drüben besser machen: Sie wissen um das tolle Land und den Hanswurst, und dazu noch, dass die sich nicht ausschließen: Bush ist kein mathematisch hinreichender Grund, Amerika nicht zu mögen. Und bei uns haben sie vor gar nicht so vielen Jahrzehnten etliche der besten Teutschen vergrault, sträflich viele, genug jedenfalls, dass die ganze Kultur sich immer noch nicht so recht davon erholt hat.

Brecht zum Beispiel. Was der durch die Welt exiliert ist! Prag, Wien, Zürich, Schweden, Finnland, Amerika. Beim Heimkommen ist er freiwillig ins etwas andere Deutschland, das ein netter Versuch hätte werden können, wenn der Mensch ein so guter wäre, wie er für den Kommunismus vorausgesetzt werden muss — geschrieben hat er den Idealfall einer Nationalhymne.

Die geht mir auch schon eine Ewigkeit nach. Wurde nie so richtig ernst genommen und als offizielle Hymne in Erwägung gezogen. Wahrscheinlich weil sie Kinderhymne heißt.

Anmut sparet nicht noch Mühe
Leidenschaft nicht noch Verstand
Daß ein gutes Deutschland blühe
Wie ein andres gutes Land.

Daß die Völker nicht erbleichen
Wie vor einer Räuberin
Sondern ihre Hände reichen
Uns wie andern Völkern hin.

Und nicht über und nicht unter
Andern Völkern wolln wir sein
Von der See bis zu den Alpen
Von der Oder bis zum Rhein.

Und weil wir dies Land verbessern
Lieben und beschirmen wir’s.
Und das liebste mag’s uns scheinen
So wie andern Völkern ihrs.

Und da hat er doch Recht.

Ich hab meine Heimat — deren Sprache jedenfalls — geradewegs studiert. Meine Wurzeln gegossen mit Schweiß und Tränen, Blut muss es hoffentlich nicht auch noch sein. Und es wird nie aufhören, mich umzutreiben, dass die Leute tendenziell aber wahrnehmbar verblöden, so weit, dass ihnen ihre Heimat eines wohligen Mangels an Geistesregungen wurscht ist.

Die demokratische Errungenschaft der Meinungsfreiheit ist in kosmischen Maßstäben eine sehr junge, auch schon in historischen: Die Französische Revolution war doch praktisch vorgestern. Grade mal 200 Jahre ist das her, dass ich will gar nicht wissen wie viele Leute genau geköpft wurden, dafür dass man heute sagen darf, was ist. Das ist nicht selbstverständlich, weder immer noch überall, sondern ein verficktes Privileg.

Und was machen die Leute damit? Tun so, als wär’s noch nie anders zugegangen, ginge heute noch im größeren Teil der Welt nicht anders zu, und missbrauchen es. Man benutzt Meinungsfreiheit dazu, in Blogs hineinzukommentieren:

lol, ggggg

Dafür haben Bastillen gebrannt. Dafür sind Leute gestorben. Viele. Qualvoll. Freiwillig. Heldenmütig. Selbstlos.

Der 17. Juni war noch zu meinen Lebzeiten mal ein Feiertag, und ich musste mein zeitgeschichtliches Wissen ganz schön zusammenkramen, was da gefeiert wurde. “Ich glaube sogar die Augen begunnen zu tropfen.

Film: Neue Deutsche Wochenschau (West) über den Volksaufstand in der “DDR”, 17. Juni 1953, später “Tag der deutschen Einheit” mit kleinem d.
Heute vor 55 Jahren.

Written by Wolf

17. June 2008 at 4:05 am

Posted in Rabe Wolf

Der nullte Streich

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Verlangt nach Hr Küsters Angabe
fl 50, stellt dafür d. Holzzeichnung
her — versichert, daß es noch nicht ge-
druckt ist.

Kuchenteighülle, 1863

Ach, was muss man oft von bösen PR-Agenturen lesen. Ist das Zufall? Ausgerechnet kein halbes Jahr nach seinem hundertsten Hinscheiden? Genau nach 145 Jahren?

Müssen wir nur noch irgendwo verschwörungstheoretisch hineinwursten, dass es im Seidelschen Verlagsarchiv in Sulzbach-Rosenberg geschlummert hat, wo sie sonst allenfalls die Ur-Blechtrommel, eine Wittenberger Lutherbibel und haufenweise sehr alte Taschenkalender haben; die Nachbarschaft zum Literaturarchiv gibt thematisch nichts her.

Der 1863er Ur-Max und Moritz langweilt letztendlich auch: Nur zehn, mit Umschlag elf handtellergroße Bilder in Stenobleistift, alles ohne Comic-Erikative wie im 1865er Extended Remix, und dann nicht mal ein Ende mit Splatter. Ratschepüh. — Na gut, wie viele Kalendergeschichten hatten wir mit 33 veröffentlicht (und mit 32 keinen Moby, ich weiß ich weiß)?

Deutsch-Hausaufgabe für heute: Süddeutsche Zeitung vom Wochenende (14./15. Juni 2008) aus dem Altpapier zotteln, Feuilleton (zweites Heft) Seite 12 und 13 einscannen und lieber gleich als zu spät sorgfältig backuppen.

Wilhelm Busch, Der Kuchenteig, Bild 10, 1863

Bild: Wilhelm Busch: Der Kuchenteig, 1863, Bild 10.
Verlagsarchiv J. E. von Seidel/dpa, 2008.

Written by Wolf

16. June 2008 at 2:58 am

Posted in Reeperbahn

Ohne biographischen Essay von Klaus Harpprecht und mit keinem Nachwort von Frank Vorpahl

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Dringend fälliges Update zu Call me Fishmael:

Georg Forster, Reise um die Welt, Insel Verlag

Rechts neben Georg Forster: Der Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe, eine angegraute Suhrkamp-Ausgabe noch mit Hardcover, leider nur die ersten zwei von drei Bänden, dafür acht Euro; links neben Georg Forster: Irgendein alter Käse von einer gewissen Gwen Bristow; in der Mitte: Georg Forster für drei Euro fuchzig. Jetzt vergriffen, ätsch.

Environment: Oxfam-Buchshop München, Fürstenfelder Ecke Kaufinger;
Bild: selber gemacht, 30. Mai 2008.

Written by Wolf

12. June 2008 at 2:27 am

Posted in Moses Wolf

Das heldische Leiden an der Welt

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And we sail and we sail and we never see land,
just the rum in the bottle and a pipe in my hand.

Kapitel 30: Die Pfeife ist ein auffallend kurzes in unserem whale of a tale; die erzählte Zeit — ein kurzes Nachdenken, dann ein Überbordschleudern — liegt trotzdem immer noch weit unter der Erzählzeit. Scheint also wichtig zu sein.

Die Experten auf dem Gradeserver schreiben als analysis dazu:

Melville demonstrates Ahab’s power and influence over his crew through the effect that Ahab has on Stubb, who is shaken by his confrontation with Ahab. This bolsters the idea that Ahab is a fearsome man not to be opposed, not only because of his physical and direct influence over others but also because of the psychological stress that he places on others. Ahab is capable of creating a sense of turmoil and unease in Stubb, who finds no solace for his anxiety concerning Ahab.

Rauchen ist Scheisse. Saufen Sie lieberIst ja gut, das mag schon alles sein — steht aber, wie ich es verstehe, da nicht drin; ist also nicht heraus-, sondern hineingelesen. Was die verdienstvollen Moby-Dick™-Analytiker herausgefunden haben, finde ich da weit luzider.

Ich bin ja nur so ein ganz simpel denkender Mensch. Drum bleiben wir doch mal ganz stumpf bei dem, was da steht, im Gang der Handlung. Da darf ich in der Erinnerung ans gerade verflossene 29. Kapitel schließen, dass Ahab das Zusammenrücken mit Stubb mehr zu schaffen macht, als er sich eingestehen will. Stubb, der — ganz recht, Kollegen — sich durch sein beständiges Pfeifenschmauchen geradezu definiert, der des Morgens nicht ohne seine Pfeife im Gesicht aus der Kajüte treten würde, sondern eher ohne seine Nase (schon wieder so eine jahrzehntelang gehätschelte Lieblingsformulierung aus meinem ersten Jugendversuch) — eine Unart, die dem Seemann durchaus ansteht, die Ahab aber plötzlich an sich selbst entdeckt.

Will er zu denen gehören? Zur Misera Plebs seiner Untergebenen, die auf ihren Schönheitsschlaf halten, statt ein Ziel zu verfolgen? Diesen Flaschen, die sich von betäubenden Dämpfen umnebeln lassen, statt sich gut puritanisch zu quälen? Es ist ihm nicht recht, dem Ahab, er trauert durchaus um seinen Anteil an der grundsätzlichen Lebensfreude, an selbstverständlichen ozeanischen (!) Wohlgefühl am Dasein in der Welt: “Da habe ich mich nun wie besinnungslos abgeplagt, statt mich des Lebens zu freuen” — aber es ist nun einmal so um ihn bestellt: Ein gemütlicher Raucher ist er nicht.

Dramaturgisch haben wir hier also nicht weniger denn einen Schub in Ahabs Selbstfindung. Da musste erst der aus Ahabs Sicht verächtliche Stubb kommen und um Ruhe vor Ahabs innerer Unruhe bitten, um ihn dahin — sorry for the cheap pun — anzustubbsen. Nicht um the effect that Ahab has on Stubb geht es also, wie der o.a. Gradeserver nahelegt, sondern Stubbs effect on Ahab.

So endet einer, der seinen Weg geht: freudlos, menschenfeindlich, fatalistisch, im Verdacht des armen Irren, bestenfalls noch voll des grimmigen Galgenhumors unter Tränen lachend. Kein Wunder, dass einer da im Affekt die Insignien seiner letzten fadenschinigen Lebensfreude über Bord feuern mag. Denn dass es der Anfang von Ahabs Ende ist, has been foreshadowed genug.

Besondere Leistung in der Disziplin Pinkeln gegen den Wind, nein: Rauchen an Luv (Cpt. Ahab): die übersetzerische Leistung, aus The Pipe ein Die Tobackspfeife herauszulesen.

Echte Helden (pinkeln gegen den Wind, auch wenn sie dann die Begossenen sind): rauchen macht laune: Die neue Rechtschreibung, 27. Februar 2007;
Lied: The Pogues: Bottle of Smoke, aus: If I Should Fall From Grace With God, 1987.

Written by Wolf

11. June 2008 at 1:18 am

Posted in Steuermann Wolf

Mein Liebchen: Edle von der Pfeife

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Elke erhebt Einwände zu den Einwänden zu Kapitel 30: Die Pfeife:

Elke HegewaldIrgendwie bin ich mit keinem der verkündigten Argumente so richtig glücklich. Die “Befreiung von allem Irdischen” kömmt mir bei dieser winzigen Episode und dem Sonderling-Gebrabbel fast ein bisschen zu pathetisch daher. Naja, und die Absage ans Pfeifchenpaffen als trotzige und entschlossene Gebärde zu interpretieren, hinter der der einsame Rächer sein hehres Ziel glasklar und nicht durch vernebelnden Qualm im wachsamen Adlerauge behalten will, ist auch ein einigermaßen schräges Bild, oder? Jedenfalls wenn man selbiges Ziel eher als fixe Idee und Racheplan verletzten männlichen Stolzes denn als heldischen Vorsatz zu sehen geneigt ist.

Hey Jungs, ‘tschulljung, wenn ich mich in eure kerligen Gespräche einmische. Ich will ja auch gar nicht streiten und vielleicht liegt’s ja daran, dass ich ein Mädchen bin und mit dem sturen einsamen Cowboy respektive Walfänger nichts anfangen kann, der – koste es was es wolle – für seine Ehre in den Sonnenuntergang… na, ihr wisst schon. Und wenn doch, dann um der dramatischen Ausgeburt Melvillescher Künstlerfantasie und der menschlichen Tragik unseres unseligen Ahab willen.

Allerdings fallen meine Deutungen etwas weniger glorios aus, als Seeweib muss man doch ‘n bisschen Realität in den Disput bringen.

Da murmelt also dieser Finsterling so vor sich hin in seinen Bart (hm, hat er eigentlich einen?):

“How now… this smoking no longer soothes. Oh, my pipe! hard must it go with me if thy charm be gone! Here have I been unconsciously toiling, not pleasuring — aye, and ignorantly smoking to windward all the while; to windward, and with such nervous whiffs, as if, like the dying whale, my final jets were the strongest and fullest of trouble. What business have I with this pipe? This thing that is meant for sereneness, to send up mild white vapours among mild white hairs, not among torn iron-grey locks like mine. I’ll smoke no more — “

Parodie Martin Mißfeldt, Picasso, Junger Mann mit PfeifeTja, und was spricht er da eigentlich? Wenn man sich ganz einfach machte, könnt man sagen: Es schmeckt ihm nicht mehr, sein Pfeifchen. Himmel, seid ihr keine Raucher? Kennt doch jeder von denen, der lang genug dieser Sucht frönt. Meistens gibt sich das irgendwann wieder. Aber es wäre auch eine gute Variante – dazu noch mit einem fein theatralischen Effekt – damit aufzuhören, nä. Über Bord mit dem Ding, opfern wir es dem Meeresgott! Ahab, dem Kerl mit dem eisenharten Willen, dem Mann für radikale Lösungen, traut man sogar zu, dass er’s so packt. Und zu kaum einem passt wohl diese Geste, in einer Aufwallung von Groll auf sich selber das gute Stück in hohem Bogen in die Wellen zu werfen, so sehr wie zu ihm. Ist doch ein sturer, verbohrter Hund, der.

Doch so schnöde und schlicht ist’s dann vielleicht doch nicht. Schwingt da nicht auch eine schmerzliche Erkenntnis mit in seinem Gebrummel?: Es funktioniert nicht mehr, dieses angenehme Fünkchen Leben, der Zauber eines besänftigenden Pfeifleins im Mundwinkel, der auch ihm wohl tat, ist verflogen. Er selbst ist nicht mehr zugänglich für die kleinsten Freuden dieses Lebens, ist eine arme, einsame und verzweifelte Seele. Und diese Regung tut weh, was er sich jedoch niemals eingestehen würde:

“Was habe ich mit dieser Pfeife zu schaffen? Dieses Ding, das doch heitere Gelassenheit stiften und mildweiße Wölkchen zu mildweißem Haar emporsenden soll, statt zu zerzausten, eisengrauen Locken wie den meinen…”

Hier nun auch mein Einwand zum Einwand, lieber Jürgen: Ja, es muss die Pfeife sein — sie ist etwas Schönes, Versöhnliches, Herzwarmes. Verflucht er sich vielleicht gar für diese unzulässig sentimentale Regung, reagiert er deshalb so schroff?

Wir wissen es nicht. Und stehen, ihn beinahe scheu aus den Augenwinkeln beobachtend, neben ihm an der Reling…


Vincent van Gogh, Alter Schiffer, 1883Pfeifenraucher umschwebt doch irgendwie der Hauch des Gemütlichen, ja, eben so, wie Melville selber es beim guten schlichten Stubb beschrieben hat. Mit dem Wölkchenpaffen an sich verbindet sich doch das Gefühl von von Genuss (heute hat es manchmal sogar etwas Elitäres an sich, oder?). Ein paar von den Großen, die wir kennen, waren Pfeifenraucher, so der jüngst hier besungene Pfannkuchenschreiber Hemingway oder Albert Einstein. Pfeifen sind ein unverzichtbares Requsit der Seeleute und manche von den Nuckelschätzchen tragen gar den stolzen Namen Kapitänspfeife und sehen auch so aus.

Meisterschaften im kultivierten Pfeifenrauchen werden ausgetragen und die Kunst der Pfeifenbäckerei wissenschaftlich erforscht.

Tabakspfeifen sind Freundinnen. Der hier seinerzeit auch schon (zu weitaus mutigeren Themen) durchgehechelte selbsternannte Indianerfreund Karl May nannte die seine gar sein Liebchen und hat die Wonnen mit ihr — schauschau! — in Versen besungen. Über deren Unsterblichkeit ich mir hier zwar beileibe kein Urteil anmaße, die aber das besondere Flair des Schmökens für seine Jünger vermitteln:

Mein Liebchen

Wenn Sorge mich und Unmuth quälet,
Wenn mir’s an Moos im Beutel fehlet,
Wenn mich ein schwerer Kummer drückt,
Das Schicksal mich mit Pech beglückt:
Was ist es dann, wonach ich greife?
I nun! Die liebe Tabakspfeife!

Bei meinen Freuden, meinen Scherzen,
Beim Austausch gleichgesinnter Herzen,
In all’ den traulich frohen Stunden,
Die ich im Freundeskreis gefunden,
Bei meines Glück’s so seltner Reife
Ist stets um mich die liebe Pfeife.

Auf all’ den Reisen, die ich machte,
Wo die Natur mir freundlich lachte,
Auf all’ den einsam trauten Wegen,
Im Waldesgrün, wo ich gelegen,
In Feld und Flur, die ich durchstreife,
Begleitet mich die treue Pfeife.

Sie bleibt mir Braut durch’s ganze Leben;
Ja, sie in Adel zu erheben
Ist wohl ein Leichtes: Das Diplom
Schreibt sie sich selbst durch ihr Arom.
Sie heiße d’rum, ob man auch keife,
Von jetzt an: Edle von der Pfeife!

Ich selber mag den Geruch einer schmurgelnden Tabakspfeife. Und hab’s auch schon mal probiert, auch wenn ich gewiss nicht grad zum Freak werde.

Und ich glaube, er wird es bereuen, der alte Ahab.

Damenpfeife aus dem Pfeifenlädchen

Bilder: Martin Mißfeldt: Junger Mann mit Pfeife, nach Pablo Picasso;
Vincent van Gogh: Alter Schiffer, Bleistift, schwarze und weiße Kreide, 1883;
Damenpfeife aus dem Pfeifenlädchen.

Written by Wolf

9. June 2008 at 3:49 am

Posted in Steuerfrau Elke

Er lacht sich eins und trinkt/sein Eierbier und singt

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Oh! jolly is the gale,
        And a joker is the whale,
A’ flourishin’ his tail, —
        Such a funny, sporty, gamy, jesty, joky, hoky-poky lad,
        is the Ocean, oh!

The scud all a flyin’,
        That’s his flip only foamin’;
When he stirs in the spicin’, —
        Such a funny, sporty, gamy, jesty, joky, hoky-poky lad,
        is the Ocean, oh!

Thunder splits the ships,
        But he only smacks his lips,
A tastin’ of this flip, —
        Such a funny, sporty, gamy, jesty, joky, hoky-poky lad,
        is the Ocean, oh!

Old song sung by Stubb. Chapter 119: The Candles.

Stephan wendet auf Jürgens World Disinfecting Agent Day ein:

Stephan De MariaLieber Jürgen, in der Tat klasse!

Aber lass mich weiter die kleine Laus in deinem Pelz sein:

Vielleicht lässt Melville Ahab das Rauchen aufgeben, weil er sich von allem Irdischem befreien will, weil er mit seiner bisherigen Existenz abschließt. Er hat das Ziel, Moby Dick zu erledigen. Und er ahnt, dass ihn das Alles kosten wird. Er will seinem letzten Gefecht frei von allem irdischen Ballast entgegen schreiten. Er bringt sich mit Leib und Seele in Stellung.

Da hat Jürgen nicht mal was dagegen:

Jürgen Jessebird Schmitte“Laus im Pelz”? So schlimm ist’s doch nicht, oder? Wie steht es in unser aller Moby-Dick (Kapitel 119): “But never mind; it’s all in fun.” Zur Sache:

Das mit dem “von allem Irdischem befreien” kann ich gar nicht als Vorwurf empfinden. Im Gegenteil, wenn es sich irgendwo textlich festmachen ließe, dann würde es wunderbar zu “meinem” Ahab passen — sich so auf ein einziges Ziel zu konzentrieren, das hat übermenschliche Größe.

Um das hier mal klar zu stellen: Ahab ist kein Mensch, er ist “nur” eine Figur in einem Buch. Deshalb stelle ich andere Anforderungen an ihn als an einen gewöhnlichen Menschen. Die gewöhnlichen Menschen (das sind wir alle) müssen uns beständig nach den Das-tut-man-Nichts richten, die Konsequenzen unseres Handelns für uns und andere abwägen, immer wieder Kompromisse eingehen. Kurz: Wir verzetteln uns in unseren Leben. “Große” literarische Figuren sollten das meiner Meinung nach nicht tun. Sie sollten klare Ziele haben und diese zu erreichen suchen. Dem Erreichen dieses Ziels kann (und sollte) manches geopfert werden. Nur so lässt sich dramatische Größe erreichen. “Klarheit” erwarte ich von Literatur, nicht tausend lose Enden!

Allerdings sehe ich das Motiv der bewussten Befreiung von irdischem Ballast für das letzte Gefecht so bei Ahab (noch) nicht. Ahab ist durchaus bereit, für die Erreichung seines Ziels (die Vernichtung Moby Dicks) zu sterben — allerdings ist ein Walfänger das zu seiner Zeit doch eigentlich immer, oder? Jeder Wal kann jeden Waljäger töten, das ist Berufsrisiko.

Und noch ein Einwand: Wenn Melville nur Ahabs Abkehr vom Irdischen zeigen wollte, warum dann mit einer Pfeife? Warum lässt er ihn nicht ein Stück Schiffszwieback über Bord werfen oder einen Becher Rum? Warum eine Pfeife, der in Bezug auf Stubb soviel Aufmerksamkeit geschenkt wurde?

So. Und auf das “Klasse” von BillyBudd im Kommentar auf World Disinfecting Agent Day gönne ich mir jetzt ein Gläschen Talisker. Wünsche wohl zu ruhen!

Lied: Flogging Molly: Seven Deadly Sins, aus: Within a Mile of Home, 2004.

Written by Wolf

8. June 2008 at 12:01 am

Das Hörbuch als Video: Kapitel 9: Die Predigt

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Update zu Straße, Kapelle, Kanzel:

Das neunte Kapitel (31:17 Minuten) ist fertig.

Chas Ray Krider, Motel Fetish. Featuring a fish

Copyright Lesung: marebuchverlag Hamburg, 2007.
Sprecher: Christian Brückner;
Copyright Übersetzung: Zweitausendeins Frankfurt/Main, 2006;
Buch mit 2 .mp3-CDs kaufen.

Bild: Chas Ray Krider: Motel Fetish, in: Max 2003.

Written by Wolf

6. June 2008 at 12:01 am

Posted in Siedekessel

World Disinfecting Agent Day

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Jürgen hat Kapitel 30: Die Pfeife gelesen:

Jürgen Jessebird SchmitteWeltnichtrauchertag war neulich, den hab’ ich leider glatt verpasst — wo das doch so ein schöner Termin gewesen wäre. Immerhin schmeißt er seine Pfeife über Bord, der missgelaunte Ahab. Stellt sich natürlich die Frage — warum? Möchte er seiner Crew die Gefahren des Passivrauchens ersparen (dann sollte er wohl lieber Stubb über Bord werfen!)? Oder sorgt er sich um sein eigenes Wohl? Angst vor Raucherbein? Nein, das dürfte damals wohl eher nicht der Beweggrund gewesen sein. Weil sie ihn nicht mehr beruhigt, weil das Rauchen nichts ist für torn iron-grey locks wie die seinen, so steht’s im Text. Aber warum meint Melville, sein Ahab solle nicht mehr rauchen? Sicher nicht um der Political Correctness willen, damit musste er sich in den 1850ern nicht herumschlagen.

Ein wenig Licht in das grüblerische Dunkel bringt vielleicht wieder ein Blick zu Stubb in Kapitel 27. Da erfährt der geneigte Leser — so er nicht die langatmigen Beschreibungen überliest (“Und wo bleibt der Wal, häh?”) — dass unser Stubb Pfeife raucht. Immer. Nachdem er seine Beine aus der Koje geschwungen hat, zündet er sich das Pfeifchen an und lässt es nicht mehr ausgehen, bis er sich nach vollbrachtem Tagwerk wieder in die Koje sinken lässt. Da raucht er dann noch ein Weilchen, ehe er die Augen schließt. Und dann träumt er wahrscheinlich noch vom Qualmen. Melville charakterisiert den Kettenraucher aber durchaus sympathisch und liefert in der Nikotinsucht auch gleich eine mögliche Erklärung für Stubbs ruhiges und ausgeglichenes Wesen: “So, likewise, against all mortal tribulations, Stubb’s tobacco smoke might have operated as a sort of disinfecting agent.” Als Mittel gegen die Angriffe der Welt.

Und Ahab? Wirft die Pfeife fort! Seinen Schutz gegen die mortal tribulations! Wenn das mal gut geht, denkt man sich da als mitdenkender Leser.

Obwohl… Auch das genaue Gegenteil könnte Herman uns da durch die Blume zu vermitteln suchen. Hängt eigentlich wieder ganz davon ab, wie man zu Ahab steht. Entweder man beneidet Stubb um seinen Gleichmut und seine Einfalt — dann ist der Tabaksqualm eine hilfreiche Waffe gegen die Anfeindungen einer unfreundlichen Welt. Ein Schutzpanzer, der, wenn man nur genug pafft, alles Übel vom Paffenden fernhält. Oder man steht eher auf Ahabs Typ, der vielleicht nicht ganz zurechnungsfähig ist, dafür aber mutig der Welt in ihre wütende Fratze blickt! Und der sich ganz und gar nicht einlullen lassen will von irgendwelchen Dämpfen.

Ich persönlich neige ja zur zweiten Theorie — Ahab erscheint mir so viel kraftvoller und mit viel mehr Tiefe versehen als der doch recht schlichte Stubb. Kann doch nicht sein, dass Melville uns Stubb als Ideal präsentieren will. Dann eher Ahab, der den Mut hat, sich der Welt zu stellen. Auch wenn er das zugegeben recht eigenwillig tut…

Heather Coleman, 17th Century Mariners Clay Pipe

Bild: Heather Coleman: Dawnmist Studio Clay Pipe Shop.

Written by Wolf

5. June 2008 at 12:01 am

Posted in Steuermann Jürgen

Und siehe! Zart wie Mondstrahlgluten, weiß wie der Schnee auf Bergesgrat

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Elke schießt ein maritimeres Update zu
Hurre hurre, hop hop hop nach:

Elke HegewaldDie Russalka hat Puschkin über Jahre keine Ruh gelassen (und ja, ich schreib sie mit Doppel-s, so wird sie auch ausgesprochen – mit scharrrfem Es). Sie ist die Herrin im Dnjepr, nackt, mit oder ohne Fischschwanz, ganz wie’s beliebt. Von seinem wunder- und märchensamen Poem “Die Russalka” hab ich nur diese alte Übersetzung von Friedrich Fiedler 1895 im Netz gefunden.

Konstantin Vasilyev, Rusalka, 1968

Schön, nicht? Strahlend und düster. Das sind Melusine, die Lau, Wassernixens Tochter, Víla, Mermaid, Lorelei, Undine und eben Russalka in einem. Und irgendwie musst ich auch an die todeslürüsche Lenore denken…

Darüber hinaus – und selbiges war vor allem Puschkins Langzeitgefiesel 1829 bis 1832 – gibt es ein Russalka-Drama in Versen über ihr unheilvolles und rachsüchtiges Wirken – leider nur in Russisch gefunden.

Witold Pruszkowski, Rusalki, 1877

Auch dieses mit ähnlichen untoter Daseinsweise. Es wurde zwischen 1848 und 1855 sogar veropert, von einem Komponisten namens Alexander Sergejewitsch Dargomyschski, kaum noch bekannt und selten aufgeführt.

Und somit um Himmelswillen nicht zu velwexern mit der allseits bekannten Dvořák-Russalka 1901. Die ist nämlich eher mit der kleinen H.C. Andersen-Meerjungfrau verwandt, was die Fabel angeht.

Hach jaah, und ein Rabe kömmt auch vor bei der Puschkinschen: Russalkas Vater nämlich, der in solchiger Gestalt als vor wahnsinniger Trauer quasi auch Untoter den rächenden Handlanger spielen darf. (Sollte man mal erforschen, wer da eigentlich wen inspiriert hat?)

John William Waterhouse, Undine, 1872

Bilder: Konstantin Vasiliev für Master and Margarita, 1968:
Wikimedia Commons;
Witold Pruszkowski: Rusałki, 1877 und
John William Waterhouse: Undine, 1872: gemeinfrei.

Written by Wolf

3. June 2008 at 2:46 am

Posted in Smutjin Elke

Die Leere trägt jeder in sich allein

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Jean Gaumy ist vorzustellen wie Herbert Grönemeyer als lästiger Kriegsberichterstatter auf dem Boot: Steht geschlagene fünfzehn Jahre (1982 bis 1997) auf dem Hochseetrawler Rowanlea im Weg rum und hält mit der Kamera drauf, egal ob sich die arbeitenden Männer langweilen oder im Sturm über Bord gehen. Alles für die Kunst, da muss man durch. Es kann nur besser werden, wenn man mal was mit Romy Schneider hatte.

Jean Gaumy, Männer, Maschen, Monsterwellen, Stern 30. Januar 2008

Ein toller Bildband ist dabei herausgekommen: Men at Sea, da können sich die Fischer über den zusätzlichen Fresser, der so studiert über Lichtverhältnisse, Ausleuchtung und Available Light quasselt, ärgern was sie wollen. Schwarzweiße sind immer die schönsten, die von Gaumy verblüffend tiefenscharf. Art is not for sissies.

Wie ich drauf komme? — Ich kenn den feudalen Band von Philipp Plisson, auch Franzose, mit dem schon fast prätenziös schlichten Namen Das Meer. Keine sieben Monate mehr bis Weihnachten.

Bild: Jean Gaumy bei Philipp Gülland:
Ein Bild und seine Geschichte: Männer, Maschen, Monsterwellen
für den Stern, 30. Januar 2008.

Written by Wolf

1. June 2008 at 12:01 am

Posted in Moses Wolf