Moby-Dick™

Leben mit Herman Melville

Lies Bücher, nicht T-Shirts!

with 14 comments

(Wenn eines auf der Welt kein Jazz ist,
dann ja wohl Pilze!
)

Update zu Phasen eines Umschlags von Deutsch into English:

Katz und Goldt, Wissen Schweigen VorübergehenEs ist schwer geworden, Max Goldt zu verteidigen. Seit Anfang der 1990er, als dieser sympathisch autoritäre Moralist mit einer ungewohnt blitzsauberen Sprache das deutsche Literaturgeschen von hinten aufrollte und von zuinnerst erleuchtete, sind seine Epigonen so viele geworden, dass er allenfalls noch als selbstgerechter Querulant auffällt.

2008 wird Max Goldt 50: für einen Popliteraten zu alt, für einen besserwisserischen Sabbelsack zu jung. Vermuten wir mal, dass man im jungen Jahrtausend für diese Altertümelei in Wort- und Themenwahl immer entweder zu jung oder zu alt ist. Die Codes haben sich überlebt. Vorwürfe von Ex-Fans lauten dahin, dass er den Leuten gegenüber einen reichlich präpotenten Ton anschlägt; selbst wenn man sich seinen Büchern heute mit einem Vorschuss an Wohlwollen nähert, kann man sich noch ziemlich angeranzt vorkommen. Seinen dauererigierten Zeigefinger hat man mal geschätzt. Es funktioniert nicht mehr. Selbst die unverwüstlichsten Fans sind nur noch treu.

Seine Kolumne in der Titanic zählt immer noch zum Besten, was nur irgendwie monatlich erscheinen kann. Im Februar hieß sie Im Visier von Pakistan und Texas, singt ein selten luzides Abschiedslied auf Weblogs, lobt jedoch ausdrücklich die German Joys von Andrew Hammel, die seit langem in den Nordamerikana der Linkrolle nebenan hausen und mit Vergnügen und Gewinn gelesen werden. Max Goldt hat einen Lieblingsblog, schau mal einer an, dabei gar keinen schlechten, und einen, der sich mit den krausen Moby-Dick™-Themen vereinbaren lässt. — Aus Goldts Laudatio:

Andrew Hammel, andrewhammel.comHammel ist Texaner und, soweit ich es verstanden habe, seit einigen Jahren als Jurist an der Uni Düsseldorf tätig, Interessenschwerpunkt: Todesstrafe. Damit hier nichts mißverstanden wird: Er setzt sich gegen die Todesstrafe ein. Verblüffend ist es, daß er trotz Berufstätigkeit und eines regen Reiselebens Muße findet, ein so regelmäßiges und ausführliches öffentliches Diarium zu schreiben, und das auch noch in bestens gebauten Sätzen ohne modische Sprachsalopperien und sogar fast ohne Tippfehler. Offenbar gehört er zu den beneidenswerten Autoren, die druckreif denken können und nicht nach jedem Satz erst einmal zehn Minuten rauchend und zweifelnd in der Wohnung auf und ab gehen müssen. Auf Privates und redundanten Meinungsausfluß über Sport und Popmusik […] ist er liebenswürdig genug, ganz zu verzichten, statt dessen gibt es allerlei Gewitztes über Politik, Kultur, Wissenschaft und das, was man in der inzwischen stark abgenutzten Kategorie “Alltag” zusammenfaßt, sowie dienliche Rubriken wie “German Word of the Month”.

German Joys ist demnach eine Art USA Erklärt umgekehrt: Im letzteren, 2007 fast grimmepreiswürdigen Falle erklärt ein Amerikaner in Deutschland auf Deutsch den Deutschen Amerika; im Falle Andrew Hammel erklärt ein Amerikaner in Deutschland auf Englisch den Amerikanern Deutschland (und raskal trippin hat auch mal was in der Richtung gemacht…).

Womöglich ist es inzwischen mit Max Goldt selbst so bestellt, wie er das Weblogwesen im Febraur 2008 beschreibt: dass es “so’n bißchen vorbei” sei, dass man dafür aber in angenehmer Weise von Hypes wie einer “Blogosphäre” verschont bleibe. Sein stiller, aber gar nicht überschätzbarer Einfluss ab Quitten für die Menschen zwischen Emden und Zittau 1989 ff. bleibt: Von Max Goldt abzuschreiben ist immer noch keine richtige Schande, das macht man nämlich sowieso dauernd.

Bilder: Rumpfkluft bei Katz & Goldt;
Andrew Hammel bei Andrew Hammel.

Written by Wolf

4. March 2008 at 12:01 am

Posted in Rabe Wolf

14 Responses

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  1. So lernt man für’s Leben. Vor kurzem bin ich auch über Katz&Goldt gestolpert und fand die T-Shirts ziemlich amüsant – ganz besonders das “Wenn eines auf der Welt kein Jazz ist…” – habe mir aber nix dabei gedacht. Und nun erfahre ich also, daß “Goldt” DER Max Goldt ist! Danke!
    Ansonsten stimme ich dem Artikel völlig zu: Max Goldt war mal spitzenklasse, aber seine neuen Bücher nehme ich bloß mit einem nostalgischen Lächeln in die Hand, um sie ins Regal (der Buchhandlung) zu stellen. Lesen mag ich sie nicht mehr…

    Jessebird

    4. March 2008 at 8:41 am

  2. Wie kommt denn dieser merkwürdige Link da unten in meinen Kommentar? ICH war das nicht!

    Jessebird

    4. March 2008 at 8:42 am

  3. Mein Bruder ist Buchhändler und erzählte mir folgende amüsante Begebenheit: Ein älterer Herr fragte ihn, ob er denn etwas von Mark Goldt da hätte. Mein Bruder sagte nichts, dachte sich aber: Aha, Max Goldt, schon klar. “Welches suchen Sie denn?” – “Quinten für die Menschen und Enten aus Zittau”

    BillyBudd

    4. March 2008 at 5:48 pm

  4. Hätte ich Brüder, so hätten die Buchhändler werden müssen. Bei den 40% bräucht ich hier nicht dauernd auf mein Amazon-Partnerprogramm verlinken.

    Das hört man eigentlich durchweg: Max Goldt gesteht seinen eigenen Texten für sein Lesetingeltangel eine Halbwertszeit von etwa einem halben Jahr zu, was eigentlich schon generös kurz ist für einen, für den die monatliche Doppelseite Kleindruck in der Titanic bares Geld bedeutet – dass aber das Gesamtwerk derart verblassen kann, hätt ich nicht gedacht, als ich gar nichts anderes mehr als das Quittenbuch bis zu ungefähr “Ä” verschenkt hab…

    Öh… Merkwürdiger Link?

    Wolf

    4. March 2008 at 11:07 pm

  5. Sehr gut, dass Du das hier mal ansprichst, wo ich mich schon in letzter Zeit gefragt hatte, was Max Goldt eigentlich treibt. So ein bisschen kreative Erschlaffung – Deine phallische Interpretation des erhobenen Zeigefingers hat was, mir erscheint er aber eher als ein Zeichen der Impotenz als der Präpotenz…also ein Hilflosigkeitssymbol, das man – wie andere Penissubstitute, i.e. Auto, Geld… – nicht überbeanspruchen sollte, sonst wird’s: langweilig.
    Egal, Goldt bringt doch im Gespann mit Katz noch sehr gute Dinge hervor. Und vielleicht kommt dann, nach der Midlife-Crisis, die Altersweisheit und vielleicht mal was ganz anderes/neues…?

    German Joys hat einen festen Platz auf meiner täglichen Surfliste…

    cohu

    5. March 2008 at 9:47 am

  6. Die Texte bei “Katz&Goldt” haben schon was – vielleicht gilt für Max Goldt: je kürzer, desto besser? (Bezieht sich aber nur auf die Textlänge, bitte nicht phallisch interpretieren!) Das geht mir mit vielem so, was komisch sein soll – Loriot & Helge Schneider sind auch gut in kleinen Dosen, aber in Buch- oder Spielfilmlänge kaum zu ertragen.
    Nochmal zum “komischen Link”: vor “by Jessebird” in meinem ersten Kommentar ist ein Zeichen, soll vielleicht ein >> sein, das hat einen Rahmen und ist ein Link zur Homepage von Andrew Hammel. Und das hab ich nicht so gebaut!

    Jessebird

    5. March 2008 at 2:26 pm

  7. UND: war da nicht mal ein Bild von Andrew Hammel?

    Jessebird

    5. March 2008 at 2:28 pm

  8. Genauu, Cohu. Glaub ich auch. Und Midlife-Crisis ist überhaupt eine seeehr gute Erklärung für fast alles in dem Alter. Oder sogar schon früher. ;o) Nu tragt ihn mal nicht gleich zu Grabe, der Mann ist fünfzig… noch nicht mal ganz. Also ich werd mal weiter T-Shirts UND Bücher von ihm lesen. Gehör ich damit jetzt eigentlich zu den ‘unverwüstlichen nur_noch_treuen’? (Btw stehn meine “Quinten für die Menschen und Enten aus Zittau” in bequemer Reichweite ;o).) Und ich weiß ja nicht, ob meine heimliche Vermutung stimmt, dass – so ähnlich wie inner Blogoshäre? *g* – der Hype um ihn auch verblasste, seitdem es chic war und so mancher meinte, schon immer selber ein Max Goldt gewesen zu sein. Lauter Mäxchen Göldtchen… Was kein Plädoyer gegen das ‘Abschreiben’ von ihm sein sollte. Öhm, ich mein ja nur… :o))

    hochhaushex

    5. March 2008 at 4:27 pm

  9. Mein Kommentar war keineswegs abwertend oder als Grabrede gemeint. Impotenz, ob im Kreativen wie im Intimen, ist nichts Ehrenrühriges – genauso wenig wie Alter oder Lebenskrisen… es gehört halt zum Leben, und besonders zum Kreativen Leben, dazu, dass man sich verändert, dass man Dinge anders macht als früher, dass man neue Wege findet. Das wünsche ich auch dem Goldt. Das “Schwächeln” zwischendrin gibt’s auch beim größten Genie.
    Mit Katz&Goldt klappt das aber, wie gesagt, schon ganz gut…vielleicht, weil die Bilder auch so ein wenig den “Pointenzwang” entschärfen, den man in einem bloßen Text sonst hat.

    cohu

    5. March 2008 at 10:35 pm

  10. Genau_so hatte ich deinen Kommentar verstanden. Meine Zustimmung zu selbigem war in keinster Weise abwertend oder gar ironisch gemeint und bezog sich auf den letzten Satz… also den mit dem neuen Schub der ‘Altersweisheit’. Ich mag ihn doch eh… :o)

    hochhaushex

    5. March 2008 at 10:58 pm

  11. Sehr gut :-)

    cohu

    6. March 2008 at 9:38 am

  12. What does “lies bucher nicht t-shirts!” mean in english?

    CH

    12. July 2008 at 4:51 pm

  13. http://translate.google.de/translate?u=http%3A%2F%2Fismaels.wordpress.com%2F2008%2F03%2F04%2Flies-bucher-nicht-t-shirts&hl=de&ie=UTF8&sl=de&tl=en

    … however “Rumpfkluft” is not a “fuselage gap”, but “body garment”.

    Recommended German-English-German disctionary:

    http://dict.leo.org

    Wolf

    12. July 2008 at 9:56 pm

  14. kuck(t)mal:dunkirk whale fishery.da bläst er….

    peter loyd grosse

    17. December 2009 at 10:53 am


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