Nennt mich Arion
Elke gratuliert Gospodin Puschkin nachträglich zum 210. in Gestalt eines Updates
zu Die Welt spricht Moby (und Moby spricht russisch)
und Und siehe! Zart wie Mondstrahlgluten, weiß wie der Schnee auf Bergesgrat:
Als Nachkomme eines äthiopischen Beuteprinzen in dritter Generation, welcher als des Großen Peters Mohr in die Geschichte einging, setzte er offenbar höchste Priorität in die Frage der Ehre. Diese wurde ihm am Ende zum Verhängnis, denn er starb jung, mit nur 37 Jahren, in einem Duell mit dem französischen Gospodin und Offizier Georges-Charles de Heeckeren d’Anthès – was ein Jammer für die Poesie der Russen und die ganze Weltliteratur ist.
Alexander Sergejewitsch Puschkin machte die russische Muttersprache, vor allem die des Volkes, gegenüber der “Sprache des Feindes” hof- und literaturfähig. Wurde doch bis zu Napoleons Einmarsch in Moskau 1812 in der russischen Oberschicht nur französisch gesprochen. Er war Goethes Zeitgenosse und seinen Namen, seinen Eugen Onegin oder sein Märchen vom Zaren Saltan kennen sogar Leute, die mit der russischen Literatur kaum was am Hut haben.
Seine Russalka-Variationen sind als Beitrag zur Mermaid-Szene auf Moby-Dick™ hier seinerzeit schon verewigt worden. Und auch sonst macht er sich gar nicht so schlecht unter uns Waljägern. Denn als Sankt Petersburger Küstensohn und – von dort verbannt – zeitweiliger Schwarzmeerreisender war er mit allen maritimen Wassern gewaschen und neben allem andern auch ein großer Poet des Meeres.
Arion
Wir waren viele auf dem Kahn;
Die einen hingen in den Wanten,
Es stemmten unter Deck die andern
Die Ruder. Unser Steuermann
Stand weise schweigend auf der Brücke
Und steuerte das Frachtschiff still;
Und ich – von Glauben tief erfüllt –
Sang sorglos Lieder … Als voll Tücke
Uns eine Sturmbö überfiel …
Steuermann und Schiffer kamen um! –
Nur mich, den Sänger, hat’s im Sturm
Geheimnisvoll zurück zum Strand verschlagen, …
Ich sing die alten Lieder weiter
Und trockne meine nassen Kleider
Im Sonnenlicht, wo Felsen ragen.(1827)
Wenn mal Zeit ist, raffe ich mich auch noch irgendwann zu einer Übersetzung resp. Nachdichtung seiner romantisch flammenden Ode „An das Meer“ (К море) von 1824 auf.
Er ist einer von denen, die für immer jung bleiben. Auch wenn er gerade am 6. Juni 210 geworden ist. С Днём рожденя, Александр Пушкин.
Bei seinen Erben (ja, auch die Sparte der neuzeitlichen Gitarrenlyrik darf sich getrost zu denen zählen) klingen Schiffsuntergänge so:
Auch dazu notieren wir uns den guten Vorsatz einer gelegentlich nachzuliefernden Übersetzung.
Bild: Ilja Repin (Puschkinfigur) und Iwan Aiwasowski (Landschaftshintergrund):
Прощание А.С. Пушкина с морем (Puschkins Abschied vom Meer), 1877.
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