Moby-Dick™

Leben mit Herman Melville

Archive for September 2009

Indian Summer Song

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What song does the new day you, fresh and green, sing?
Or does it just toiling and trouble you bring?
Does it sing you a country song, a-rush like the sea?
Does it bring fine young ladies and laughter to thee?

The days like the people return what you give:
In lives you read, in books you live.

Flaucher Collage: Moleskine, Photoausdruck, Druckbleistift 0,7 und 0,5, schwarze und rote Tinte mit verbogener, rostiger Gabel, Bandzugfeder und hübsches freundliches Mädchen mit Norton Critical Edition Moby-Dick.

Danke an das hübsche freundliche Mädchen am Flaucher!

Written by Wolf

28. September 2009 at 12:01 am

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Das tut nicht nur dem Seemann weh

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Zuerst wollte ich Elkes jüngste Abhandlung über Lili’uokalani — die Blume von Hawaii (Update, Update!) mit dem Lied Aloahe von der Ersten Allgemeinen Verunsicherung garnieren. Die Idee wurde verworfen, weil das Lied zu zu starker Rum mit zu vielen Umdrehungen ist; das zieht jede Wissenschaft runter. Hat Elke doch ohnehin etliche Illustrationen dazugeliefert, die nicht mehr auf ihre kompakte Textmenge passten, da durfte man nicht noch mit allzu prominenten Klamaukeinlagen draufhauen.

Die Erste Allgemeine Verunsicherung, neben H.C. Artmann, guter Luft, einer dankenswert wenig verbreiteten Bierparodie, einer luxuriös pralinesken Todesverliebtheit, Komm, süßer Tod und Wolfgang Ambros Österreichs bester Exportartikel und gar nicht so verschieden von der Aufzählung, wie man unbedacht glauben möchte, trat passenderweise in mein Leben, als ich besoffen war.

Erste Lüge: Verkatert war ich. Bei einem Schulkameraden eingeladen, um Beethovens Fünfte auf Platte zu hören, zusammen mit noch einem, der für sowas zu gewinnen war, und unerfahren im Umgang mit Johnny Walker Red und Black Label. Mein Abend endete damit, dass ich auf dem Fußboden im Klo Clever & Smart-Heftchen las, mein nächster Tag fing an mit elenden Kopf- und Kreuzschmerzen, einem Muster auf der Stirn von der Klofußumpuschelung und einer Dose Tigerbalm, die ich auf dem Spiegelbrettchen fand und zur Hälfte für ich weiß nicht mehr was aufbrauchte. Ich erschien pünktlich zum Frühstück mit zwei weiteren Schulkameraden und stank entsetzlich nach Tigerbalm.

Das Radio lief. Erste Allgemeine Verunsicherung: Go, Karli, Go.

Sancta Caecilia, war das gut.

Dergleichen hatte man nie zuvor gehört. Schon gar nicht auf Bayern 3. Da lag genau der Tiefgang unter dem Text, von dem sich ein verkaterter Vorabiturient ernst genommen fühlen, und genug Gaudifaktor in der Musik, dass sich seine Kumpels, die mit ihrer Mittleren Reife schon mal was Gescheites lernen gegangen waren, ihre kleinstadtmittelständische Feierabendeuphorie rausholen konnten. Neu war der Mut zur Peinlichkeit, die Lust am indiskutablen Geschmack, um eines saudummen Lachers mit dreifachem Boden willen. Das war lustig, aber nicht blöd. Da konnte man mitsingen, ohne sich zu genieren, weil eine Message hat’s ja auch. Das konnte man bierselig auf Grillfeiern grölen, und erst wenn man den Ohrwurm nach Hause trug, merkte man den Trojaner: Moment mal, was lallen wir da eigentlich? Leicht halbseiden in Wortwahl und Gehabe, wie ein Callgirl, das keine Nutte geheißen sein will. So sexy, so unernst und so schamfrei aufreizend wie Ganzkörper-Fishnets unter einem Trenchcoat.

Verunsicherung waren mir nachmals das, was ich als mein erstes großes Rockkonzert betrachtete, die Geld oder Leben-Tour in der Erlanger Stadthalle 1986. Da hatte ich frisch den Führerschein und durfte allein mit Mutters Laubfrosch hin. Spätestens hier rückte Mastermind, Stimme nebst Gesicht der Band Klaus Eberhartinger in die Riege meiner Vorbilder auf: Zu dieser Attitüde eines rausgewachsenen Zuhälters passte also ein Lachen, und man konnte hochgescheite Sachen sagen, ohne dass es gleich jeder merkt. Groucho Marx goes Hugo Egon Balder, mein Typ war gerettet. Hinterher stand ich, platt von dem zurückliegenden Beschuss mit Kalauern und dieser unverschämt psychogenen Mischung aus Cabaret, Kabarett, Songwriting, Schlagerschnulze und Schweinerock, noch lange an den Laubfrosch gelehnt, rauchte eine und kam mir fürchterlich erwachsen dabei vor.

Heute erinnern sich die Aficionados, dass die Verunsicherung von Alfred Biolek in Bios Bahnhof vom Studentenkabarett in eine breite bundesdeutsche Öffentlichkeit gerückt wurden. Der Mann hat vor seiner Karriere als Witzigkoch immerhin Monty Python nach Deutschland gezerrt, ebenfalls ursprünglich ein Studentenscherz von Medizinern, das könnte nicht besser passen.

Damals waren drei Platten von ihnen bekannt: Spitalo Fatalo, À la carte und Geld oder Leben, alle prall vor zitierfähigen Reimen, die in der Literatur monolithisch herumstehen und seit der Erstverwendung durch den Haupttexter Thomas Spitzer auf ewig verbrannt und endlich mal einen Literaturpreis wert sind, kommt schon, ihr Stiftungen, wenigstens fürs Gesamtwerk. Manche dieser rhetorischen Diamanten entstehen durch den Reim österreichischer auf englische und hochdeutsche Wörter oder waghalsige Enjambements, die den Sätzen an Stellen das Kreuz brechen, die man vorher gar nicht gesehen hat, das geht freilich nur in so hochspeziellen Kontexten.

Später hörte ich läuten, dass es mehr als drei Platten geben, die Spitalo Fatalo nicht ihre erste, sondern dritte sein musste, und fuhr extra mit dem Zug ins grenznahe Salzburg, um mal in einem österreichischen Plattenladen zu kramen. Leider aussichtslos, alles voll Mozart, auch schön, und halbtags angestellter Kassenhausfrauen. Die Café Passé erschien erst später wieder als CD, ihre anerkannt allererste 1. Allgemeine Verunsicherung scheint es ins CD-Stadium geschafft zu haben, ist aber verschollen.

Go, Karli, Go (das spricht sich bitte knallhart kanzleideutsch aus, ohne englische Diphthongierung) blieb lange mein Lieblingslied, nicht zuletzt weil meine Kumpels mir einredeten, das Lied handle von mir.

Auf der gleichen Platte findet sich ihr einziges maritimes Lied. Ist aber gar nicht maritim. Sondern sozialkritisch. Merkt man bloß nicht gleich. Jedenfalls nicht besoffen unter Versicherungskauffrauen und Speditionssachbearbeitern. Typisch. Aloahe. Aus: À la carte, 1984. CD vergriffen, Text von Thomas Spitzer:

1.: Es war vor langer, langer Zeit
Eine Braut und ein Matrose
Im Hafen der Glückseligkeit.
Er gab ihr eine Rose.
Sie wollten sieben Meere sehn,
Die Braut und der Matrose,
Und allen Stürmen widerstehn —
Ay, das ging in die Hose.

Bridge: Heut steht sie in der Kombüse
und putzt traurig das Gemüse.
Legt sie sich nicht in die Riemen,
gibt es einen auf die Kiemen.

Refrain: Hey, hey, aloahe!
Das gibt’s nicht nur auf hoher See.
Hey, hey, aloaho!
Frag nicht wieso.
Hey, hey, aloahe!
Das gibt’s nicht nur auf hoher See.
Hey, hey, aloahö!
Bevor du untergehst, sag mir adieu.

2.: Die Mannschaft rackert im Akkord,
Es zittert der Matrose.
Täglich geht einer über Bord:
Zu viele Arbeitslose.
Die Angst macht seinen Rücken krumm:
Wo ist Dein Stolz, Matrose?
Zu wenig Mumm und zu viel Rum,
Ay, das führt zur Zirrhose.

Bridge: Und der Käpten treibt ihn an,
Hol ihn der Klabautermann!
Doch er denkt nicht an Meuterei,
Er fürchtet sich vorm schwarzen Hai.

Refrain: Hey, hey, aloahe!
Das gibt’s nicht nur auf hoher See.
Hey, hey, aloaho!
Frag nicht wieso.
Hey, hey, aloahe!
Das gibt’s nicht nur auf hoher See.
Hey, hey, aloahö!
Bevor du untergehst, sag mir adieu.

3.: Nur manchmal denken sie zurück,
Die Braut und der Matrose:
Was ist geblieben von dem Glück?
Eine verwelkte Rose.
Ihr Traumschiff ist ein alter Kahn,
Eine bediente Dose.
Sie haben sich total verfahrn,
Die Braut und der Matrose.

Bridge: Es ist kein Wind mehr in den Segeln,
nicht einmal mehr, wenn sie [kegeln].
Statt Liebe macht die Pest sich breit,
im Hafen ihrer Einsamkeit.

Refrain: Hey, hey, aloahe!
Das gibt’s nicht nur auf hoher See.
Hey, hey, aloaho!
Frag nicht wieso.
Hey, hey, aloahe!
Das gibt’s nicht nur auf hoher See.
Hey, hey, aloahö!
Bevor du untergehst, sag mir adieu.

Fade-out: Hey, hey, aloahe!
Das tut nicht nur dem Seemann weh.
Hey, hey, aloaho!
Uns ebenso.
Hey, hey, aloahe!
Das gibt’s nicht nur auf hoher See.
Hey, hey, aloahö!
Bevor du untergehst, sag mir adieu.

Text: Thomas Spitzer
Musik: Thomas Spitzer, Nino Holm, Eik Breit, Klaus Eberhartinger, Günter Schönberger
Sänger: Klaus Eberhartinger

Written by Wolf

25. September 2009 at 1:13 am

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München am Meer VI: Von Lindau bis zum Fehmarnsund kennt man mich als Schäferhund

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Update zu Yarrrrr, sog i!:

Zur Feier des Talk Like a Pirate Day eröffnet am Heutigen das Oktoberfest zu München.
Wir bitten um freundliche Beachtung.

Des Fahrers Wunderhorn: F.S.K.: Diesel Oktoberfest aus: The Sound of Music, 1993;
in: Franz Dobler (i.e. der schnauzige Großstadtcowboy mit Tollwut, dem Jahrhundertsampler mit Johnny-Cash-Covers deutscher Kapellen sowie allerhand Country-Fachliteratur und Fressehau-Belletristik):
Wo Ist Zu Hause Mama, Trikont, 1995.
Musik: Justin Hoffmann, Thomas Meinecke, Michaela Melián, Carl Oesterhelt, Wilfried Petzi;
Text: Thomas Meinecke:

Diesel Oktoberfest

Dauernd auf der Autobahn
sechzehn Tonnen hintendran
unter der Haube ein Vulkan.
Ingolstadt nach Paderborn
die Stoßstange schreit immer, vorn
Jericho, des Fahrers Wunderhorn.

Feine Leute sind das hier
trinken Wein statt Spaten-Bier
der Spediteur und sein Geschmier.
Morgen wird er aufgehängt,
Dieselöl mit Blut vermengt —
morgen früh wird er aufgehängt.

Laila heißt mein Funkkontakt
ist der Lastzug abgeparkt
wird schon ihr Reißverschluss geknackt.
Von Lindau bis zum Fehmarnsund
kennt man mich als Schäferhund
Asphalt heißt der Liebe Untergrund.

In der Prominentenbox
frisst gegrilltes Fleisch vom Ochs
der Spediteur und sein Gesocks.
Morgen wird er aufgehängt,
Dieselöl mit Blut vermengt —
morgen früh wird er aufgehängt.

Auf Laila folgt die Lorelei
am Schmutzlappen die Polizei
schnappt sich mein Rasthofnackedei.
Klassenkampf, Geschlechtsverkehr
gaben einst ein Pärchen her
wirkungsvoller als ein spitzer Speer.

Wer trinkt seinen Scotch mit Eis
lechzt nach jeder Stöckelgeiß
der Spediteur und sein Geschmeiß.
Morgen wird er aufgehängt,
Dieselöl mit Blut vermengt —
morgen früh wird er aufgehängt.

Write Like a Pirate, 18. September 2009

Bild: Write Like a Pirate in Egoshooting, 18. September 2009;
Pirate Paw T-Shirt: Jack Wolfskin, vergriffen;
Nürnberger Stadtwurst: herzhaft gewürzt, mild geräuchert, nach fränkischer Rezeptur: Ponnath/Kemmath via Penny, 350 Gramm 1,99 Euro (Serviervorschlag).

Written by Wolf

19. September 2009 at 12:01 am

Er bläst wieder (und wieder)

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Update zu John Huston hat doch Recht:

Das hat 2006 jemand versäumt: zum 50. Jahrestag der Moby-Dick-Verfilmung von John Huston — das ist die mit Gregory Peck, die Sie als Kind so beeindruckt hat — wenigstens so weit zu restaurieren, dass auf der DVD das ganze Breitwandbild zu sehen ist und nicht immer nur der Ausschnitt in der Mitte. Und jetzt das:

Drehstart für TV-Event “Moby Dick”

“Moby Dick”, die Fernsehverfilmung des Klassikers mit Gregory Peck, wird bei RTL zu sehen sein. Wie die Tele München Gruppe nun mitteilte, realisiert sie die Neuverfilmung des gleichnamigen Literaturwerkes gemeinsam mit dem Kölner Privatsender, dem ORF und dem US-amerikanischen Produktionsunternehmen RHI sowie weiteren Co-Partnern. Die Hauptrolle übernimmt Oscar-Preisträger William Hurt (“8 Blickwinkel”, “A History of Violence”), der den einbeinigen, vom Wahn getriebenen Kapitän Ahab verkörpert. An seiner Seite spielt Ethan Hawke (oscarnominiert für “Before Sunset” und “Training Day”) den 1. Offizier Starbuck, der es als einziges Besatzungsmitglied wagt, sich Kapitän Ahab entgegenzustellen. Die Dreharbeiten unter der Regie von Mike Barker (“Der Seewolf”), die, laut Mitteilung, mit einem Gesamtbudget von 18,4 Millionen Euro als bisher aufwendigste Produktion in der 40-jährigen Geschichte der Tele München Gruppe gelten, werden ab Mitte September in Lunenburg, Kanada, und auf Malta stattfinden. Geplant seien “spektakuläre Szenen auf hoher See und State of the Art CGI-Animationen”. Den Zuschlag für die Ausstrahlung des Event-Zweiteilers erhielt der Fernsehsender RTL, die Fertigstellung ist für Herbst 2010 geplant.

teleschau/der Mediendienst via Nordsee-Zeitung.

München am Meer (danke, Lara!): Mit einem Aufwand wie noch nie mal wieder die Actionstellen rausziehen und William Hurt einen 3D-animierten Wal beschimpfen lassen, um Aufmerksamkeit zu schaffen für die großen Brüder. Das griechisch-tragische Aufbegehren der Sohnfigur ist mit Ethan Hawke besetzt, dem Hübschling für Abiturientinnen, Mädchen müsste man leider ganz schön reinschreiben, aber ist eigentlich irgendwo die Rede von dem langweiligen Ismael? Man wünscht der Unternehmung ja nur das allerbeste Gelingen, sonst klage. Hoffentlich werden sie rechtzeitig bis Herbst 2010 fertig, denn vermutlich zum 160. Jahrestag der Buchvorlage 2011 lässt sich Hollywood seinerseits nicht lumpen:

Bekmambetov to direct ‘Moby Dick’

Universal Pictures has made a splashy preemptive buy of “Moby Dick,” a reimagining of the Herman Melville whale tale that Timur Bekmambetov (“Wanted”) will direct.

Studio paid high six figures to Adam Cooper and Bill Collage to pen the screenplay.

The writers revere Melville’s original text, but their graphic novel-style version will change the structure. Gone is the first-person narration by the young seaman Ishmael, who observes how Ahab’s obsession with killing the great white whale overwhelms his good judgment as captain.

This change will allow them to depict the whale’s decimation of other ships prior to its encounter with Ahab’s Pequod, and Ahab will be depicted more as a charismatic leader than a brooding obsessive.

“Our vision isn’t your grandfather’s ‘Moby Dick,’ ” Cooper said. “This is an opportunity to take a timeless classic and capitalize on the advances in visual effects to tell what at its core is an action-adventure revenge story.”

Scott Stuber is producing with Jim Lemley and Cormac and Marianne Wibberley.

Both Stuber and Bekmambetov have deals at Universal. Bekmambetov will look to apply the visual flourish he displayed on the U summer hit “Wanted.”

“We wanted to take a graphic novel sensibility to a classic narrative,” said Collage. They brought it to the Wibberlys, the “National Treasure” scribes who are branching into producing and will team with Stuber. The project then caught the fancy of Bekmambetov and Lemley, who teamed with the helmer on “Wanted.”

Bekmambetov is developing a sequel to the Angelina Jolie starrer and is also mobilizing and producing a slate of modestly budgeted Russian-language films for Universal’s offshore distribution operations.

Cooper and Collage received credit on the comedy “Accepted” and more recently did rewrite work on the untitled Trump Heist movie, the Tom Bezucha-directed “The People’s House” and the McG-helmed “Nightcrawlers.”

WMA made the deal and repped the scribes, Bekmambetov and the Wibberleys.

Michael Fleming: Bekmambetov to direct ‘Moby Dick’.
Universal steers reimagining of Melville classic
,
Variety, 22. September 2008.

Also mal schluss mit dem kulturzickigen Gemaule — Melville kriegt auf einmal richtig Konjunktur; nicht nur in Gestalt von ein paar gelehrten Übersetzungsspielereien, sondern für spaßhungrige Leistungsträger. Dating couples in Spendierlaune und wild entschlossen, Lust zu empfinden. Bigtime, on the big screen. Mit PR-Aufwand, aber mal richtig. Weil Melvilleana modern sind und nicht modernd, und the writers reveren sogar Melville’s original text mit graphic novel-style. Ist doch schön.

Insiderwissen: Der Bootsbau für die amerikanische Version stammt von den Jungs bei Norseboat, also unter Beteiligung von David von Never Sea Land. Der Mann findet mit Liebe und Sachverstand regelmäßig die tollsten Mermaids aus dem Kunstschaffen aller Stile und Epochen, der kann sicher auch die richtigen Traditional Boat Replicas von Walfängern samt Beibooten.

Ein deutscher Zweiteiler aus neuen Macs und ein russisch gesteuerter Blockbuster mit schönen Schiffchen. Mehr Vorankündigung gucken:

Und wann gibt’s jetzt den 1956er Film als diskutable DVD, miau?

Norseboat, Traditional Boat Replicas

Vorerst keine Filmbilder: Norseboat.

Written by Wolf

17. September 2009 at 12:45 am

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Die Zeit vergeht rund um die Uhr (Die Vergangenheit ist birnenförmig)

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Update zu Anaxagoras’ Revenge:

Für mich isch des alles gar nemmer wichtig. Wenn’s dich amol hundert Meter so des Geröllfeld am Watzmann nunderbröselt hat, no weisch, dass es gewaldigere Dinge im Läbe gibt als die Erodik.

Uli Keuler

Sie war zu groß. Lass sie los. Lass sie nur.
Sie war zu lang und vorn zu flach.
Sie war dünn wie eine Wäscheschnur.
Sie passte nicht unter dein Schädeldach.
Gib ihr das grüne Schlauchkleid retour:
Die Zeit vergeht rund um die Uhr
und du hängst einem Mädchen nach.

Sie war zu groß, sie war zu lang — kein Aufhebens:
Du kennst mehr als vier Dimensionen. Mach
dir jetzt neue des irdischen Strebens.
Als der Leuchtturm von Pharos zusammenbrach,
warst du so kalt wie bei den sieben Toren Thebens.
Im Meer schwimmen neunzig Prozent allen Lebens
und du hängst einem Mädchen nach.

Sie war zu groß. Sie hatte nie Angst, sie verlör dich.
Sie war zu lang, und zu kurz reichte das, was sie sprach.
Sie bewegt nur den Mund; was du sagst, stört nicht.
Und du pfeifst noch beim Bumsen Bach
und vertonst Stephen Hawking, drum hör mich:
Die Vergangenheit ist birnenförmig
und du hängst einem Mädchen nach.

Cousin Mike, CD cover 32 Great Artists Long Tall Sally

Long Tall Sally: Cousin Mike, 3. April 2009 (mit CD-Download).

Written by Wolf

12. September 2009 at 12:01 am

Posted in Vorderdeck

Die Eltern ums Aufbleiben anbetteln und dann vorm Fernseher einschlafen (zu schusslig für die Metadaten, aber am Copyright-Symposium La Paloma pfeifen)

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Update zu Making Books und Irgendwas mit Büchern:

Gil Elvgren, Rare Edition, 1962Sigmund Freud und Katherine Jones haben 1939 ein Sachbuch veröffentlicht, in dem die Funktionsweise der Internet-Software Mosaic Navigator erläutert wird. “Madame Bovary” ist nicht von Gustave Flaubert, sondern von Henry James. Nicht Jean Paul schrieb den “Titan”, sondern Hermann Hesse. Daniel Defoes “Robinson Crusoe” gehört in die Abteilung “Hobby und Handwerk” und Stephen Kings “Christine” erschien bereits 1899, genauso wie Robert Sheltons Biographie des Rockpoeten Bob Dylan — groteske Beispiele aus Googles Buchsuche. Während Debatten darüber geführt werden, welche Bücher der Internetkonzern zu welchen Konditionen einscannen und im Internet anzeigen darf, wird eine andere Frage vernachlässigt: Die nach der Qualität der Mega-Datenbank.

[]

Dass viele Werke in völlig falsche oder unsinnige Kategorien eingeordnet werden, liegt Nunberg zufolge daran, dass Google die Kategorisierung der Verlage übernommen hat. Diese dient aber bloß dazu, dass die Bücher vom Handel in die richtigen Regale einsortiert werden. Wo kein Verlag eine Einordnung liefert, versucht Google sie aus den Metadaten zu gewinnen — mit oft haarsträubenden Ergebnissen. Eine Ausgabe von Herman Melvilles “Moby Dick” beispielsweise firmiert unter der Rubrik Computer. Google, so fasst es der amerikanische Sprachwissenschaftler zusammen, habe “einige der größten Wissenssammlungen erhalten und sie zurückgegeben in Form eines Buchladens in einem Vorstadt-Einkaufszentrum”.

Helmut Martin-Jung: Ahnungsloses Gefummel, in: Süddeutsche Zeitung, 9. September 2009.

Originalaufsatz: Geoffrey Nunberg: Google’s Book Search: A Disaster for Scholars in: The Chronicle of Higher Education, 31. August 2009:

An edition of Moby Dick is labeled Computers; The Cat Lover’s Book of Fascinating Facts falls under Technology & Engineering. And a catalog of copyright entries from the Library of Congress is listed under Drama (for a moment I wondered if maybe that one was just Google’s little joke).

Schussel Books: Gil Elvgren: Rare Edition/Hold Everything, 1962.

Written by Wolf

11. September 2009 at 12:01 am

Posted in Reeperbahn

Lili’uokalani — die Blume von Hawaii

with one comment

oder: Melville und die Königinnen der Südsee

Die Blume vom Plattenbau Elke macht einen Exkurs durch die Geschichte — als Würdigung zum 171. Geburtstag der Blume von Hawaii am 2. September:

When the inhabitants of some sequestered island first descry the “big canoe” […] rolling through the blue waters towards their shores, they rush down to the beach in crowds, and with open arms stand ready to embrace the strangers. Fatal embrace! They fold to their bosoms the
vipers whose sting is destined to poison all their joys…

Herman Melville in: Typee, Chapter IV

Elke HegewaldEigentlich sind sie sich gar nicht ähnlich, die schöne Gattin Mowannas, des Königs von Nuku Hiwa aus Herman Melvilles Roman, und Lili’uokalani, die letzte Regentin von Hawaii: die Erste – ein Naturkind, eine ‘Wilde’, wie Melville sie nennt. Ungezähmt trotz gegenteiliger Anstrengungen der hereingebrochenen Vertreter der Zivilisation und im reichen Schmuck ihrer kunstvollen Tataus schert sie sich den Teufel um mühsam andressierte Etikette. Die Zweite, hochgebildet und nach amerikanischen Standards christlich erzogen, mit dem Sohn eines Bostoner Schiffskapitäns verheiratet — eine weitsichtige Monarchin und in politisch-diplomatischen Gepflogenheiten durchaus bewandert. Und sie hätte nie, nie im Leben den Rocksaum gelüpft, um einer vollzählig angetretenen Schiffsmannschaft eine filigrane Tätowierung auf ihrer Rückseite vorzuweisen — sofern sie überhaupt eine hatte.

Tausende Meilen sind die Inselparadiese der beiden voneinander entfernt. Die Ferne ist näher gerückt in den anderthalbtausend Jahren, seit ein polynesischer Königssohn mit seiner Flotte von Auslegerkanus aufbrach, den Sternen und den Vogelschwärmen folgte und unter Segeln bis Hawaii kam, es zu besiedeln. Der stammte von den Marquesas. Wahrscheinlich besteht auch keinerlei Verwandtschaft zwischen den zwei Königinnen — auch wenn heut keiner mehr weiß, ob nicht der junge Häuptling von damals der Ururur…ahn der einen und auch der anderen war.

Liliuokalani of HawaiiJames Cook landete an marquesischen Gestaden. Auf Hawaii erst später, 1780. Vielleicht hätte er das lieber lassen oder sich dort besser betragen sollen, denn das zweite davon hat er nicht überlebt.

Als die zivilisierte Welt die Inseln entdeckte, schleppte sie unbekannte Krankheiten und allerlei neues Volk auf den Strand von Nuku Hiwa: Missionare und Walfänger, Pest und Cholera, Abenteurer und den Tripper. Auf den Strand von Hawaii — auch. Landräuber und Militärstrategen sprachen dort französisch, hier englisch.

König Mowanna und seine hübsche Königin arrangierten sich — arglos, naiv und unwissend. Ihr Paradies wurde annektiert: auf Französisch, kurz vor dem Erscheinen von Melvilles Typee Mitte des 19. Jahrhunderts. Die kluge Hawaiianerin wollte ein unabhängiges Paradies und Bildung für seine Kinder — kämpfend, mit politischer Diplomatie, ohnmächtig. Es wurde annektiert: auf Amerikanisch, kurz vor der Wende zum 20. Jahrhundert.

Des Typee-Autors marquesische Wildblume sprang einem Image als Popanz buchstäblich mit nacktem Hintern ins Gesicht — und schockierte einen Konteradmiral und eine Schiffsladung Matrosen. Die Blume von Hawaii wehrte sich königlich gegen das Popanz-Bild – und wurde von einem Bananen-Baron und seiner Truppe eingeschiffter Militärs gestürzt.

Die Marquesas sind bis heute französische Kolonie, deren Mutterland sich im Recht sieht für die Segnungen der Zivilisation, die es über sie gebracht hat. Hawaii ist seit dem 21. August 1959 der 50. Bundesstaat der USA, die sich 1993 mit der Apology Resolution bei den Hawaiianern für den Putsch von 1893 gegen deren Monarchie entschuldigten.

Die einstige Herrscherin über die Bucht und die Berge von Nuku Hiwa lebte ein Buch, das ein Amerikaner über sie, über einen Inselstamm in der Südsee und sie selbst, seine Fayaway schrieb. Die entthronte Herrscherin über die Eilande des Aloha State schrieb außer dem berühmten Aloha Oe noch ungefähr hundert andere Lieder — und ein Buch über Lili’uokalani und ihr Hawaii, 1898.

Wie ich schon sagte, sie haben eigentlich nichts miteinander gemein, die beiden Königinnen der Südsee, nicht wahr?

Queen Liliuokalani

Bilder: Liliuokalani of Hawaii: Wikimedia Commons;
Liliuokalani, Queen of Hawaii, full-length portrait, seated, outdoors, with dog, facing slightly left: The Library of Congress.
Leider nur sehr lückenhaft und schon gar nicht bildlich überliefert: Fayaway.

Written by Wolf

10. September 2009 at 12:01 am

Posted in Krähe Elke

Der Fluch des Albatros

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Vorläufige Stoffsammlung für
Kapitel 42: Die Weiße/Das Weiß des Wals (“I remember the very first albatross I ever saw” ppp.)
und Kapitel 52: Die Pequod trifft die Albatros/Die “Pequod” begegnet der “Albatros”,
in enger Verupdatung zu Barks’ Thierleben und Überall ist Entenhausen:

Der Entenhausener Bericht The Not-So-Ancient Mariner, empfangen und übermittelt durch Carl Barks, erschien deutsch als Der Fluch des Albatros (WDC 312) in TGDD 71, beide 1966. Heute am besten erreichbar in Die tollkühnen Abenteuer der Ducks auf hoher See, herausgegeben von Frank Schätzing (seufz!) im mareverlag, März 2006.

Der Gang der Handlung nach BarksBase:

Cover Walt Disney's Comics and Stories, The Not-So-Ancient MarinerDaisy hat beim Quiz der Wunderweiß-Waschmittel-Werke [Bluefog Blubber Company] eine Reise mit der »Korallen-Königin« [Fatsonia] gewonnen und fährt zusammen mit ihrer Tante Melitta [Aunt Drusilla] in die Südsee. Weil Gustav mit demselben Schiff fährt (er ist zur Beat-Weltkonferenz nach Samoa eingeladen), beteiligt auch Donald sich an dem Wunderweiß-Quiz. Er kann die letzten zwei Strophen aus dem Gedicht »Der Fluch des Albatros« [Ancient Mariner] und gewinnt ebenfalls eine Fahrt mit der »Korallen-Königin« — allerdings im Laderaum, wo er von Daisy nicht viel sieht. Er schleicht sich an Deck, wo er versehentlich einen Albatros abschießt — was letztendlich dazu führt, daß Donald über Bord geht. Die dadurch bewirkte Fahrtverzögerung hat zur Folge, daß Donald die Bordpreisfrage richtig beantwortet — und sich eine Kabine erster Klasse leisten kann.

Im Original wird die Ballade »The Rime of the Ancient Mariner« ([in der Fassung von] 1798) von Samuel Taylor Coleridge zitiert. CBVD enthält zusätzlich die Originalfassung.

Empfohlen werden ausdrücklich Gustave Dorés 1876er Illustrationen zu Coleridges Ballade. Aufallend an der deutschen Fassung ist der einleitende Satz: “Alle Seeleute glauben, daß es Unglück bringt, einen Albatros zu töten. Ob das wohl stimmt?”, der explizit vom Töten spricht, obwohl nach verbreiteten Fällen von Traumatisierung durch den Tod von Bambis Mutter der Tod aus allen Disney-Veröffentlichungen herausgehalten wird (einzelne Rückfälle, z.B. Mufasa in König der Löwen, 1994). Dieser, sofern es einer ist, Aberglaube stammt aus dem antiken Griechenland, wo der Albatros Poseidons Lieblingsvogel war.

Im deutschen Comic wird sichtbar, daß die Ballade aus dem Buch Seegedichte stammt, nach allem vernünftigen Dafürhalten ein fiktives Buch. Zumindest die letzte, geflügelte Strophe “Weh mir Frevler, dass ich schoss den Schicksalsvogel Albatros! Dreimal wehe, dass ich traf! Dafür trifft mich des Schicksals Straf’!” stammt eindeutig von der Hauptübersetzerin Dr. Erika Fuchs, der Rest ist wahrscheinlich ein Stück alte, anonyme Fan Fiction avant la lettre. Der Einfluss von Coleridge auf Barks ist heute als Parodie anerkannt: Die angeführte Strophe übersetzte Frau Fuchs aus dem Original bei Coleridge/Barks:

“God save thee, ancyent Marinere!
“From the fiends that plague thee thus—
Why look’st thou so ?’—With my cross-bow
I shot the Albatross.

Im Volltext nach der offiziellen Homepage der D.O.N.A.L.D.:

Der Fluch des Albatros

Gustave Doré, Ancient Mariner. I shot the albatrossSchaumgekrönte Wellen branden
gegen Kap Kanaster an.
Bald werd’ ich dort wieder landen,
wo dereinst mein Weg begann.

Wind frischt auf, und mit dem Brausen
fliegt mein Schiff in Richtung Watt.
Schon gewahr’ ich Entenhausen:
Heißgeliebte Heimatstadt!

Lichtbestreuter Hafen — endlich
fährt mein Kurs mich an den Kai.
Vor mir wird die Skyline kenntlich
— da erklingt von Luv ein Schrei.

Gellend klingt er, so als ginge
grad ein Topgast über Bord.
Mit dem nächsten Rettungsringe
eile ich zum Unfallort.

Doch das Meer liegt bleigegossen,
niemand aus der Mannschaft fehlt.
Über meinen Schreck verdrossen,
hab’ ich es dem Maat erzählt.

“Was Euch eben so verdroß,
das war der Ruf des Albatros.
Wehe dem, der ihn vernimmt:
Sein Schicksal ist vorausbestimmt.”

Kaum gehört, ist’s schon geschehen,
und das Unglück zieht herauf.
Vor mir türmen sich die Seen
bis auf Leuchtturmhöhe auf.

Wie ein Jux der Elemente
tanzt im Sund mein stolzes Schiff.
Backbord drohen Felsenwände,
steuerbord das Teufelsriff.

Da, die Durchfahrt! Und es schießt rein;
Gott hat uns den Weg gesucht.
Vor uns muß die Insel Kniest sein,
wir sind in der Gumpenbucht.

Still verdümpeln kleine Wellen,
denn der Sturm zog hier vorbei.
Doch wie tausende Tschinellen
hämmert wieder dieser Schrei.

Wer verdenkt mir meine Rage,
als ich seinen Ursprung such’?
Auf der höchsten Takelage
sitzt der Vogel wie ein Fluch.

The Not-So-Ancient Mariner, 1966, 1st pageUnd der Maat brüllt ängstlich: “Boss,
er ist zurück, der Albatros!
Zweimal wehe, wer ihn schaut.
Sein Leben ist auf Sand gebaut.”

Ich vergesse Ruh’ und Sitte
— dieser Vogel macht mich krank —
und betrete die Kajüte
mit des Käpt’ns Waffenschrank.

Knarrend öffnet sich die Türe
und ermöglicht mir die Wahl
aus dem glitzernden Spaliere
voller kaltem blauen Stahl.

Das Kaliber sei ein solches,
daß vom Opfer nichts mehr bleibt,
das die Federn dieses Strolches
bis zum Erdtrabanten treibt.

Gut gezielt: Ich expediere
durch der Waffe langen Lauf
diesem großen Unglückstiere
eine Ladung Blei hinauf.

Doch die brav getroffne Leiche
stürzt herab wie ein Geschoß.
Fragt mich nicht warum, ich weiche
ihm nicht aus, dem Albatros.

Weh mir Frevler, daß ich schoß
den Schicksalsvogel Albatros!
Dreimal wehe, daß ich traf!
Dafür trifft mich des Schicksals Straf’!

Bilder: BarksBase; Gustave Doré, 1876; I.N.D.U.C.K.S., 1966.

Written by Wolf

8. September 2009 at 12:01 am

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München am Meer V: Yarrrrr, sog i!

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Update zu München am Meer IV: What I Heard about the Apple Barrel:

Piratenflagge weiß-blau, Orleansplatz Bayernmarkt

Moby-Dick™ ist zuständig für Wal-, nicht Wahlkampf, macht jedoch darauf aufmerksam, dass in der anstehenden Bundestagswahl eine Neuerung installiert wurde: eine wählbare Partei. Die Wahlbenachrichtigungen wurden versandt, Sie können seit Tagen Ihre Briefwahlunterlagen bestellen, es gibt keine Ausrede mehr. Und bevor Sie wieder verdrossen auf unseriöse Spaßparteien (F.D.P., CSU) ausweichen oder zu Hause Ihre Frau verprügeln:

Und: Nein, das ist möglicherweise keine fertig ausgebildete Regierungspartei. Das ist möglicherweise nicht mal eine voll einsatzfähige Oppositionspartei. Das ist aber eine politische Partei, von der man sich nicht von vornherein aus Gewohnheit rundumverarscht fühlen muss. Sie üben noch, und sie tun es anhand wichtiger Themen. Die Älteren unter uns erinnern sich, wie’s mal mit den Grünen war. Wenn schon in einer parlamentarischen Demokratie ein gewisses Ausmaß an Parteipolitik nicht zu vermeiden ist, dann doch bitte mit Leuten mit dem Herzen am richtigen Fleck. Endlich geht das mal. Übrigens ist die Zweitstimme die wichtige.

Das Bild ist vom Bayernmarkt am Orleansplatz in München — noch bis Sonntag, den 6. September, ist lustig. Beachten Sie Captain Ahabs Frau an der Ampel: Das linke Bein fehlt! (Vide From hell’s heart I stab at thee und Jürgens Ahabs Bein(e).)

Written by Wolf

4. September 2009 at 12:01 am

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Lieb, die Olle

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Update zu Walgesänge mit Begleitung:

Auf Myspace rumgurken ist was Feines. Ich hab dort fünfzigmal so viele Freunde wie im Facebook und kenn von keinem einzigen den Namen. Eine von ihnen will ein Matrosenmädchen sein, und nicht mal das stimmt. Sagt sie ja selber:

eigentlich bin ich gar kein richtiges matrosenmädchen. ne landratte bin ich. aber mein opa war matrose. deswegen darf ich mich auch so nennen, sagt der herr großpapa.

mein herz schlägt für wildes rumgeküsse, schmutzige schäferstündchen, mädchen und jungs mit eiern, ordinäres gefluche, old-school-tätowierereien, versoffene nächte, charles bukowski und heinz erhardt. und bier. und die schreiberei. die ist wichtig. die hab ich lieb, die olle.

und sonst… rock’n’roll.

ahoi.

Für solche herzlosen Gesellen allerlei Geschlechts, die davon noch nicht kaputt genug gegangen sind, bloggt sie (Obacht: Da sind schon mehrere Seiten aufgelaufen). Am Goethegeburtstag zum Beispiel sowas:

Matrosenmädchen ist ja gar nicht soKäthe war eine hübsche junge Dame. Alles andere als ein Fotomodell oder ein Mannequin, das wohl, aber mit so viel kleinen charmanten Makeln auf einem Haufen, dass man sie hinreißend finden musste. Ging gar nicht anders. Das süße Käthchen, das neben den hochgewachsenen Schönheiten aus dem Viertel viel zu kurz geraten wirkte, dessen Ohren ein bisschen zu weit abstanden, dessen Augen zu groß waren für das winzige Gesicht und das durch die Lücke zwischen seinen Schneidezähnen „La Paloma“ pfeifen konnte. Aber das mit 15 schon so kokett war wie die übertrieben geschminkten Damen in der verruchten Bar „Zur roten Laterne“, in deren Fenstern des Nachts immer die roten Blinkeherzen so einladend leuchteten. Zu schade war Käthe sich selten, etepetete wie ihre Cousine, die feine Jette, wollte sie nie sein, das verabscheute sie, und so machte sie sich gern die Hände schmutzig, wenn alle anderen „Igittigitt!“ schrien. Und sie verschenkte ihr Herz, wann immer ihr danach war. Einmal schenkte sie es dem Bauernjungen Paul mit den roten Haaren, der ihr immer so sehnsüchtig nachglotzte, wenn sie auf dem Weg in die Stadt am Hof seines Vaters vorbei radelte. Paul war es schrecklich peinlich, dass stets ein Hauch Kuhscheiße und Hühnerfurz in der Luft lag, wenn er seiner Angebeteten begegnete. Aber Käthe küsste seine Bedenken einfach so weg. „Scheiß auf die Kuhkacke und die Eierdinger“, hauchte sie und sagte ihm dann, er habe die schönsten braunen Augen, die sie je gesehen habe. Das war nicht mal gelogen. Auch wenn sie dem schönen Heinz gestern noch etwas ähnliches gesagt hatte. Aber der hatte nun mal die schönsten grünen Augen, die Käthe je gesehen hatte.

Die Mädchen im Viertel zerrissen sich die Mäulchen über das Mädchen mit den Segelohren, das so anders war als sie. So unanständig und liederlich. Flittchen nannten sie sie manchmal und sahen sich dann verschämt um, ob sie auch ja niemand gehört hatte. Flittchen sagt man nicht laut.

Käthe wusste das, sie war ja nicht aus Dummsdorf, und eigentlich war es ihr egal. Aber da war gestern dieser Junge gewesen, der Neffe von Metzger Franz, ein Matrose, fast zu schön, um wahr zu sein, und er hatte sie so seltsam angesehen, als der Schlachter ihr ein Stück Fleischwurst geschenkt und dabei ihre Hand eine Sekunde zu lang festgehalten hatte. So, als wüsste er von all dem Gerede und ein bisschen so, als würde er sich vor ihr ekeln. Käthe hatte verlegen auf ihre Schuhspitzen gestarrt und sich geschämt. Dann hatte sie sich die Fleischwurst in den Mund gestopft und war davon gerannt. Geheult hatte sie nicht, nein, das war nicht ihr Metier, wie Mama immer sagte. Nein, das war es wirklich nicht und lieber hätte sie sich den großen Zeh abgehackt, als vor anderen Leuten salzige Suppe aus ihren Augen tropfen zu lassen. Aber durcheinander war sie. Nicht schön durcheinander, sondern dumm. Die Blicke des Matrosen hatten sie verunsichert. Zuerst. Jetzt machten sie sie wütend.

„Was bildet der sich eigentlich ein!“ schimpfte Käthe laut und stampfte mit beiden Füßen auf dem Boden auf. Dann schwang sie sich auf ihren grünen Drahtesel und sauste mit scharlachroter Rübe in die Stadt. Den Matrosen zur Rede stellen wollte sie, jawolljaja.

„Guten Tag, Herr Franz“, sagte sie mit fester Stimme, als sie die Metzgerei betrat.

„Guten Tag, Fräulein Käthe. Was kann ich für Sie tun?“ Der Metzger musterte Käthe unverhohlen, in seinen stumpfen Schweinsaugen blitzte es.

„Ich möchte bitte Ihren Neffen sprechen. Diesen Matrosen.“

„Soso. Jaaaaaaakob!“, schrie Herr Franz da. Seine Wangen glänzten rosig von Fett und Schweiß.

Wäh, dachte Käthe angeekelt. Wie konnte ich nur?

„Ja?“ Der schönste Kopf der Welt lugte hinter der Tür, die zur Schlachterei führte, hervor.

Und so wie man sie kennt, lässt sie einem das wieder stehen und warten bis in die Steinzeit, dass es weitergeht. Und weiter geht es dann doch nur mit katzengoldenem Satzgefunkel wie… aber nein, ich sag nix mehr, weil sie mir sonst nix mehr lesen bei ihr, wenn Sie das Beste schon kennen, reicht ja schon das da oben, complete and unabridged. Zu Ihrer Beruhigung kann ich aber sagen, dass sie in einzelnen Wörtern am besten ist, vielleicht sollte sie einfach mal eine Auflistung von tollen Wörtern hinschreiben, das geht ja schnell und kann sie gut, aber irgendwie würde doch auch was fehlen. Die Geschichte bestimmt.

Und die, ach Gottchen, sagen wir halt mal Philosophie dazu, oder wissen Sie ein besseres Wort dafür, sie weiß doch selber keins, weil sie gar keins braucht, die Philosophie, sagte ich, einer Schiffbrüchigen zwischen Tank Girl für die Generation 20plus, einer Amelia Earhart zu Wasser, wie sie vorm nächsten Verschallen in der Hafenkneipe mit einem damenhaft gedrechselten Glas voll Rum in der Faust eine neue Version ihrer Lebensgeschichte zum Besten gibt, und einer Poetry Slammerin, die zu viel Zeit im Bett verbringt, dafür einen Wortschatz hat.

Und Blut und Schleim und Dosensaft und Salzwasser. Ohne zu viel zu verraten. Klingt sowieso ekliger, als es bei ihrer Fingerfertigkeit dann unten rauskommt. Ist doch alles virtuell, das Flittchen macht doch nur Spaß. In transitivem wie intransitivem Sinne, ich hab sie durchschaut. Das Matrosigste an ihr sind nämlich die Segelohren, ätsch.

Matrosenmädchen. Home is nun mal where your heart is

Bilder: Matrosenmädchen, überaus privat, 2009.

Written by Wolf

1. September 2009 at 6:21 am

Posted in Wolfs Koje